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Sonnensystem

Älteste Kruste des Mars lokalisiert?

Herkunftsgebiet eines uralten Marsmeteoriten könnte 4,5 Milliarden Jahre alte Krustengesteine aufweisen

Mars
Der rote Kreis markiert in diesem geologischen Marsglobus das Ursprungsgebiet des Marsmeteoriten NWA 7034 – eine Region, in der bis zu 4,5 Milliarden Jahre alte Krustengesteine des Roten Planeten zutage treten könnten. © Lagain et al./ Nature Communications

Primordiale Kruste: In einem kleinen Krater südlich des Marsäquators könnte das älteste planetare Gestein des Sonnensystems zutage treten. Denn aus diesem Karratha-Krater stammt einer der ältesten bekannten Marsmeteoriten, wie Forschende ermittelt haben. In dem Meteoriten NWA 7034 sind Minerale enthalten, die schon 4,5 Milliarden Jahre alt sind. Die uralte Kruste an seinem jetzt identifizierten Ursprungsort könnte daher wertvolle Einblicke in die Frühzeit des Mars und der Erde liefern – es wäre eine lohnende Landestelle für künftige Marssonden.

Gesteine und Minerale aus der Frühzeit des Sonnensystems liefern wertvolle Informationen darüber, wie einst die Planeten entstanden und heranwuchsen. Doch auf der Erde hat die Plattentektonik die allersten Krustengesteine längst tief in den Erdmantel hineingezogen. An der Erdoberfläche gibt es daher keine unveränderten Relikte dieser Protokruste mehr. Anders auf dem Mars: Weil der Rote Planet keine aktive Plattentektonik hat, könnten auf ihm noch primordiale Krustenteile erhalten sein.

NWA 7034
Ein Bruchstück des Marsmeteoriten NWA 7034 (Black Beauty). © NASA

Meteorit mit knapp 4,5 Milliarden Jahre alten Mineralen

Von der Existenz solcher Uralt-Kruste auf dem Mars zeugen einige Marsmeteoriten, die in den letzten Jahren in der Sahara entdeckt wurden. Diese durch Einschläge aus der Oberfläche des Roten Planeten herauskatapultierten und zur Erde geschleuderten Brocken enthalten Minerale, die aus der Zeit der Planetenbildung stammen. Der älteste Vertreter dieser marsianischen Brocken ist der Meteorit NWA 7034, auch als „Black Beauty“ bekannt. In ihm haben Wissenschaftler Zirkone und andere Minerale nachgewiesen, die bis zu 4,48 Milliarden Jahre alt sind.

Da aber bedeutet: Dort, wo dieser Meteorit einst aus der Marsoberfläche herausgeschleudert wurde, könnten noch Teile der frühesten Marskruste erhalten sein – und damit auch einige der ältesten planetaren Gesteine des Sonnensystems. „Aber die Ursprungsregion dieses einzigartigen Meteoriten und sein geologischer Kontext sind bisher unbekannt geblieben – und damit auch das Gebiet, in dem die ältesten geologischen Relikte des Planeten zutage treten“, erklären Anthony Lagain von der Curtin University in Australien und seine Kollegen.

Fahndung nach dem Herkunftskrater

Doch nun hat das Forschungsteam herausgefunden, woher dieser Marsmeteorit stammt. Seine Zusammensetzung deutete schon zuvor darauf hin, dass der Brocken zwei Einschläge durchlebt haben muss. Der erste vor rund 1,5 Milliarden Jahren brachte das Gestein näher an die Oberfläche, ein zweiter Einschlag vor fünf Millionen Jahren schleuderte den Meteoriten dann ins All hinaus. Um nach dem Ort dieses Geschehens zu suchen, wertete das Team mithilfe eines lernfähigen Algorithmus die Daten von gut 90 Millionen Einschlagskratern auf dem Mars aus.

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Prozess
Für ihre Kraterfahndung werteten die Forschenden Daten mehrerer Marssonden aus. © Lagain et al./ Nature Communications

Anhand der Kraterüberlappungen bestimmte das System ihr ungefähres Alter. Unter den Kraterkandidaten mit dem richtigen Alter kamen jedoch nur diejenigen als Ursprungsort in Frage, deren geologische Merkmale zur Zusammensetzung von NWA 7034 passten. Der Krater musste demnach in einer alten, wenig veränderten Region liegen und Gesteine mit hohen Thorium und Kalium-Konzentrationen sowie Hinweise auf eine frühere Magnetisierung aufweisen.

Junger Krater in uraltem Hochland

Die Fahndung hatte Erfolg: „Nur ein Kraterkandidat hat Merkmale, die mit den Meteoritenmerkmalen übereinstimmen“, berichten Lagain und seine Kollegen. „Der geologische Kontext des Karratha-Kraters passt zur Chronologie, der Lithologie und den magnetischen und chemischen Signaturen der NWA 7034-Meteoritengruppe.“ Der rund zehn Kilometer große und fünf Millionen Jahre alte Karratha-Krater ist demnach wahrscheinlich der Herkunftsort des Marsmeteoriten.

Die „Heimat“ des Meteoriten liegt südlich des Marsäquators und westlich der großen Tharsis-Vulkane am nordöstlichen Rand der Terra-Cimeria-Sirenum-Hochebene (TCTS). „Diese TCTS-Provinz ist durch die höchste Krustendicke des Planeten gekennzeichnet“, berichten die Forschenden. Die hohe Restmagnetisierung und die Elementzusammensetzung dieses Hochlands sprechen ihren Angaben nach dafür, dass das Oberflächenmaterial in diesem Gebiet kaum durch jüngere Gesteine und Prozesse verändert worden ist – es muss sich daher um sehr alte Krustenteile des Mars handeln.

Karratha-Krater
Der Karratha-Krater ist in dieser Aufnahme des Mars Reconnaissance Orbiter der kleinere, innere Krater in einer älteren Einschlagssenke. © NASA/MRO

Die Zuordnung des Marsmeteoriten zu diesem Hochland bestätigt dies nun: „Die Region, die wir als den Ursprung dieses einzigartigen Marsmeteoriten identifiziert haben, gibt damit einen Einblick in die frühesten Bedingungen auf dem Mars“, erklärt das Team. „Die Erforschung des TCTS-Hochlands kann uns helfen, die Entstehung und ersten Entwicklungsstadien des Mars und aller anderen terrestrischen Planeten zu entschlüsseln.“

Lohnendes Ziel für künftige Marsmissionen

Nach Ansicht von Lagain und seinen Kollegen ist dieses Gebiet westlich der großen Marsvulkane damit auch ein vielversprechendes Ziel für künftige Marsmissionen. „Die Ränder und zentralen Erhebungen der großen und teilweise gut erhaltenen Krater dieser Region könnten besonders interessante Felsaufschlüsse aufweisen“, erklären sie. „Diese Formationen könnten die noch fehlenden geologischen Informationen zur frühen Entwicklung des Mars enthalten.“

Das Forschungsteam plant zudem, seinen Algorithmus auch zur Herkunftsbestimmung von weiteren Meteoriten einzusetzen, darunter auch Brocken vom Mond und Merkur. „Das wird dazu beitragen, ihre geologische Geschichte zu entschlüsseln, und Antworten liefern, die künftigen Weltraummissionen wie dem lunaren Artemis-Programm oder der BepiColombo-Mission zum Merkur helfen können“, sagt Lagins Kollegin Gretchen Benedix. (Nature Communications, 2022; doi: 10.1038/s41467-022-31444-8)

Quelle: Curtin University

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