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Astronomie

Astronomischer Jackpot mit Quasar-Quartett

Extrem unwahrscheinlicher Fund wirft Fragen über Entstehung von Quasaren auf

Quasar-Quartett im Jackpot-Nebel: Die vier Quasare bilden eine Linie von links unten nach rechts oben. Der Nebel mit einer Ausdehnung von rund einer Million Lichtjahren erscheint als bläuliches, durchscheinendes Gebilde. Das Falschfarbenbild basiert auf Beobachtungen mit dem Keck-Teleskop auf dem Mauna Kea in Hawaii. © Arrigoni-Battaia & Hennawi / MPIA

Eine Entdeckung wie ein Hauptgewinn: Astronomen haben vier Quasare in enger Nachbarschaft zueinander entdeckt. Für den Zufallsfund einer solchen Gruppe galt bislang eine Wahrscheinlichkeit von eins zu zehn Millionen – für die Forscher ein Grund, die gängigen Theorien zur Entstehung von Quasaren zu hinterfragen. Wie es zu dem Quasar-Quartett im „Jackpot-Nebel“ kommen konnte, erklären sie im Fachmagazin „Science“.

Quasare gehören zu den hellsten Objekten im Universum – aber auch zu den seltensten. Astronomen kennen bislang etwa 500.000 solcher strahlenden Galaxienkerne. Etwa hundert davon liegen paarweise vor, Dreiergruppen sind noch viel seltener. Gleich vier Quasare dicht beieinander zu finden, grenzt an Unmöglichkeit, besonders wenn es fast auf Anhieb gelingt. Doch in genau dieser Situation befinden sich Astronomen unter der Leitung von Joseph Hennawi vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Mit dem Keck-Teleskop auf Hawaii entdeckten die Wissenschaftler das erste bekannte Quasar-Quartett.

einfach nur gewaltiges Glück?

Das grelle Licht eines Quasars entsteht durch den Einfall von Gas und anderer Materie in das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum einer Galaxie. Ein solcher Galaxienkern sendet mehr als hundert Mal mehr Licht aus als der gesamte Rest der Galaxie zusammen. In der Entwicklungsgeschichte einer Galaxie stellt dies jedoch nur eine vergleichsweise kurze Phase dar. Weil Quasare so selten sind, liegen die bekannten Exemplare weit voneinander entfernt, mit typischen Abständen von einigen hunderten Millionen von Lichtjahren.

Die Wahrscheinlichkeit, durch Zufall ein Quasar-Quartett zu finden, schätzen die Forscher auf eins zu zehn Millionen. Dies machte die Astronomen skeptisch – ist die tatsächliche Wahrscheinlichkeit für einen solchen Fund an dieser Stelle vielleicht höher? „Wenn man etwas entdeckt, das dem heutigen Wissensstand nach extrem unwahrscheinlich ist, gibt es zwei Möglichkeiten“, sagt Hennawi: „Entweder man hatte einfach nur gewaltiges Glück, oder es ist Zeit, die gängigen Theorien noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen.“

Galaxien-Gedränge im Jackpot-Nebel

Aus diesem Grund schauten die Astronomen sich die Bedingungen in der Umgebung des Quasar-Quartetts genauer an. Die Vierergruppe liegt etwa zehn Milliarden Lichtjahre entfernt in einem sogenannten Lyman-alpha-Nebel, einer gigantischen Wolke von kühlem, vergleichsweise dichtem Wasserstoffgas. Die Strahlung der Quasare regt diese ganze Wolke selbst zum Leuchten an. Hennawi und Kollegen gaben der Gaswolke nach ihrer Entdeckung den passenden Namen „Jackpot-Nebel“.

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Der Nebel enthält besonders viel Materie: „Diese Raumregion enthält mehrere hundert Mal so viele Galaxien, wie man in dieser Distanz erwarten würde“, beschreibt Koautor Xavier Prochaska von der University of California Santa Cruz. Weil die Galaxien dort so dicht gedrängt sind, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie miteinander zusammenstoßen oder sich ähnlich gegenseitig beeinflussen.

Seltene Ereignisse stellen Theorien auf den Kopf

Das könnte auch die Entstehung von Quasaren begünstigen: Zahlreiche theoretische Modelle sagen vorher, dass Quasar-Aktivität ausgelöst werden sollte, wenn Galaxien zusammenstoßen und miteinander verschmelzen. Die dabei auftretenden gewaltigen Wechselwirkungen könnten höchst effektiv Gas in das zentrale Schwarze Loch umlenken. Und das nötige Gas ist im Jackpot-Nebel ebenfalls reichlich vorhanden: Es ist etwa tausend Mal dichter, als es gängige Modelle für das frühe Universum berechnen.

„Extrem seltene Ereignisse haben die Macht, langgediente Theorien auf den Kopf zu stellen“, sagt Hennawi. In diesem Sinne könnte auch die Entdeckung des ersten Quasar-Quartetts die Kosmologen dazu zwingen, das heutige Bild von der Entstehung von Quasaren und der massereichsten Strukturen im Universum zu überdenken. (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aaa5397)

(Max-Planck-Institut für Astronomie, 15.05.2015 – AKR)

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