Anzeige
Raumfahrt

Erste Raumsonde im Merkur-Orbit

NASA-Sonde Messenger umkreist seit Freitag den innersten Planeten

Raumsonde Messenger in der Merkur- Umlaufbahn (Illustration). © NASA

Zum ersten Mal in der Geschichte kreist eine Raumsonde in der Umlaufbahn des Merkur: Das Raumfahrzeug „Messenger“ der NASA schwenkte in der Nacht zum 18. März 2011 erfolgreich in den Orbit ein. Sie soll nun den gehemnisvollsten und extremsten innersten Planeten des Sonnensystem erstmals genauer erkunden. Wegen der hohen Geschwindigkeit des Merkur auf seiner Bahn um die Sonne musste die Sonde drei Mal an Markur und Venus Schwung holen, bis das Manöver gewagt werden konnte.

Der Merkur ist nach Venus und Mars einer der nächsten Nachbarn der Erde – und doch einer der unzugänglichsten. Bis heute ist es noch keiner Raumsonde gelungen, in eine Umlaufbahn um den innersten Planeten des Sonnensystem einzuschwenken. Der Grund dafür: Der Merkur ist der Sonne so nahe, dass Raumfahrzeuge und Objekte besonders schnell fliegen müssen, um nicht von ihrer immensen Schwerkraft angezogen zu werden. Dies gilt auch für den Merkur selbst: Er kreist auf seinem Orbit mit einer Geschwindigkeit von fast 171.000 Kilometern pro Stunde.

Enorme Beschleunigung nur durch mehrfaches Schwungholen

Da die Erde ihre Bahn mit vergleichsweise gemächlichen 108.000 Kilometern pro Stunde zieht, muss eine von ihr aus startende Raumsonde stark beschleunigen, um den Merkur einholen zu können und um der Anziehungskraft der Sonne zu widerstehen. Das Einschwenken in den Orbit um den Merkur ist ein noch komplizierteres Manöver. „Die große Schwerkraft der Sonne macht es dem Raumfahrzeug schwer, sich vom kleinen Schwerefeld des Merkur einfangen zu lassen. Außerdem muss die Sonde extreme Temperaturunterschiede und eine sehr hohe Strahlenbelastung aushalten“, erklärt Tilman Spohn vom DLR-Institut für Planetenforschung.

Bisher waren solche Beschleunigungen und Manöver mit den heutigen Triebwerken nicht möglich. Für die Messenger-Sonde der NASA arbeiteten die Raumfahrtingenieure daher mit einem Trick: „Messenger muss eine enorme Geschwindigkeit gewinnen um den Merkur zu erreichen“, erklärt Jim McAdams, leitender Ingenieur der NASA-Mission. „Aber Chen-wan Yen, ein Ingenieur vom Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, hat eine schlaue Flugbahnn entwickelt, die die Schwerkraft von Venus und Merkus zur Beschleunigung nutzt.“ In drei Vorbeiflügen lieferte die Messenger-Sonde in den letzten Jahren bereits erste Nahaufnahmen der Planetenoberfläche und sammelte gleichzeitig Schwung für den entscheidenden Schritt, das Eintreten in den Orbit.

Erste Raumsonde in der Umlaufbahn

An der Nacht zum Freitag, dem 18. März, 01.10 Uhr mitteleuropäischer Zeit ist dieses Kusntstück nun gelungen. Die Messgner-Sonde meldete das Abschalten der Steuerdüsen und das erfolgreiche Einschwenken in die Merkur-Umlaufbahn. Bereits wenige Minutnen säter, gegen 01:45 Uhr lieferte die Sonde die ersten Daten. „Den Merkurorbit zu erreichen ist bei weitem der größte Meilenstein seit Messenger vor mehr als sechseinhalb Jahren gestartet worden ist“, erklärt Peter Bedini, Projektmitarbeitet am Applied Physics Laboratory (APL).

Anzeige

„Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es nun ein wissenschaftliches Observatorium im Orbit des innesten Planeten unseres Sonnensystems“, ergänzt Sean Solomon von der Carnegie Institution in Washington. „Merkurs Geheimnisse und die Implikationen, die sie für die Bildung und Entwicklung von erdähnlichen Planeten besitzen sind jetzt kurz davor, endlich enthüllt zu werden.“

Die Daten für dieses Farbmosaik wurden während des ersten Vorbeiflugs im Januar 2008 von der Messenger-Sonde aufgezeichnet. Die hinzugefügten Farben zeigen die unterschiedlichen Gesteine auf der Oberfläche des Merkur. © NASA/ Johns Hopkins University/ Carnegie Institution

Extremer und rätselhafter Planet

Denn noch immer birgt der Merkur zahlreiche Geheimnisse: Das Innere des Planeten besteht aus einem Eisenkern, der lediglich von einer dünnen Gesteinskruste und einem vergleichsweise dünnen Mantel umhüllt wird. Der kleinste der erdähnlichen Planeten hat somit eine außergewöhnlich hohe Dichte – wie Merkur seine leichten Bestandteile verlieren konnte, ist bisher nicht bekannt. Auch das Magnetfeld, das den Planeten umgibt, stellt die Wissenschaftler vor Fragen. Dass sich am Boden der Kratermulden an den Polen gefrorenes Eis befindet, ist bisher nur eine unbestätigte Vermutung der Forscher. „Der Merkur ist ein sehr extremer, sehr ungewöhnlicher Planet“, so DLR-Forscher Spohn. „Er funktioniert innen wie die Erde und scheint die Eigenschaften eines jungen, dynamischen Planeten zu haben, außen sieht er wie der nahezu inaktive, alte Mond aus – das ist ein Widerspruch, den wir gerne auflösen möchten.“

Kartierung von Gesteinen und Topografie

Sieben Instrumente und ein Radiowellen-Experiment sollen den Forschern Antworten auf ihre Fragen geben und den Planeten mit einem Netz aus verschiedensten Messungen überziehen. Mit Hilfe des Spektrometers für ultraviolettes, sichtbares und infrarotes Licht (MASCS, Mercury Atmospheric and Surface Composition Spectrometer) will DLR-Planetenforscher Jörn Helbert Aufschluss über die Gesteinszusammensetzung des Merkur erhalten. „Seit der ersten Minute im Orbit sendet das Spektrometer Daten“, sagt Helbert. „Wir beginnen jetzt direkt mit der Auswertung dieser Messungen“. Um die aufgezeichneten Spektrometer-Daten möglichst schnell verarbeiten zu können, entwickelten die DLR-Wissenschaftler eine neue Software für die Mission zum Merkur.

Zudem wird die Stereo-Kamera MDIS (Mercury Dual Imaging System) nahezu die gesamte Oberfläche des Merkur dreidimensional abbilden. Die ersten Bilder werden allerdings noch ein wenig auf sich warten lassen: „Erst einmal muss die Optik vor der heißen Umgebung geschützt werden, bis die flüchtigen Elemente, die sich während des jahrelangen Anflugs auf der Raumsonde angesammelt haben, verdampft sind“, erklärt Professor Jürgen Oberst vom DLR-Institut für Planetenforschung, ebenfalls Mitglied im Messenger-Team. In der Kombination mit einem Laser-Höhen-Altimeter wird die Kamera dann Form und Größe des Merkur präzise vermessen. Große Areale konnten bereits bei drei Vorbeiflügen der Sonde aufgezeichnet werden, die Aufnahmen aus der Umlaufbahn werden die letzten noch verbliebenen Flecken auf der Merkur-Landkarte abdecken.

Magnetfeld- und Gravitationsmessungen

Die Daten weiterer Instrumente sollen den anderen Geheimnissen des Merkur auf die Spur kommen: Das Röntgenstrahlenspektrometer XRS (X-Ray Spectrometer) sowie das Gammastrahlen- und Neutronenspektrometer GRNS (Gamma-Ray and Neutron Spectrometer) bestimmen mit hoher Genauigkeit die mineralogische Zusammensetzung der Oberfläche. Zudem trägt Messenger ein Magnetometer (MAG) an Bord. Dieses vermisst das noch in vielen Details unbekannte Magnetfeld des Merkur. Das Energetic Particle and Plasma Spectrometer (EPPS) detektiert geladene Teilchen in der Magnetosphäre und Exosphäre. Schließlich wird im Rahmen des Radio-Wellen Experiments (RS) die Lage und Geschwindigkeit der Sonde anhand des Funkverkehrs zwischen Erde und Merkurorbit hochpräzise vermessen. Aus diesen Daten werden die Wissenschaftler das Gravitationsfeld Merkurs genauer bestimmen.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 21.03.2011 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Venus - Kaprizen einer Diva

News des Tages

Feldhase

Genom des "Osterhasen" entschlüsselt

Erstes Bild der Magnetfelder ums Schwarze Loch

Ägypten: Wandbilder aus der Totenstadt

Wie das Klima den antarktischen Zirkumpolarstrom beeinflusst

Bücher zum Thema

Das Sonnensystem - Planeten und ihre Entstehung von Bernd Lang

Space Odyssey - Mission zu den Planeten

Von Apollo zur ISS - Eine Geschichte der Raumfahrt von Jesco von Puttkamer

Die Planeten - von David McNab und James Younger

Top-Clicks der Woche