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Astronomie

Exotischer Weißer Zwerg gibt Rätsel auf

Sauerstoff-Atmosphäre des Sternenrelikts lässt sich durch bestehende Modelle nicht erklären

Weiße Zwerge entstehen aus massearmen Sternen, die ihren Fusionsbrennstoff verbraucht haben. © NASA

Verblüffender Sonderling: Astronomen haben erstmals einen Weißen Zwerg entdeckt, dessen Atmosphäre fast komplett aus Sauerstoff besteht. Das ist überraschend, weil die starke Schwerkraft dieser Sternenrelikte normalerweise alle schweren Elemente nach innen zieht und nur Wasserstoff und Helium außen übrigbleiben. Doch der neuentdeckte Weiße Zwerg widerspricht diesem Schema, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Wenn unsere Sonne einst stirbt, könnte sie als Weißer Zwerg enden. Sie entstehen, wenn ein eher massearmer Stern am Ende seinen Kernbrennstoff verbraucht hat und seine äußeren Hüllen abschleudert. Übrig bleibt ein extrem dichter Himmelskörper, in dem die Masse der Sonne zur Größe der Erde komprimiert ist. Die starke Schwerkraft führt zu einer Schichtung der Elemente im Inneren des Weißen Zwergs: Leichtes Wasserstoff und Helium bilden die Atmosphäre, schwerer Kohlenstoff und Sauerstoff wandern in den Kern – jedenfalls meistens.

Entdeckung im Datenwust

Eine Ausnahme von dieser Regel haben nun Souza Kepler von der Universidade Federal do Rio Grande do Sul in Brasilien und seine Kollegen entdeckt: einen Weißen Zwerg, der weder Wasserstoff noch Helium, dafür aber reichlich Sauerstoff in seinen Außenhülle enthält. Für ihre Studie hatten die Astronomen die Spektraldaten des Sloan Digital Sky Survey (SDSS) nach bisher unbekannten Weißen Zwergen durchsucht.

Dabei stießen sie auf SDSS J124043.01+671034.68, einen Weißen Zwerg in knapp 1.200 Lichtjahren Entfernung. Er ist mit rund 0,6 Sonnenmassen durchschnittlich schwer und gehört mit einer Oberflächentemperatur von 22.000 Kelvin eher zu den heißeren seiner Art. „Bei dieser Temperatur müssten die Wasserstoff- und Helium-Linien in seinem Spektrum sehr deutlich sein“, erklären Kepler und seine Kollegen.

Fast nur Sauerstoff in der Hülle

Doch von diesen Elementen fehlte seltsamerweise jede Spur. Stattdessen zeigten sich im Spektrum dieses Weißen Zwergs überraschend viele Signaturen von Sauerstoff. „Wir haben einen Stern gefunden, bei dem Sauerstoff 25 Mal häufiger ist als jedes andere Element – er ist damit der einzige unter den rund 32.000 Weißen Zwergen im SDSS-Katalog“, berichten die Forscher. Nur Spuren von Magnesium, Neon und Silizium ließen sich nachweisen.

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„Die Tatsache, dass gar kein Wasserstoff oder Helium nachweisbar sind, ist sehr überraschend“, konstatieren die Astronomen. Zwar wurden auch früher schon Weiße Zwerge mit mehr Sauerstoff als normal im Spektrum entdeckt, bei ihnen sorgten jedoch vor dem Stern liegende Planetentrümmer und Staubwolken für eine nachträgliche Verfälschung der Spektraldaten.

Passt nicht zu den Theorien

Bei SDSS J124043.01+671034.68 gibt es für solche Störeinflüsse aber keine Anzeichen. Andererseits können die existierenden Modelle seine erstaunlich sauerstoffreiche Atmosphäre nicht erklären. Die Entdeckung dieses Weißen Zwergs deutet daher daraufhin, dass die Lehrbücher in puncto stellarer Evolution zumindest nicht vollständig sind.

„Die klassische Theorie besagt, dass ein Kern aus Sauerstoff, Neon und Magnesium nur bei Ursprungssternen von mehr als sechs Sonnenmassen auftreten“, erkläre Kepler und seine Kollegen. Der dabei entstehende Weiße Zwerg wäre aber fast doppelt so groß wie SDSS J124043.01+671034.68. Für seine Sauerstoff-Atmosphäre muss es daher eine andere Erklärung geben. Aber welche? Rein theoretisch gäbe da mehrere Möglichkeiten, wie die Astronomen erklären.

So könnte der Weiße Zwerg einen bisher nicht entdeckten Begleiter haben, der ihm seine Wasserstoff-Helium-Hülle „geraubt“ hat. Möglich wäre aber auch, dass eine Eruption brennenden Kohlenstoffs den Weißen Zwerg sehr spät noch erschütterte und seine äußere Gashülle absprengte. Die Forscher wollen nun SDSS J124043.01+671034.68 und seine Umgebung erneut untersuchen, um mehr über die Entstehung dieses Exoten zu erfahren. (Science, 2016; doi: 10.1126/science.aad6705)

(AAAS, 01.04.2016 – NPO)

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