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Astronomie

Galaxie als Sternendieb

Fünf Prozent der Sterne in der Großen Magellanschen Wolke sind fremden Ursprungs

Die Große Magellansche Wolke, in verschiedenen Infrarotwellenlängen aufgenommen, überlagert mit Informationen zur Bewegungsrichtung individueller Sterne (rot: vom Beobachter weg; blau: zum Beobachter hin). © Karl Gordon and Margaret Meixner (Space Telescope Science Institute / AURA / NASA). K. Olsen (NOAO / AURA / NSF)

Unsere Nachbargalaxie ist ein Sternendieb: Astronomen haben herausgefunden, dass Hunderte von Sternen in der Großen Magellanschen Wolke ursprünglich aus der benachbarten Kleinen Magellanschen Wolke stammen. Entdeckt wurde dies, weil die „gestohlenen“ Sterne in andere Richtungen kreisen als der Rest der Galaxie.

„Es ist nicht immer leicht festzustellen, ob Sterne in einer Galaxie in ihr selbst entstanden sind oder anderswo und erst nachträglich eingefangen wurden. Weil die Große Magellansche Wolke uns so nahe ist, konnten wir aber eine große Anzahl individueller Sterne beobachten“, sagt Knut Olsen vom National Optical Astronomy Observatory (NOAO) in Tucson, Arizona. In ihrer Studie hatten die Astronomen das Licht von 5.900 Riesen- und Überriesensternen in der gut 160.000 Lichtjahre entfernten Nachbargalaxie analysiert. Ob sich ein Stern auf die Erde zu oder von ihr weg bewegt, lässt sich an den Wellenlängen des ankommenden Sternenlichts erkennen. Bei fünf Prozent der Sternenpopulation der Großen Magellanschen Wolke entdeckten die Astronomen Abweichungen im Bewegungsmuster.

Die chemische Zusammensetzung der Abweichler brachte sie auf die Spur ihrer möglichen Herkunft: Sie ähnelt der der Sterne im nächsten Nachbarn, der Kleinen Magellanschen Wolke. Dieser Sternendiebstahl werfe ein neues Licht darauf, wie Galaxien interagieren und sich im Laufe der Zeit verändern, sagen die Forscher, die ihre Erkenntnisse demnächst im Fachmagazin „The Astrophysical Journal“ veröffentlichen.

Nachbarn der Milchstraße

Die beiden unregelmäßig geformten Zwerggalaxien Große und Kleine Magellansche Wolke liegen nur rund 30.000 Lichtjahre voneinander entfernt. Sie sind über einen Strom von Wasserstoffgas miteinander verbunden. Von der Südhalbkugel der Erde aus sind beide Galaxien sogar mit bloßem Auge am Nachthimmel sichtbar.

Für seine Studie maß das Astronomenteam um Olsen die Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit von insgesamt 5.900 Sternen in der Großen Magellanschen Wolke. Dafür nutzten sie das Blanco Telescope am Cerro Tololo Inter-American Observatory in Chile. Das Spektrometer dieses Vier-Meter-Teleskops ermöglicht die Betrachtung vieler Sternenspektren gleichzeitig.

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Die fünf Prozent gegenläufig oder auf einer stark geneigten Bahn kreisenden Sterne unterzogen die Astronomen weiteren Beobachtungen. Es zeigte sich, dass sich auch ihre chemische Zusammensetzung vom Rest der Sternenpopulation unterschied. Sie enthielten weniger schwere Elemente wie Eisen und Kalzium. Dieser Mangel wiederum entspricht dem typischen Profil der Sterne in der benachbarten Kleinen Magellanschen Wolke.

Magellanscher Strom als Brücke für „Sternendiebstahl“

Zusätzlich zu den Beobachtungen mit erdbasierten Teleskopen nutzten die Forscher auch Infrarot-Daten des Spitzer-Weltraumteleskops der NASA. Sie ermöglichten eine Art „Volkszählung“ der gesamten Sternenpopulation. Zugleich aber enthüllten sie Details zur 30 Doradus-Region, einem Gebiet, in dem der Gasstrom von der Kleinen Magellanschen Wolke in die Große einmündet. Über diesen Strom könnten auch die „gestohlenen“ Sterne in die Große Magellanschen Wolke gelangt sein, vermuten die Forscher. (The Astrophysical Journal, 2011)

(NOAO / The Astrophysical Journal / dapd, 21.07.2011 – NPO)

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