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Sonnensystem

Asteroid Ryugu kommt von weit draußen

Isotopen-Anomalien deuten auf Herkunft im äußeren Sonnensystem hin

Ryugu
Der Asteroid Ryugu hat nicht nur eine ungewöhnliche Form. Er hat auch einen anderen Ursprung als die meisten anderen Asteroiden und Meteoriten. © JAXA/ University of Tokyo and collaborators

Weitgereist: Der Asteroid Ryugu kreist heute im erdnahen All. Doch sein Ursprung liegt weit draußen im äußeren Sonnensystem, wie nun Isotopenanalysen von Proben dieses Asteroiden nahelegen. Demnach deuten Anomalien bei den Isotopen mehrerer schwerer Elemente wie Eisen, Titan und Chrom darauf hin, dass der steinige Brocken jenseits von Jupiter und Saturn entstanden sein muss – möglicherweise sogar im Bereich von Uranus und Neptun, wie Forschende in „Science Advances“ berichten.

Die meisten Asteroiden in unserem Sonnensystem kreisen im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Durch Kollisionen und Schwerkraftturbulenzen abgelenkt, folgen einige von ihnen auch erdnäheren Bahnen. Lange nahm man an, dass all diese Brocken vor Ort entstanden sind – im inneren Bereich der einstigen Urwolke. Doch in den letzten Jahren haben Astronomen im Asteroidengürtel einige Objekte entdeckt, die nicht ins Bild passen: Einige ähneln erloschenen Kometen, andere sind ungewöhnlich reich an Metallen oder Kohlenstoff.

Woher stammt Ryugu?

Umso spannender sind die Proben, die die japanische Raumsonde Hayabusa-2 im Frühjahr 2019 von der Oberfläche des Asteroiden Ryugu eingesammelt und Ende 2020 zur Erde zurückgebracht hat. Dieser auffallend rautenförmige, erdnahe Asteroid ist rund 4,5 Milliarden Jahre alt und damit ein Relikt aus der Frühzeit unseres Sonnensystems. Seine Bahn legt nahe, dass er aus dem inneren Hauptteil des Asteroidengürtels stammt. Erste chemische Analysen weckten daran jedoch Zweifel, einige Forscher vermuten in Ryugu sogar einen „enteisten“ Kometenkern.

Jetzt werfen neue Analysen der Ryugu-Proben neues Licht auf den Ursprung des rätselhaften Brockens. Ein Team um Timo Hopp von der University of Chicago hat vier Proben des Asteroiden sowie zum Vergleich Proben 13 verschiedener Meteoriten auf ihre Eisen-Isotope hin analysiert. „Das Verhältnis bestimmter Eisen-Isotope zueinander ist ein hervorragender Marker, um einige dieser Gruppen anhand ihrer Entstehungsorte voneinander zu unterscheiden“, erklärt Koautor Thorsten Kleine vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen.

Auffällige Isotopen-Anomalien

Die Analysen ergaben: Die meisten Meteoriten zeigen deutliche Überschüsse des Eisen-Isotops 54Fe. Bei den Proben des Asteroiden Ryugu jedoch lag der Anteil dieses Eisen-Isotops signifikant niedriger, ebenso wie bei drei Meteoritenproben von kohligen Chondriten des Typs Cl. Diese seltenen Steinmeteorite vom sogenannten Ivuna-Typ enthalten relativ viel Kohlenstoff und gelten als besonders ursprünglich.

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„Es besteht eine auffällige Verwandtschaft zwischen dem Asteroiden Ryugu und den vergleichsweise seltenen Meteoriten der CI-Gruppe“, sagt Hopp. Diese Meteoriten weisen neben den Isotopen-Anomalien beim Eisen auch Auffälligkeiten bei anderen schweren Elementen wie Titan, Chrom und Molybdän auf, wie die Forschenden erklären. Zudem enthalten sowohl diese Meteoriten als auch Ryugu relativ viele flüchtige Substanzen, wie parallel stattfindende Probenanalysen eines anderen Forschungsteams ergeben haben.

Ursprung im äußeren Sonnensystem

Zusammengenommen schließen Hopp und sein Team daraus, dass Ryugu nicht im inneren Sonnensystem oder im Asteroidengürtel entstanden sein kann. Stattdessen muss sein Ursprung deutlich weiter außen liegen: jenseits von Jupiter und Saturn, möglicherweise sogar im Einflussbereich von Uranus und Neptun. „Alle Untersuchungen deuten darauf hin, dass Ryugu wie die kohligen Chondrite ein Kind des äußeren Sonnensystems ist“, fasst Hopp zusammen.

Demnach entstanden diese Asteroiden vor 4,5 Milliarden Jahren zunächst am eisigen Außenrand der Urwolke. Ihre Position änderte sich erst, als die beiden großen Gasplaneten Jupiter und Saturn nach innen wanderten und Uranus und Neptun miteinander wechselwirkten und ihre Plätze tauschten. Dies sorgte für Turbulenzen, die auch die weit außen kreisenden Asteroiden nach innen in den Bereich des Asteroidengürtels brachten. (Science Advances, 2022; doi: 10.1126/sciadv.add8141)

Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung

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