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Sonnensystem

Erstes Polarlicht auf einem Kometen entdeckt

Sonnenwind-Elektronen bringen Gashülle des Kometen "Chury" zum Leuchten

Chury
Der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko hat eine Aurora, allerdings leuchtet sie im UV-Bereich und ist daher hier nicht sichtbar. © ESA/Rosetta/NAVCAM

Überraschende Entdeckung: Astronomen haben erstmals eine Aurora auf einem Kometen nachgewiesen – ein durch Sonnenwind-Elektronen verursachtes Polarlicht. Daten der ESA-Raumsonde Rosetta enthüllen, dass Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko im Ultraviolett-Bereich leuchtet. Diese Strahlung erfüllt alle Kriterien einer echten Aurora, ist aber vom Mechanismus her dennoch einzigartig, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Astronomy“ berichten.

Irdische Polarlichter entstehen, wenn die geladenen, energiereichen Teilchen des Sonnenwindes auf das Erdmagnetfeld treffen. Sie werden entlang der Magnetfeldlinien beschleunigt und dringen in den hohen Breiten in die Atmosphäre ein. Dort regen sie Gasteilchen an und bringen sie zum Leuchten. Bei einem anderen Leuchtphänomen, dem Nachthimmelsleuchten oder Airglow, sind die Urheber dagegen „hausgemacht“: Die anregenden Elektronen werden vom UV-Licht der Sonne aus den Gasatomen der Atmosphäre herausgeschlagen.

Schon länger weiß man, dass auch andere Planeten wie Mars, Jupiter oder Saturn und sogar die Jupitermonde Ganymed und Europa Polarlichter besitzen. Bei Kometen gab es zwar Messdaten, die auf ein diffuses Leuchten im UV-Bereich hindeuteten. Diese Strahlung sprach man aber bisher nur einem Airglow-Effekt zu.

Diffuses UV-Leuchten am Kometen

Das hat sich nun geändert. Denn Daten der ESA-Raumsonde Rosetta belegen erstmals, dass es auch auf Kometen echte Auroren gibt. Wie Marina Galand vom Imperial College London und ihre Team berichten, hatte die Sonde in der Koma des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, kurz Chury, die charakteristische UV-Strahlung angeregter Wasserstoff- und Sauerstoffatome detektiert – ein Hinweis darauf, dass der Wasserdampf in der Gashülle des Kometen energetisch angeregt wird.

Aber wovon? „Anfangs dachten wir, dass diese UV-Emissionen des Kometen auf einen Airglow zurückgehen – die Interaktion von solaren Photonen mit dem Kometengas“, erklärt Koautor Jim Burch vom Southwest Research Institute. Ob das tatsächlich der Fall ist, haben die Forscher jetzt mithilfe der Messdaten des gesamten Instrumentenensembles der Raumsonde überprüft. „Dies ermöglichte es uns, eindeutig zu identifizieren, wie die ultravioletten Emissionen von Chury gebildet werden“, sagt Galand.

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Es ist eine echte Aurora!

Das überraschende Ergebnis: Das UV-Leuchten des Kometen Chury wird nicht von lokal erzeugten Elektronen verursacht – es ist demnach kein Airglow. Stattdessen regen schnelle Elektronen aus dem Sonnenwind die Gasatome in der Kometenkoma zum Leuchten an. „Da dieser Prozess sehr energiereich ist, ist auch das daraus resultierende Leuchten energiereich und daher im ultravioletten Bereich, der für das menschliche Auge unsichtbar ist“, erklärt Koautor Martin Rubin von der Universität Bern.

Damit erfüllt das diffuse Leuchten des Kometen Chury die Kriterien einer Aurora – und beweist, dass Polarlichter auch bei solchen Himmelskörpern möglich sind. „Rosetta ist die erste Mission die eine Aurora im UV-Bereich bei einem Kometen beobachtet hat“, kommentiert Matt Taylor von der Europäischen Weltagentur ESA. „Auroren sind grundsätzlich schon spannend, wenn man aber so etwas zum ersten Mal beobachten und die Details studieren kann, ist es noch viel aufregender.“

Einzigartiges Leuchten

Durch Kombination der Daten von verschiedenen Instrumente der Raumsonde konnten die Wissenschaftler auch Näheres zum Mechanismus der Kometen-Aurora ermitteln. Demnach werden die Elektronen des Sonnenwinds erst im Umfeld des Kometen beschleunigt. Triebkraft dafür sind elektrische Felder, die durch die Interaktion des geladenen Kometenplasmas mit dem Sonnenwind entstehen.

„Das dabei entstehende Leuchten ist einzigartig», sagt Galand. „Es wird durch einen Mix von Prozessen verursacht, welche auf der Erde, dem Mars aber auch bei den Jupitermonden beobachtet werden.“ Weil die elektrischen Felder um Komet Chury nicht durch Magnetfelder in feste Bahnen geleitet werden, bleibt die Kometen-Aurora diffus. Auf der Erde bündelt das Magnetfeld dagegen die Polarlichter in einem bestimmten Bereich der hohen Breiten – dem sogenannten Polarlichtoval. (Nature Astronomy, 2020; doi: 10.1038/s41550-020-1171-7)

Quelle: Universität Bern, Southwest Research Institute

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