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Klima

Wolkenschleier bescherte Grönland Rekordhitze

Dünne Wolken sind mitschuld an besonders starker Eisschmelze im Sommer 2012

Verteilung von dünnen, tiefliegenden Wasserwolken (rötlich) über Grönland am 11. Juli 2012. Der schwarze Punkt zeigt die Position der Summit Station an. Ermittelt wurden die Wolkendaten mit Hilfe des MODIS-Sensors an Bord des Aqua-Satelliten der NASA. © Bennartz et al. / Nature

Im Juli 2012 schmolz das Eis Grönlands so stark wie seit 150 Jahren nicht mehr. Was diese ungewöhnliche Schmelze auslöste und ob sich dies in Zukunft häufiger wiederholen könnte, blieb aber unklar. Jetzt hat ein internationales Forscherteam festgestellt: Ein niedriger Wolkenschleier war der Schuldige. Er wirkte wie eine Wärmedecke, indem er zwar Sonnenlicht von oben durchließ, aber die Wärme am Boden festhielt. Solche Wolkenschleier seien in der Arktis sehr häufig, das könnte auch erklären, warum es so schwer sei, die arktische Klimaentwicklung durch Modelle genau vorherzusagen, meinen die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“.

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Während der letzten Jahrzehnte hat sich die Arktis kontinuierlich erwärmt – ausgelöst durch den Klimawandel und gefördert durch zahlreiche positive Rückkopplungen. Im Sommer 2012 aber erreichte die Eisschmelze auf dem grönländische Eisschild neue Rekordwerte: Eine ungewöhnlich warme Luftmasse ließ die Temperaturen selbst 500 Meter über dem Boden noch auf Werte oberhalb des Gefrierpunktes steigen. Als Folge schmolz selbst im Zentrum des Eisschilds, an der Messstation Summit Station so viel Eis wie seit 1889 nicht mehr. „Eisbohrkerne zeigen, dass solche Rekordschmelzen nur einmal alle 150 Jahre auftreten“, erklären Ralf Bennartz von der University of Wisconsin–Madison und seine Kollegen. Der Sommer 2012 habe die Fragen geweckt, wie häufig solche Ereignisse künftig zu erwarten seien und welches Ausmaß sie erreichen können.

Dünne Wolkenschleier als Auslöser

In ihrer Studie haben Bennartz und seine Kollegen sich vor allem einen potenziellen Auslöser solcher Wärmeperioden genauer angeschaut: Tiefliegende Wolken aus winzigen Wassertröpfchen. Normalerweise wirken Wolken wie eine Art Reflektor: Sie werfen einen Teil des Sonnenlichts ins All zurück und kühlen daher die unter ihnen liegenden Gebiete eher ab. Unter bestimmten Temperatur-Bedingungen aber kehrt sich dieser Effekt um und die Wolken werden zur Wärmedecke. Sie sind dann zwar dünn genug, um den größten Teil des Sonnenlichts noch hindurch zu lassen. Die vom Boden zurückgestrahlte Wärme aber kann diese Wasserwolken nicht mehr passieren und bleibt zwischen ihnen und der Erdoberfläche gefangen.

Da diese Wolken sehr tief hängen, erzeugen sie so eine wärmende Luftschicht, die ausreichte, um im Sommer 2012 selbst das Eis im Zentrum Grönlands schmelzen zu lassen, wie die Forscher berichten. Zwar spielten auch andere Faktoren eine Rolle, darunter ein Einstrom besonders warmer Luft, aber diese niedrigen Wolken seien der entscheidende Faktor gewesen, der die Temperaturen über den Gefrierpunkt brachte, erklärt Koautor Dave Turner von der US-National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA).

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„Wir wissen, dass solche dünnen tiefliegenden Wolken häufig sind“, sagt Bennartz. Über Grönland und der restlichen Arktis seien sie in 30 bis 50 Prozent der Zeit vorhanden. Das seit weitaus häufiger als nach gängiger Theorie angenommen. „Unsere Ergebnisse könnten daher einige der Schwierigkeiten erklären, die aktuelle Klimamodelle haben, wenn sie das Energiebudget der arktischen Eisoberflächen simulieren.“ Die neuen Erkenntnisse zeigten daher auch, wie wichtig es sei, die Wetterbedingungen über Grönland und anderen Teilen der Arktis kontinuierlich zu messen und zu beobachten und die Modell entsprechend anzupassen.

Für ihre Studie hatten die Forscher die Daten von Satelliten ausgewertet, die Wolken und Lufttemperaturen mittels Radar, Infrarot, Mikrowellen und LIDAR-Messungen ermitteln. Ebenfalls berücksichtigt wurden Messdaten von Wetterballons und der Summit Station. ( Nature, 2013; doi: 10.1038/nature12002)

(University of Wisconsin-Madison / Nature, 04.04.2013 – NPO)

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