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Medizin

Zehn Pilzsporen in jedem Atemzug

Wissenschaftler finden mehr Pilzsporen in der Luft als angenommen

Die Mikroskop-Aufnahme zeigt die Oberfläche des Schimmelpilz Emericella nidulans mit kugelförmigen Sporen, die er für seine Verbreitung produziert. © BASF

In jedem Kubikmeter Luft um uns herum schweben zwischen 1.000 und 10.000 Pilzsporen. Damit ist die Vielfalt der Pilze, die Allergien auslösen, Pflanzen schädigen oder Krankheiten erregen können, größer als bisher angenommen. Identifiziert wurden die Sporen mittels einer DNA-Analyse, wie die Forscher jetzt in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichten.

Die Luft, die wir atmen, ist voll von Schwebteilchen: Feinstaub, Pollen oder winzigste Tröpfchen schweben in ihnen. Und auch Pilze sind reichlich vertreten, wie jetzt die erste systematische Studie über Pilz-Erbgut in der Luft enthüllt hat. Wissenschaftler des Max-Planck-Institut für Chemie und des Geocycles-Programms der Universität in Mainz identifizierten mittels DNA-Analyse mehrere hundert Pilzarten in der Luft.

Zehn Pilzsporen pro Atemzug

„Insgesamt kennen wir heute über 100.000 Arten von Pilzen“, erläutert Janine Fröhlich, Wissenschaftlerin in Geocycles. „Hochrechnungen gehen aber davon aus, dass es über 1,5 Millionen Arten gibt.“ Die in der Luft gefundenen Arten gehören überwiegend zu den Gruppen der Schlauch- oder der Ständerpilze, zu deren Vertretern sowohl beliebte Speisepilze wie Champignons oder Trüffel, aber auch potentielle Krankheitserreger wie Schimmel- und Rostpilze zählen.

Beide Gruppen schleudern zur Vermehrung ihre Sporen aktiv in die Luft. Und wenn sie in die Lunge von Mensch oder Tier gelangen oder in Kontakt mit Pflanzen kommen, können viele von ihnen Allergien oder Krankheiten auslösen. Immerhin: „Der Mensch atmet zwischen 10.000 und 20.000 Liter Luft täglich, jeder Atemzug enthält zwischen einer und zehn Pilzsporen. Über den Tag gerechnet nehmen wir mit dem Feinstaub sieben Nanogramm DNA auf. Das entspricht dem 10.000-fachen Informationsgehalt des menschlichen Erbguts“, berichtet Viviane Després von der Universität Mainz, die die Analysemethode entwickelte.

„Genetischer Angelhaken“ hilft bei Analyse

Gemeinsam mit Ulrich Pöschl vom Max-Planck-Institut für Chemie (MPIC) in Mainz haben die beiden Biologinnen den DNA-Gehalt der Luft in einer einmaligen Langzeitstudie untersucht. Dazu haben sie über ein Jahr lang Fein- und Grobstaub aus der Luft gefiltert und auf DNA untersucht. Ihre Methode hatten die Forscher in den letzten zwei Jahren verfeinert:

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„Um die verschiedenen Arten aus der Gen-Suppe unserer Proben herauszufischen, benutzen wir eine Art genetischen Angelhaken. Im Gegensatz zu vorhergegangenen Studien haben wir aber mehrere verschiedene Köder für unterschiedliche Pilze benutzt. So haben wir einen wesentlich größeren Anteil der vorhandenen Arten identifizieren können“, erklärt Fröhlich. „Außerdem haben wir über ein Jahr lang Proben gesammelt und analysiert – und damit wesentlich umfangreichere und aussagekräftigere Daten erhalten als vorhergehende Studien.“

Mehr Regen und Wolken durch Sporen?

„Uns interessiert die Anzahl der Pilzsporen in der Luft aus drei Gründen“, zählt Ulrich Pöschl vom Max-Planck-Institut für Chemie und Leiter der Studie auf: „Erstens können wir über den Nachweis der Sporen untersuchen, ob sich die Ökosysteme durch den Klimawandeln verändern. Zweitens spielen Pilzsporen eine große Rolle als Allergieauslöser, Pflanzenschädlinge und Krankheitserreger bei Mensch, Pflanze und Tier.“ Am meisten interessiert den Aerosolforscher jedoch die Möglichkeit, dass Pilzsporen eine Rolle bei der Bildung von Niederschlag spielen können.

„Pilzsporen und andere biologische Aerosolpartikel können als Kondensations- und Kristallisationskeime für Wassertropfen und Eiskristalle dienen und dazu beitragen, dass Wolken, Nebel und Niederschlag entstehen.“ Eine genaue Analyse der Anzahl und Eigenschaften der Pilzsporen in der Luft kann daher dabei helfen, die Abläufe im Klimasystem besser zu verstehen. „Die Wechselwirkungen sind so komplex, dass wir immer noch neue Prozesse und Faktoren finden, die wir beachten müssen“, so Pöschl über die Verbindung von Pilzen, Biosphäre und Klima.

(MPG, 14.07.2009 – NPO)

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