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Sonnensystem

Das Sonnensystem hat eine zweite Ebene

Bahnen von langperiodischen Kometen enthüllen eine gegen die erste geneigte Ekliptik

Ekliptik
Neben der Bahnebene der Planeten (gelb) existiert noch eine zweite "leere" Ekliptik (blau), in der viele langperiodische Kometen kreisen. © NAOJ

Verborgene Ekliptik: Unser Sonnensystem hat offenbar mehr als nur eine Bahnebene – allerdings ist die zweite weitgehend unsichtbar, wie Astronomen herausgefunden haben. Demnach existiert neben der Ebene der Planeten eine „leere Ekliptik“, in der einige langperiodische Kometen kreisen. Sie ist deutlich gegen die normale Ekliptik geneigt und durch die Störeffekte der galaktischen Gezeiten entstanden.

Die Planeten und Monde unseres Sonnensystems bewegen sich alle auf einer gemeinsamen Ebene – sie kreisen etwa auf Höhe des Sonnenäquators um unseren Stern. Diese Ausrichtung geht auf die Entstehung dieser Himmelskörper in der Urwolke zurück – einer flachen rotierenden Scheibe aus Gas und Staub. Am äußeren Rand unseres Sonnensystems gibt es allerdings Abweichungen: Die Bahnen einiger Kleinplaneten und langperiodischer Kometen in der Oortschen Wolke weichen von diesem Schema ab

Als mögliche Ursachen für die Diskrepanzen werden die nahe Passage von Sternen, aber auch eine früher existierende „Zwillingsschwester“ der Sonne diskutiert. Trotz dieser Störeinflüsse müssten die fernsten Punkte der Kometenbahnen, die Aphelien, noch immer etwa auf Höhe der Ekliptik liegen – das ist jedoch nicht der Fall.

Welche Rolle spielen die galaktischen Gezeitenkräfte?

Auf der Suche nach einer Erklärung hat Arika Higuchi vom Nationalen Astronomischen Observatorium Japans sich einen weiteren potenziellen Störfaktor näher angeschaut: den Schwerkrafteinfluss der Milchstraße. Er übt auf unser Sonnensystem eine subtile, je nach unserer Position leicht variierende Kraft aus. „Für die Entwicklung der Himmelskörper in der Oortschen Wolke ist diese galaktische Gezeitenkraft der dominierende Einfluss“, sagt Higuchi.

Die Forscherin hat deshalb mithilfe aufwändiger Computersimulationen analysiert, wie stark diese galaktischen Gezeiten die Bahnen der Objekte in der Oortschen Wolke seit Entstehung des Sonnensystems beeinflusst haben. Ihre Ergebnisse glich sie dann mit den Bahnbeobachtungen langperiodischer Kometen ab, die in der Datenbank des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA gesammelt sind.

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Es gibt eine zweite, „leere“ Ekliptik

Das Ergebnis: Wie erwartet lenken die Gezeitenkräfte der Milchstraße im Laufe langer Zeiträume die Bahnen der Kometen ab. Dies geschieht jedoch weit weniger chaotisch und zufällig gestreut als bislang angenommen. Stattdessen zeigt die Simulation, dass die Aphelien der langperiodischen Kometen sich auf zwei Ebenen konzentrieren: der Ekliptik des Sonnensystems und einer zweiten, dagegen gekippten Ebene.

„Wir bezeichnen diese zweite Ebene als ‚leere Ekliptik‘, weil sie ursprünglich nicht besetzt war“, sagt Higuchi. Denn erst durch den fortlaufenden Einfluss der galaktischen Gezeitenkräfte wurden einige Kometen in diese leere Ekliptik hinein abgelenkt. Wie die Bahnebene des Sonnensystems ist auch die leere Ekliptik um 60 Grad gegenüber der Ebene der Milchstraßenscheibe gekippt – nur in die entgegengesetzte Richtung.

Zwei scharfe Peaks in der Kometenverteilung

Der Abgleich mit knapp 600 Objekten aus der Kometen-Datenbank bestätigte dieses Ergebnis der Berechnungen und Simulation: Die Verteilung ihrer Aphelien zeigte zwei Gipfel – einen nahe der Ekliptik des Sonnensystems und einen zweiten nahe der leeren Ekliptik. „Diese scharfen Peaks sind nicht exakt auf der Ekliptik oder der zweiten Ebene, aber sehr nahe dran“, sagt Higuchi. Eine Analyse der Bahnen von noch mehr langperiodischen Kometen soll klären, ob dieser leichte Versatz bestehen bleibt oder nicht.

Interessant auch: Die Verteilung der Kometen auf die beiden symmetrischen Bahnebenen erlaubt auch Rückschlüsse auf ihren Entstehungsort. „Die Konzentration der langperiodischen Kometen aus der Oortschen Wolke in der Ekliptik und der leeren Ekliptik ist ein Beleg dafür, dass sie einst alle Planetesimale in der Hauptebene des Sonnensystems kreisten“, sagt die Astronomin. Erst im Laufe der Zeit führten Störeinflüsse dazu, dass diese Objekte auf geneigte und oft auch stark exzentrische Bahnen abgelenkt wurden. (Astronomical Journal, 2020; doi: 10.3847/1538-3881/aba94d)

Quelle: National Astronomical Observatory of Japan

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