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Geowissen

Zweite Bedrohung für den Nordatlantikstrom

Schwindendes Meereis schwächt Umwälzpumpe im Nordatlantik zusätzlich

Der entscheidende Motor für die Meeresströmungen im Atlantik liegt im Nordatlantik © Brisbane/CC-by-sa 3.0

Gefahr für die Pumpe: Forscher haben eine zweite Bedrohung für die „Fernheizung Europas“ ausgemacht. Der Nordatlantikstrom wird demnach nicht nur durch einströmendes Schmelzwasser geschwächt, auch das schwindende Meereis bremst ihn aus. Denn am Eisrand gibt das von Süden kommende warme Meerwasser besonders viel Wärme ab und kann absinken. Fehlt das Eis, verlangsamt sich diese Wärmeabgabe und damit auch die nordatlantische Umwälzströmung, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“.

Im Nordatlantik, kurz vor Grönland, liegt eine gewaltige Umwälzpumpe: Hier stürzt warmes Oberflächenwasser mehr als 2.000 Meter in die Tiefe und fließt dann als kalte Tiefenströmung nach Süden. Der Sog dieser Pumpe wiederum zieht warmen Wassernachschub aus tropischen Breiten in den Norden. Angetrieben wird diese sogenannte atlantische meridionale Umwälzströmung (AMOC)

von Unterschieden im Salzgehalt und in der Temperatur des Meerwassers – das aber macht sie sensibel für den Klimawandel.

Erst März 2015 stellten Forscher fest, dass der Nordatlantikstrom, der warmes Wasser auch nach Europa bringt, sich bereits abgeschwächt hat. Ein Grund dafür ist der Einstrom von Schmelzwasser in der Arktis. Weil es sich dabei um Süßwasser handelt, senkt dies den Salzgehalt des Meerwassers und verhindert, dass das warme Oberflächenwasser im Nordatlantik in die Tiefe absinken kann.

Das schwindende Meereis der Arktis verändert auch den Wärmeaustausch © Paul Gierszewski/ CC-by-sa 3.0

Eisrand als Wärmetauscher

Kent Moore von der University of Toronto und seine Kollegen haben nun jedoch einen weiteren Faktor entdeckt, der den Nordatlantikstrom empfindlich schwächen könnte: der Rückzug des Meereises. Denn damit das warme Oberflächenwasser absinken kann, muss es seine Wärme abgeben und dadurch dichter werden. „Diese Wärmeabgabe ist am Eisrand am größten, weil dort die kalte arktische Luft erstmals auf das wärmere Oberflächenwasser trifft“, erklären die Forscher.

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Doch dieser so wichtige Eisrand zieht sich immer weiter zurück. „Der Schwund des Meereises in den letzten 30 Jahren ist beispiellos und hat zur niedrigsten Meerausausdehnung in dieser Region seit 1200 geführt“, so Moore und seine Kollegen. Welche Folgen dies für die nordatlantische Umwälzpumpe hat, haben sie anhand von Daten zu Klima und winterlicher Meereis-Ausdehnung von 1958 bis 2014 und mit einem Computermodell ermittelt.

Diese Grafik zeigt die Dichte des Meerwassers - deutlich ist das dichtere (dunkel) Wasser im Nordatlantik zu erkennen. © NOAA

20 Prozent weniger Wärmeaustausch

Das Ergebnis: Durch den Rückzug des winterlichen Meereises hat sich der Wärmeaustausch zwischen Meer und Atmosphäre seit 1979 um 20 Prozent reduziert, wie die Forscher berichten. Als Folge kühlt sich das warme Meerwasser nicht mehr so stark ab und sinkt langsamer in die Tiefe. „Wir glauben, dass sich diese Abschwächung weiter fortsetzen wird und dann auch Veränderungen in der atlantischen Umwälzströmung und im Golfstrom verursachen wird“, sagt Moore.

Das aber hätte Folgen auch für uns: „Schwächt sich die Umwälzströmung ab, dann hätte dies drastische Auswirkungen auf das Klima im Nordatlantik und Westeuropa“, erklärt Moore. „Denn ein warmes Westeuropa braucht einen kalten Nordatlantik.“ Erwärmt sich der Nordatlantik durch den Eisrückzug jedoch weiter, dann könnte dies die Nordatlantikströmung noch weiter ausbremsen und damit auch den Einstrom von warmem Wasser nach Europa. Die Folge wäre eine deutliche Abkühlung des europäischen Klimas. (Nature Climate Change, 2015; doi: 10.1038/NCLIMATE2688)

(Nature/ University of Toronto, 30.06.2015 – NPO)

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