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Paläontologie

Zahnschmelz verrät Körpertemperatur ausgestorbener Tierarten

Isotopenverhältnis im Zahnschmelz als Thermometer für Mammut und Saurier

Thomas Tütken mit dem ca. 30.000 Jahre alten Backenzahn eines Mammuts. Anhand des Zahnschmelzes lässt sich die Körpertemperatur Tieres auf plus/minus zwei Grad genau bestimmen. © Frank Luerweg / Universität Bonn

Der Zahnschmelz in Zähnen ausgestorbener Tiere verrät, welche Körpertemperatur das Tier zu seiner Lebenszeit hatte. Schlüssel dafür ist der Gehalt an schweren Isotopen von Sauerstoff und Kohlenstoff, wie ein deutsch-amerikanisches Forscherteam jetzt herausgefunden hat. Wie sie in der Fachzeitschrift “Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichten, hatte demnach das Wollhaarmammut eine ähnliche Körpertemperatur wie die heutigen Elefanten. Möglicherweise könnten so auch belegt werden, ob die Dinosaurier warmblütig waren.

Knochen und Zähne sind meist das einzige, was von urzeitlichen Tieren erhalten bleibt. Doch die Zusammensetzung dieser harten Komponenten verrät schon einiges über Lebensweise, Speiseplan und neuerdings auch die Körpertemperatur der ausgestorbenen Lebewesen. Schlüsselfaktor dafür ist der Gehalt und das Verhältnis der Isotope in dem Material. Zahnschmelz besteht aus Kalziumphosphat, das einen kleinen Anteil der Kohlenstoff-Sauerstoff-Verbindung Karbonat enthält. Sowohl Kohlenstoff als auch Sauerstoff gibt es in leichten und schweren Varianten, den Isotopen.

Isotopenverhältnis als Thermometer

Die schweren Isotope von Sauerstoff und Kohlenstoff gehen aufgrund thermodynamischer Parameter in der Mineralstruktur bevorzugt eine Bindung miteinander ein. Das erfolgt umso öfter, je kälter es bei der Bildung des Zahnschmelzes ist. „Diesen Zusammenhang nutzen wir für unser Thermometer“, erklärt der Geochemiker Thomas Tütken von der Universität Bonn. Gemeinsam mit amerikanischen Kollegen hat er eine neue Möglichkeit entwickelt, aus der Komposition des Zahnschmelzes auf die Körpertemperatur ausgestorbener Tiere zu schließen.

„Indem wir messen, wie häufig sich die schweren Isotope im Karbonat zusammen finden, können wir die Körpertemperatur auf plus/minus zwei Grad genau bestimmen“, so Tütken. „Das Thermometer haben wir zunächst an Zähnen heute lebender Wirbeltiere mit bekannter Körpertemperatur kalibriert und dann an Zähnen ausgestorbener Wirbeltiere getestet.“ Das Tier, an dem die Forscher ihr chemisches Thermometer erprobten, war ein Wollhaarmammut, das vor gut 30.000 Jahren an den Ufern des Rheins gestorben war.

Mammut ähnlich warm wie ein Elefant

Für das in Europa vor rund 8.000 Jahren ausgestorbene Wollhaarmammut ermittelten die Wissenschaftler eine Körpertemperatur von 39,1 Grad. Für ein zweites Tier, das im Bereich der heutigen Nordsee gelebt hatte, die während der Eiszeit trocken gefallen war, ergab die Methode eine Temperatur von 36,8 Grad. Zum Vergleich: Als die Forscher ihr „Zahnthermometer“ bei einem indischen Elefanten testeten – dem engsten heute noch lebenden Verwandten des Mammuts –, blieb es bei 36,9 Grad stehen.

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Für heutige Krokodile oder Haie lieferte das Thermometer dagegen etwa zehn Grad niedrigere Körpertemperaturen. Grund: Fische und Reptilien sind wechselwarm – ähnlich, wie es lange Zeit für die Dinosaurier angenommen wurde. Allerdings mehren sich die Hinweise, dass möglicherweise zumindest einige der Urzeitechsen warmblütig waren.

Waren die Dinos warmblütig?

„Wir wollen herausfinden, ob das wirklich stimmt“, sagt Tütken. „Wir haben inzwischen erste Dinosaurierzähne untersucht und eine ähnliche Körpertemperatur wie bei heutigen Säugern gefunden. Allerdings müssen wir noch überprüfen, wie verlässlich diese Daten sind.“ Die Dinosaurier hinterließen vor mehr als 65 Millionen Jahren ihre Spuren in der Erdgeschichte. Ob der harte Schmelz so lange gegen den Zahn der Zeit resistent ist, ist noch nicht ganz klar.

(Universität Bonn, 25.05.2010 – NPO)

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