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Astronomie

Exotisches Trio aus Weißen Zwergen und Pulsar entdeckt

Dreifachsystem könnte helfen, Einsteins Relativitätstheorie zu testen

Der Pulsar wird von zwei Weißen Zwergen umkreist © Bill Saxton, NRAO/ AUI/ NSF

Astronomen haben einen echten Exoten entdeckt: Ein Dreifach-Sternsystem aus zwei Weißen Zwergen und einem extrem schnell rotierenden Pulsar. Normalerweise sind stellare Dreier-Kombinationen extrem instabil, doch die Forscher haben mit Hilfe eines Modells herausgefunden, warum dieses ungewöhnliche System selbst eine Supernova heil überstand. Die Entdeckung könnte erklären, wie die rätselhaften Millisekunden-Pulsare gebildet werden und sogar helfen, Einsteins Relativitätstheorie zu testen.

Pulsare sind extrem dichte, schnell rotierende Neutronensterne, die aus der Supernova-Explosion massereicher Sterne entstehen können. Astronomen kennen heute rund 200 sogenannter Millisekundenpulsare, die nur zwischen 1,4 und 10 Millisekunden für eine komplette Umdrehung benötigen. Man vermutet, dass sie ihre besonders schnelle Eigendrehung bekamen, weil sie als Teil eines Doppelsternsystems quasi zusätzlichen Anschub von ihrem Begleitstern erhielten – unter anderem indem sie von ihm Masse abziehen.

Tatsächlich haben Astronomen in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Pulsaren mit besonderen Eigenschaften in Doppelsternsystemen entdeckt. Einige davon könnte ursprünglich sogar in einem Dreifachsystem entstanden sein, so die bislang unbewiesene Vermutung. Den Beleg dafür liefert nun eine neue Entdeckung im Sternbild Stier: Dort stießen Scott Ransom vom amerikanischen National Radio Astronomy Observatory (NRAO) und seine Kollegen erstmals auf ein Dreifachsystem aus zwei Weißen Zwergen und einem Millisekundenpulsar. Es liegt 4.000 Lichtjahre von der Erde entfernt in der Hauptebene der Milchstraße.

Stabil trotz turbulenter Geschichte

„Das ist ein wirklich erstaunliches System mit gleich drei degenerierten Sternen in der Endphase ihrer Entwicklung. Es hat drei Phasen von Massenübertragung und eine Supernova-Explosion überlebt und ist dabei dynamisch stabil geblieben“, sagt Thomas Tauris vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Gemeinsam mit Kollegen hat er ein Modell entwickelt, das erklärt, wie es zu dieser erstaunlichen Entwicklung kam. Denn Dreifachsternsysteme werden im Rahmen ihrer Entwicklung oft dynamisch unstabil, wobei eine der Komponenten aus dem System herausgeschleudert wird.

Das exostische Dreifachsystem könnte helfen, Einsteins Relativitätstheorie zu testen. Dieses bemerkenswerte System hat zudem drei Phasen von Massenübertragung zwischen den Partnern und dazu eine Supernova-Explosion überlebt. © Thomas Tauris

Die Astronomen fanden aber heraus, dass es eine Variante gibt, bei der das System stabil bleibt. Demnach wurden auch die beide Weißen Zwerge tatsächlich innerhalb des Dreifachsystems PSR J0337+1715 gebildet. Allerdings gab es eine Phase, bei der beide Vorläufersterne der Weißen Zwerge durch Reibungskräfte in die Hülle des massereichen Sterns gezogen wurden, wie die Forscher erklären. „Dadurch wurden ihre Bahnradien deutlich verkleinert, und sie wurden durch die nachfolgende Explosion nicht aus ihrer Bahn geschleudert“, so Tauris‘ Kollege Ed van den Heuvel.

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Test für Einsteins Theorie

Die neuen Erkenntnisse über die Wechselwirkungen von Sternen in solchen Mehrfachsystemen könnten helfen, die Bildung von Millisekundenpulsaren zu erklären. Das exotische System kann aber auch dazu beitragen, Einsteins Theorie der Allgemeinen Relativität genauer zu überprüfen. Denn nach dem sogenannten starken Äquivalenzprinzip ist der Effekt der Gravitation auf einen Körper unabhängig von dessen Natur oder innerer Struktur. Das heißt, die Schwerkraftwirkung des äußeren Weißen Zwergs müsste für den zweiten Weißen Zwerg und den Pulsar identisch sein. Trifft das Einsteinsche Prinzip unter diesen Extrembedingungen nicht zu, muss es kleine Unterschiede in der Schwerkraftwirkung geben.

„Indem wir die Intervalle der Radiopulse des Pulsars extrem genau vermessen, können wir testen, ob es eine solche Abweichung vom starken Äquivalenzprinzip gibt“, erklärt Ingrid Stairs von der University of British Columbia. Diese Tests wären mehrere Größenordnungen genauer als alles bisher Mögliche. „Dieses Dreifachsystem liefert uns ein kosmisches Labor besser als alles jemals zuvor gefundene“, ergänzt Ransom. (Nature, 2014, doi: 10.1038/nature12917; Astrophysical Journal Letters)

(Max-Planck-Institut für Radioastronomie / University of British Columbia, 07.01.2014 – NPO)

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