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Astronomie

Exoplaneten: Rätsel um schwebendes Barium

Astronomen entdeckten bislang schwerstes Element in der Atmosphäre zweier Exoplaneten

heißer Jupiter
In den Gashüllen zweier heißer, nah an ihrem Stern kreisenden Gasriesen haben Astronomen das Element Barium entdeckt – zum ersten Mal bei einem Exoplaneten. © ESO/M. Kornmesser

Überraschender Fund: Astronomen haben in der Gashülle von zwei extrasolaren Gasriesen erstmals das Element Barium nachgewiesen – das schwerste je in der Atmosphäre eines Exoplaneten entdeckte Element. Wie dieses relativ schwere, dichte Metall in die obere Atmosphäre der beiden heißen Jupiter gelangt und warum es nicht sofort wieder ausfällt, ist bislang ungeklärt. Möglicherweise stecken bisher unbekannte chemische und atmosphärische Prozesse dahinter.

Heiße Jupiter sind die Extremisten unter den Exoplaneten: Diese Gasriesen umkreisen ihren Stern so eng, dass ihre Tagseite bis auf mehrere tausend Grad aufgeheizt wird. Entsprechend exotisch ist die Chemie in ihren Gashüllen: Unter diesen Bedingungen werden Metalle gasförmig und selbst stabile Moleküle zerfallen. Die Nachtseite einiger heißer Jupiter ist noch so heiß, dass es dort flüssiges Eisen regnet, Titandioxid schneit oder sich Wolken aus flüssigen Mineralen bilden.

Gleichzeitig bieten heiße Jupiter aber fast perfekte Voraussetzungen, um ihre Gashüllen zu untersuchen. Denn sie kreisen nah am Stern und ihre Gashülle ist meist stark aufgebläht. Dadurch können Astronomen das bei den Passagen der Planeten vor ihrem Stern durch ihre Atmosphäre strahlende Licht besonders gut detektieren und spektrometrisch analysieren.

Ultraheiße Gasriesen im Visier

Zwei dieser ultraheißen Gasriesen haben nun Astronomen um Tomás Azevedo Silva von der Universität Porto noch einmal genauer unter die Lupe genommen. Der rund 640 Lichtjahre entfernte heiße Jupiter WASP-76b benötigt nur 1,8 Tage für einen Umlauf um seinen Stern. Frühere Beobachtungen hatten bereits gezeigt, dass seine Tagseite bis zu 2.400 Grad heiß ist, die Nachtseite immerhin noch rund 1.500 Grad. Durch diese Temperaturunterschiede entstehen starke Winde, die verdampftes Eisen und andere Metalle wie Magnesium, Cobalt, Chrom oder Strontium auf die Nachtseite wehen, wo sie zu Tröpfchen auskondensieren.

Der rund 850 Lichtjahre entfernte Gasriese WASP-121b ist ähnlich heiß und hat eine Umlaufzeit von 30,6 Stunden. Aus Spektraldaten geht hervor, dass sich auf seiner Nachtseite ebenfalls Tröpfchen aus Metallen, aber auch aus Mineralen wie Peroswkit, Forsterit und Korund bilden. Auch diese „flüssigen Edelsteine“ bilden auf dem heißen Gasriesen Wolken und regnen nachts vom Himmel. Um nun noch mehr über diese beiden planetaren Exoten herauszufinden, haben Silva und sein Team sie mit dem hochauflösenden ESPRESSO- Spektrografen am Very Large Telescop der Europäischen Südsternwarten in Chile untersucht.

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Element Barium auf beiden Planeten

Dabei zeigte sich Überraschendes: In den oberen Atmosphären beider Exoplaneten entdeckten die Astronomen die Spektrallinien von Barium, einem Erdalkalimetall, das mit einer Atommasse von rund 137 etwa 2,5-mal schwerer ist als Eisen. „Dies ist das schwerste Element, das bisher in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachgewiesen wurde“, erklären die Forschenden. An den Spektrallinien war erkennbar, dass das Barium in den Planetengashüllen als positiv geladenes Ion vorkam.

„In gewisser Weise war das eine zufällige Entdeckung, denn wir hatten Barium weder erwartet noch danach gesucht“, sagt Silva. Das Erdalkalimetall schmilzt unter Normalbedingungen bei rund 727 Grad und verdampft bei 1.637 Grad, könnte demnach auf den beiden Gasriesen zumindest zeitweise gasförmig sein. „Die Präsenz von Barium-Ionen auf beiden Exoplaneten könnte darauf hindeuten, dass dieses schwere Element in den Atmosphären ultraheißer Jupiter häufig vorkommt“, mutmaßen Silva und sein Team.

Rätsel um den Fundort

Noch überraschender ist jedoch der Ort, an dem die Astronomen das Barium nachgewiesen haben: „Das eigentlich Rätselhafte und Paradoxe ist: Warum befindet sich ein so schweres Element in den oberen Schichten der Atmosphäre dieser Planeten?“, fragt Silva. Denn angesichts der hohen Schwerkraft der Planeten würde man erwarten, dass schwere Elemente wie Barium schnell absinken und nur in den unteren Schichten der planetaren Gashülle vorkommen.

Das wirft die Frage auf, welcher natürliche Prozess dazu führen könnte, dass dieses schwere Element bei diesen beiden Exoplaneten in so großen Höhen vorkommt. „Derzeit sind wir uns über die Mechanismen noch nicht im Klaren“, erklärt Silvas Kollege Olivier Demangeon. Nach Ansicht der Astronomen könnte es aber durchaus sein, dass es in den Atmosphäre heißer Jupiter Prozesse gibt, die von anderen Planeten unbekannt sind. (Astronomy and Astrophysics, 2022; doi: 10.1051/0004-6361/202244489)

Quelle: European Southern Observatory (ESO)

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