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Astronomie

Erste Sterne explodierten anders

Astronomen finden Indizien für zehnfach stärkere und stark asymmetrische Supernovae

Supernova-Jets
Zwei weit hinausschießende Fontänen statt einer symmetrischen Explosionswolke: Die Supernovae der allerersten Sterne im Kosmos verliefen offenbar anders als bisher angenommen (Simulation). © Melanie Gonick

Fontäne statt Explosionswolke: Die allerersten Sterne im Universum explodierten offenbar auf ungewöhnliche Weise. Denn ihre Supernovae waren zehnfach heftiger als bisher gedacht und noch dazu stark asymmetrisch. Ihre ultraschnelle Material-Fontäne reichte dadurch sogar bis in noch sternenlose Nachbargalaxien – und löste dort die erste Sternbildung aus, wie Forscher im „Astrophysical Journal“ berichten.

Die ersten Sterne unseres Universums erstrahlten erst einige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall. Sie beendeten nicht nur das „dunkle Zeitalter“, sondern schufen auch die ersten schwereren Elemente. Als dann diese Population-III-Sterne in Supernovae explodierten, verteilten sie diese Elemente im Kosmos und reicherten auch benachbarte Sternenwiegen mit dem Material an.

Krebsnebel
So sieht eine klassisch symmetrische Supernova aus, hier am Beispiel des Krebsnebels. © NASA/CXC, J.Hester & A.Loll (ASU), NASA/JPL-Caltech/ R.Gehrz (Univ. Minn.)

Doch wie diese allerersten Supernovae des Kosmos abliefen und wie stark sie waren, können Astronomen nur schätzen. Denn wegen ihrer Kurzlebigkeit sind die ersten Sterne längst alle erloschen und auch sichtbare Relikte ihrer Explosionen fehlen.

Ein Stern der zweiten Generation

Jetzt jedoch haben Astronomen um Rana Ezzeddine vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) einen neuen – und überraschenden – Einblick in das Ende dieser ersten Sternenpopulation gewonnen. Vermittler dieser Information war nicht das Licht dieser ersten Sterne selbst, aber einer ihrer unmittelbaren Nachfolger: der rund 5.000 Lichtjahr uns entfernte Stern HE 1327-2326.

„Dieser Stern enthält außer Wasserstoff und Helium nur winzige Anteile schwererer Elemente“, erklärt Ezzeddines Kollegin Anna Frebel. So ist der Eisenanteil von HE 1327-2326 beispielsweise rund 400.0000 Mal geringer als bei der Sonne. Das spricht dafür, dass auch seine Sternenwiege ähnlich metallarm war. „Deshalb wissen wir, dass sich dieser Stern einst als Teil der zweiten Generation von Sternen gebildet haben muss“, so die Forscherin.

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Überraschender Zink-Überschuss

Der Clou dabei: Die Elementzusammensetzung dieses Nachfolgersterns kann einiges über die Population-III-Sterne und deren explosives Ende verraten. Deshalb haben die Astronomen nun HE 1327-2326 mit dem Cosmic Origins Spektroskop des Hubble-Weltraumteleskops ins Visier genommen. Dieses Instrument erfasst drei UV-Wellenlängenbereiche und die darin verborgenen Spektrallinien von Elementen im Sternenlicht.

Als die Astronomen die ersten Daten auswerten, entdeckten sie Überraschendes: Eine auffallende Linie im Lichtspektrum verriet, dass dieser Stern in Relation zum Eisen ungewöhnlich große Mengen Zink enthielt. „Ich erinnere mich, wie wir die ersten Daten bekamen und diese Zinklinie herausstach“, schildert Ezzeddine. „Weil wir das nicht glauben konnten, haben wir die Analysen mehrfach wiederholt.“ Doch diese für metallarm Sterne eher ungewöhnliche Zink-Signatur blieb.

„Normale“ Supernova scheidet aus

Wo aber kommt dieses Zink her? Um das herauszufinden, führten die Forscher Simulationen durch, in denen sie 10.000 verschiedene Varianten primordialer Supernovae und deren Auswirkungen auf die Zusammensetzung der nachfolgenden Sterne nachbildeten. Das Ergebnis: Eine eher schwache, klassisch symmetrische Sternexplosion, wie sie bisher für die ersten Sterne angenommen wurde, kann die Zinksignatur von HE 1327-2326 nicht erzeugen.

„Damit können wir schwache, quasi-sphärische Supernovae als Quelle der Metalle in HE 1327-2326 statistisch ausschließen“, konstatieren Ezzeddine und ihr Team. Frebel ergänzt: „Wenn ein Stern so explodiert, wird ein Teil seines Materials vom entstehenden Schwarzen Loch eingesogen.“ Es bleibt dadurch schlicht nicht genug Zink übrig, um den Überschuss bei einem nahen Nachfolgestern zu erklären.

Ultraschnelle Fontäne

Stattdessen muss die Supernova, die HE 1327-2326 seine Elemente lieferte, deutlich stärker und asymmetrischer abgelaufen sein. „Wir haben festgestellt, dass diese erste Supernova fünf bis zehnmal energiereicher gewesen sein muss als bisher gedacht“, sagt Ezzeddine. Zudem muss diese Explosion einen Großteil ihres Materials in einer Fontäne ausgeschleudert haben. Die Sternentrümmer rasten dabei mit Geschwindigkeiten von bis zu 40.000 Kilometer pro Sekunde ins All hinaus.

„Das ist erste Beobachtungsbeleg dafür, dass es im frühen Universum solche asymmetrischen Supernovae gab“, sagt Ezzeddine. Das verändert unsere Vorstellung davon, wie die ersten Sterne explodierten.“ Diese asymmetrischen Explosions-Fontänen führten wahrscheinlich dazu, dass sich die schweren Elemente aus den Sternentrümmern ungleichmäßig im interstellaren Gas verteilten – und sogar bis in benachbarte primordiale Galaxien katapultiert wurden.

Auslöser für Sternbildung in Nachbargalaxien

„Wenn man dann erst einmal einige schwerere Elemente zusätzlich zum Wasserstoff und Helium hat, dann können neue Sterne dort viel leichter entstehen, vor allem kleinere“, erklärt Frebel. Nach Ansicht der Astronomen könnten die starken Jets dieser allerersten Supernovae damit auch die Sternbildung in benachbarten Galaxien angestoßen haben. „Sterne wie HE 1327-2326 wären dann in diesen von außen angereicherten Systemen entstanden“, so die Forscher.

Ein solches Szenario wirft ein ganz neues Licht auf die Ära der frühen Sternbildung – und auch auf die Art und Weise, wie sich die ersten schweren Elemente im Kosmos verteilten. „Die alte Idee von eher schwachen Supernovae der ersten Sterne hat womöglich bald ausgedient“, sagt Ezzeddine. (Astrophysical Journal, 2019; doi: 10.3847/1538-4357/ab14e7)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology

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