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Astronomie

Astronomen finden Zwilling der frühen Milchstraße

Ferne Galaxie schluckt Kugelsternhaufen und Zwerggalaxien bei ihrem Wachstum

frühe Milchstraße
So könnte die Milchstraße vor mehr als neun Milliarden Jahren ausgesehen haben. Eine ganz ähnliche, frühe Galaxie haben Astronomen nun in einer Aufnahme des James-Webb-Teleskops entdeckt. © James Josephides/ Swinburne University,CC-by 4.0

Blick zurück: Astronomen haben eine ferne Galaxie entdeckt, die unserer Milchstraße in ihrer frühen Jugend stark ähnelt. Die noch massearme Sternansammlung ist gerade dabei, zahlreiche Kugelsternhaufen und Zwerggalaxien in sich aufzunehmen – ähnlich wie auch unsere eigene Galaxie in ihrer Anfangszeit. Die „Sparkler“ getaufte Galaxie hat erst rund drei Prozent der Milchstraßenmasse, liegt aber so weit entfernt, dass ihr Licht neun Milliarden Jahre zu uns brauchte. Sie könnte seither zu einem Zwilling der Milchstraße herangewachsen sein.

Unsere Milchstraße hat eine lange und bewegte Geschichte hinter sich. Schon vor rund 13 Milliarden Jahren entstanden die ersten Sterne der damals noch kleinen, eher formlosen Sternansammlung. Die junge Galaxie wuchs dann schnell heran bis sie nur rund 800 Millionen Jahre später bereits eine erste Sternenscheibe und kurz darauf auch ihren Halo ausbildete, die ausgedehnte Hülle aus Gas, Kugelsternhaufen und Dunkler Materie. Im weiteren Verlauf durchlebte die junge Milchstraße dann mehrere Kollisionen, die ihr ihre heutige Form und noch mehr Masse verliehen.

„Sparkler“ – eine frühe Version unserer Heimatgalaxie

Wie unsere Galaxie in ihrer frühen Jugend ausgesehen haben könnte, zeigt nun ein ferner Zwilling der frühen Milchstraße, die „Sparkler“-Galaxie. Aufgespürt hat sie die Nahinfrarotkamera NIRCam des James-Webb-Teleskops. Eine Vordergrundgalaxie hatte sich in der Aufnahme teilweise vor sie geschoben und wirkte so als Gravitationslinse. Dadurch wurden Details der Sparkler-Galaxie sichtbar, obwohl ihr Licht mehr als neun Milliarden Jahre zu uns unterwegs war.

Wir sehen die Sparkler-Galaxie dadurch so, wie sie rund vier Milliarden Jahre nach dem Urknall aussah. Die Astronomen Duncan Forbes von der australischen Swinburne University und Aaron Romanowsky von der San Jose State University in den USA haben nun diese junge Galaxie näher untersucht. Schon in den ersten Aufnahmen war sichtbar, dass die Galaxie von mindestens zwölf hellen Lichtpunkten umgeben ist – sie gaben ihr den Namen „Sparkler“.

Verschmelzung im Gang

Wie die Analysen enthüllen, hat die Sparkler-Galaxie eine stellare Masse von rund einer Milliarde Sonnenmassen – sie hat damit erst rund drei Prozent der Masse unserer heutigen Milchstraße. In Form und Größe ähnelt die ferne Galaxie aber bereits unserer Heimatgalaxie in ihrer frühen Jugendzeit. „Wenn Sparkler weiter in so hohem Tempo gewachsen ist, dann könnte sie im heutigen Universum der Milchstraße sehr ähnlich sein“, erklären Astronomen.

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Ähnlich wie die frühe Milchstraße wächst auch die Sparkler-Galaxie durch die Aufnahme kleinerer Satellitengalaxien und deren Sternmaterial. Mit einer dieser Galaxien scheint die Verschmelzung gerade im Gange zu sein, wie die Astronomen berichten. „Wir sehen hier aus erster Hand, wie diese Galaxie ihre Masse aufbaut, indem sie eine Zwerggalaxie und mehrere Kugelsternhaufen aufnimmt“, sagt Forbes.

Erster Blick auf frühe Kugelsternhaufen

Die hellen Lichtpunkte in der Umgebung der Sparkler-Galaxie sind Kugelsternhaufen, die wahrscheinlich ursprünglich zu einer oder mehreren verschlungenen Satellitengalaxien gehörten. Auch die Milchstraße ist von rund 200 teils sehr alten, jeweils aus rund einer Million Sternen bestehenden Kugelsternhaufen umgeben. Ähnlich wie ihr jetzt entdecktes frühes Pendant könnte auch sie diese Sternhaufen bei einigen ihrer frühen Verschmelzungen „geerbt“ haben. Denn einige solcher Kugelsternhaufen entstanden wahrscheinlich schon vor rund 13 Milliarden Jahren, wie die Astronomen erklären.

„Der Ursprung von Kugelsternhaufen ist ein seit langem bestehendes Rätsel“, sagt Romanowsky. „Entsprechend begeistert sind wir, dass das James-Webb-Teleskop so weit zurück in die Zeit schauen kann, um ihre Frühzeit zu enthüllen.“ Die Lichtspektren der Sparkler-Kugelsternhaufen zeigen, dass die Sterne in diesen Haufen teilweise schon relativ metallreich sind. Ähnliches gilt für mehrere Sternbildungsregionen in der Galaxie. „Dies spricht für eine sehr schnelle chemische Anreicherung im frühen Universum“, erklären die Astronomen.

Fahndung nach weiteren Milchstraßen-Vorläufern läuft

Die Forscher wollen nun mithilfe des Webb-Teleskops nach weiteren Vertretern solcher Vorläufer von Milchstraßen-ähnlichen Galaxien und ihren Kugelsternhaufen suchen. „Mehr Beobachtungen der Kugelsternhaufen-Systeme von frühen und mittelalten Galaxien sind nun nötig“, schreiben sie. So könne man herausfinden, ob Sparkler ein atypisches oder typisches Exemplar eines frühen heranwachsenden Milchstraßenvorläufers sei. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2023; doi: 10.1093/mnrasl/slac162)

Quelle: Royal Astronomical Society

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