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Astronomie

Blick ins dunkle Herz von Centaurus A

Event-Horizon-Teleskop zeigt Radiojet des Schwarzen Lochs in zuvor unerreichter Auflösung

Centaurus A
Die Galaxie Centaurus A und die vom Event-Horizon-Teleskop erstellte Aufnahme der Teilchenjets an ihrem zentralen Schwarzen Loch. © Radboud University, ESO/WFI; MPIfR/ESO/APEX, A. Weiss et al., NASA/CXC/CfA/R. Kraft et al., EHT/M. Janssen et al.

Jets im Blick: Die Galaxie Centaurus A ist wegen ihres „lauten“ Schwarzen Lochs berühmt. Jetzt haben Astronomen dieses Objekt und die von ihm ausgehenden Strahlungs- und Teilchenströme erstmals mit dem Event-Horizon-Teleskop beobachtet – 16-fach genauer als je zuvor. Die Aufnahmen der gekoppelten Radioteleskope enthüllen unter anderem, dass die Jets von Centaurus A an den Rändern auffällig heller sind. Das stellt einige theoretische Modelle in Frage, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Das Event-Horizon-Teleskop (EHT) ist das zurzeit schärfste „Auge“ der Radioastronomie. In diesem Teleskopverbund sind Radioteleskope in der ganzen Welt mittels Interferometrie so verknüpft, dass eine virtuelle Antennenschüssel vom Durchmesser der Erde entsteht. Dank dieser Technik konnten Astronomen im Jahr 2019 das erste Foto eines Schwarzen Lochs präsentieren. Weitere Aufnahmen enthüllten Magnetfelder am Schwarzen Loch M87*, und dass der Lichtring am Ereignishorizont leicht wackelt.

Auch die von diesem Schwarzen Loch ausgehenden Ströme von schnellen Teilchen und Strahlung haben die Astronomen mithilfe des EHT und weiterer Teleskope eingefangen. Solche Jets rasen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit ins All hinaus und transportieren Energie und Materie über riesige Entfernungen. Doch wie und wo die Jets entstehen und woher ihre enormen Energien stammen, ist unklar.

„Lautestes“ Schwarzes Loch im Visier

Jetzt liefert das Event-Horizon-Teleskop auch dazu wichtige Daten. Denn nach M87 hat es nun die Radiojets einer weiteren aktiven Galaxie ins Visier genommen – Centaurus A. Der aktive Galaxienkern dieser rund 13 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie wurde schon im 1949 identifiziert. „Centaurus A ist die erdnächste laute Radioquelle“, erklären Michael Janssen vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und seine Kollegen.

Von früheren Beobachtungen her weiß man, dass das Schwarze Loch im Zentrum von Centaurus A etwa 55 Millionen Sonnenmassen wiegt. „Damit liegt es in Bezug auf Masse und Akkretionsrate zwischen dem supermassereichen Schwarzen Loch M87* mit sechseinhalb Milliarden Sonnenmassen und dem in unserem galaktischen Zentrum mit rund vier Millionen Sonnenmassen“, erklären die Astronomen. Bekannt war zudem, dass Centaurus A* wie M87* einen Jet produziert.

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Aufnahme zeigt Radiojet genauer als je zuvor

Für ihre Studie haben Janssen und sein Team im April 2017 das Herz von Centaurus A über mehrere Stunden hinweg mit den gekoppelten Teleskopen des EHT im Bereich um 1,3 Millimeter Wellenlänge beobachtet. Besonders wichtig waren dafür Antennen auf der Südhalbkugel der Erde, weil diese einen freien Blick auf Centaurus A haben. Dazu gehörten unter anderem der Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) und das Atacama Pathfinder Experiment (APEX) in Chile, das James Clerk Maxwell Telescope auf Hawaii und das South Pole Telescope in der Antarktis.

Jet von Cen A
Der Jet von Centaurus A in der zuvor besten Aufnahme des TANAMI-VLBI-Array (links), die 16-fach höher aufgelöste Aufnahme des EHT (Mitte) und zum Vergleich die EHT-Aufnahme des Radiojets von M87*. © Nature Astronomy

Das Resultat dieser konzertierten Aktion sind die bisher präzisesten Radioaufnahmen des Jets von Centaurus A. Sie zeigen ihn mit zehnfach höherer Frequenz und einer nominellen Auflösung von 25 Mikrobogensekunden – 16-fach höher als bei früheren Aufnahmen. „Dies erlaubt es uns zum ersten Mal, einen extragalaktischen Radiojet auf Skalen zu untersuchen, die kleiner sind als ein Lichttag. Wir sehen hautnah, wie ein ungeheuer gewaltiger Jet ausgehend von einem supermassereichen Schwarzen Loch geboren wird“, sagt Janssen.

Hellere Ränder grenzen Theorien ein

Die Bilder zeigen deutlich den helleren, schräg nach Nordosten auf uns zulaufenden Radiojet, sowie seinen schwächeren, nach Südwesten gerichtete Gegenjet. Die Struktur und Merkmale dieser Teilchenströme stimmen relativ gut mit den größeren Jets von M87* überein. „Mit unserer Beobachtung demonstrieren wir somit, dass die fundamentalen Beziehungen von Aktivität und Jets für Schwarze Löcher beider Größenordnungen gültig sind“, berichten die Astronomen.

Besonders interessant ist ein Merkmal, dass die EHT-Aufnahmen bei den Jets beider Schwarzen Löcher gezeigt haben: Die Teilchenströme sind an den Rändern heller als im Zentrum. Dieses Phänomen wurde schon bei anderen Jets beobachtet, aber noch nie in diesem Detail abgebildet. „Jetzt können wir alle theoretischen Jet-Modelle ausschließen, die diese Randaufhellung nicht reproduzieren können“, sagt Koautor Matthias Kadler von der Universität Würzburg. „Es ist ein auffälliges Beobachtungsmerkmal, das uns helfen wird, solche Jets besser zu verstehen.“

Könnten wir auch den Schatten von Centaurus A* sehen?

Die Aufnahmen des EHT geben auch einen ersten Hinweis auf die genaue Lage und Größe des Schwarzen Lochs von Centaurus A. Demnach ist der Schatten des Schwarzen Lochs rund 1,4 Mikrobogensekunden groß. Der Ursprung der knapp außerhalb seines Ereignishorizonts abgehenden Jets liegt demnach in einer Region, die von uns aus gesehen nur so groß ist wie ein Apfel auf dem Mond.

Um ein Foto auch dieses Schwarzen Lochs zu erstellen, reicht allerdings selbst die Auflösung des Event-Horizon-Teleskops nicht aus. Weil Centaurus A* deutlich kleiner ist als M87*, müsste der Teleskopverbund dafür um ein Radioteleskop in der Erdumlaufbahn ergänzt werden. Mit einer solchen virtuellen Antenne von rund 8.000 Kilometer Durchmesser und bei einer Frequenz von mehreren Terahertz könnte man den Schatten des „lauten“ Schwarzen Lochs von Centaurus A aber sichtbar machen, wie Janssen und seine Kollegen ausgerechnet haben. (Nature Astronomy, 2021; doi: 10.1038/s41550-021-01417-w)

Quelle: Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Radboud University Nijmegen

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