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Astronomie

Elektronenwirbel in der Strudelgalaxie

Hochauflösende Aufnahme im Radiobereich zeigt Magnetfelder an

LOFAR-Radiokarte der Strudelgalaxie M51 und ihrer Umgebung bei einer Frequenz von 115 bis 175 MHz (rechts) und Überlagerung mit optischem Bild (links unten). © David Mulcahy et al., Astronomy & Astrophysics

Enormer Fortschritt der Radioastronomie: Die bisher genaueste Aufnahme der spektakulären Strudelgalaxie ist nun Astronomen mit dem LOFAR-Radioteleskop gelungen. Bis in die Außenbereiche der Galaxie sind damit Magnetfelder und schnelle kosmische Elektronen nachweisbar – und diese wiederum bieten Antworten auf zahlreiche astronomische Fragen.

Die Strudelgalaxie entspricht geradezu perfekt dem Bild einer Spiralgalaxie: Von der Erde aus fällt der Blick fast genau auf die Ebene der Galaxie, deren Spiralarme sich bereits mit einem Amateur-Teleskop beobachten lassen. Die Sternenansammlung mit dem systematischen Namen Messier 51 (M51) liegt etwa 30 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild Jagdhunde, in der Nähe des Großen Wagens.

Wie bei vielen kosmischen Objekten erscheinen die herausragenden Eigenschaften von M51 jedoch nicht im sichtbaren Licht der Sterne, sondern erst bei anderen Wellenlängen. Besonders im Radiobereich verbergen sich viele Bestandteile von Galaxien, die von optischen Teleskopen nicht erfasst werden können, darunter Magnetfelder und bis fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigte Elektronenströme.

Spezialisiert auf niedrige Radiofrequenzen

Welche Rolle gerade diese Bestandteile für die Stabilität und die Entwicklung von Galaxien spielen, gerät zunehmend in den Fokus der Astronomen. Viele Jahrzehnte lang war es jedoch unmöglich, Radiostrahlung bei Frequenzen unterhalb von 300 Megahertz auszuwerten. Die Ionosphäre der Erde schwächt diese niederfrequenten Radiowellen zu stark ab – unterhalb von zehn Megahertz gelangt sogar gar nichts mehr davon bis auf die Erdoberfläche.

Die Strudelgalaxie Messier 51, aufgenommen vom Hubble-Weltraumteleskop im sichtbaren Licht, im Januar 2005. © NASA

Das „Low Frequency Array“ (LOFAR) Radioteleskop ist jedoch spezialisiert auf Radiofrequenzen unterhalb von 240 Megahertz. Damit gelang Forschern um David Mulcahy vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIFR) in Bonn eine spektakuläre Aufnahme der Strudelgalaxie M51, auf der im Radiobereich die Magnetfelder sichtbar werden – deutlicher als je zuvor.

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Elektronen und Magnetfelder

„Radiowellen bei niedriger Frequenz sind deshalb so wichtig, weil sie Informationen über Elektronen bei relativ niedrigen Energien enthalten“, erläutert Mulcahy. Diese Elektronen können in wesentlich größere Abstände von ihren Ursprungsorten innerhalb der Spiralarme erreichen – bis zu 40.000 Lichtjahre vom Zentrum der Galaxie. „Wir möchten gern wissen, ob Magnetfelder von den Galaxien abgestoßen werden und wie stark sie in den äußeren Bereichen der Galaxien noch sind“, so der Astronom. Diese Magnetfelder am Rand der Galaxie werden von den Elektronen regelrecht ausgeleuchtet.

Die benötigten Elektronen sind Partikel der kosmischen Strahlung, die in den Stoßwellen gigantischer Supernova-Explosionen entstehen. Ursprung der Magnetfelder wiederum sind Dynamo-Prozesse, die von der Bewegung des Gases in der Galaxie angetrieben werden. Treffen die Elektronen auf ein Magnetfeld, bewegen sie sich auf spiralförmigen Bahnen um die Feldlinien und strahlen dabei Radiowellen ab. Je stärker das Magnetfeld und je schneller die Elektronen, desto intensiver ist die Radiostrahlung.

„Dieses tolle Bild von M51 in Verbindung mit den daraus gewonnenen neuen Erkenntnissen zeigt den enormen Fortschritt, der bei niedrigen Radiofrequenzen mit dem LOFAR-Teleskop erreicht werden kann“, ergänzt Koautorin Anna Scaife von der University of Southampton Die Enthüllung der Geheimnisse von Magnetfeldern sei entscheidend für das Verständnis dafür, wie unser Universum funktioniert. „Viel zu lange konnten die großen Fragen zu den Magnetfeldern einfach nicht durch Beobachtungen überprüft werden. Diese neue Epoche der Radioastronomie ist sehr aufregend.“

LOFAR-Stationen in Europa © ASTRON, Niederlande

Ein weiteres Fenster zum Universum

LOFAR ist ein Radioteleskop völlig neuen Typs: Es besteht aus einer Vielzahl von kleinen Antennen einfacher Bauart ohne jegliche bewegliche Teile, verteilt über 38 Mess-Stationen in den Niederlanden, sechs Stationen in Deutschland und jeweils einer in Großbritannien, Frankreich und Schweden. Das neuartige Prinzip besteht aus der Online-Verbindung von Signalen aus allen Stationen in einem leistungsstarken Computercluster in der niederländischen Universität Groningen. Dieser ist in der Lage, die Störungen der Ionosphäre zu korrigieren.

Mit LOFAR haben die Astronomen die Strudelgalaxie auch bei Radiofrequenzen von 30 bis 80 MHz vermessen. „Das eröffnet uns ein weiteres neues Fenster zum Universum, und wir wissen noch nicht, wie die Galaxien in diesem Frequenzbereich aussehen“, schließt Rainer Beck vom MPIFR. „Vielleicht können wir sogar eine magnetische Verbindung der Galaxien zum intergalaktischen Raum erfassen. Das wäre ein Schlüsselexperiment zur Vorbereitung des geplanten „Square Kilometre Arrays“, das uns zeigen könnte, wo und wie kosmische Magnetfelder erzeugt werden.“

(Astronomy & Astrophysics, 2014; doi: 10.1051/0004-6361/201424187)

(Max-Planck-Institut für Radioastronomie, 21.08.2014 – AKR)

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