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Sonnensystem

Woher kam der „Dinokiller“?

"Dunkler" Asteroid könnte aus dem äußeren Asteroidengürtel gekommen sein

Einschlag
Woher kam der Asteroid, der vor 66 Millionen Jahre die Ära der Dinosaurier beendete? © solarseven/ Getty images

Herkunft eingegrenzt: Entgegen bisheriger Annahme kam der Chicxulub-Asteroid wahrscheinlich aus dem äußeren Asteroidengürtel. Denn aus diesem Reservoir werden überproportional oft kilometergroße Brocken in Richtung Erde geschleudert, wie eine Modellsimulation enthüllt. Zudem könnte dieser Ursprung die ungewöhnliche Zusammensetzung des „Dinokillers“ erklären: Er war kohlenstoffreicher als die meisten anderen Meteoriten.

Vor 66 Millionen Jahren beendete ein gewaltiger Einschlag die Ära der Dinosaurier und löste eine weltweite Katastrophe aus. Untersuchungen des dabei entstandenen Chicxulub-Kraters auf Yucatan legen nahe, dass damals ein knapp zehn Kilometer großer Brocken die Erde mit hohem Tempo und im ungünstigsten Winkel traf. Der Impaktor muss zudem ein kohliger Chrondrit gewesen sein – ein kohlenstoffreicher Gesteinstyp, zu dem nur zwei bis drei Prozent der bekannten Meteoriten gehören. Nur zwei Einschlagskrater weltweit lassen sich bisher einem solchen Objekt zuordnen.

Rätsel um Art und Ursprung des Impaktors

Doch woher kam dieser „Dinokiller“? Und um was für einen Brocken handelte es sich? Einer Theorie nach könnte der Chicxulub-Asteroid ein Bruchstück des Baptistina-Asteroiden gewesen sein – eines ursprünglich 170 Kilometer großen kohligen Brockens, der bei einer Kollision im Asteroidengürtel zerbrach. Allerdings ergaben neue Beobachtungen im Jahr 2011, dass das Timing dafür nicht passte.

Eine weitere Theorie versucht die ungewöhnliche Zusammensetzung und Größe des Chicxulub-Asteroiden damit zu erklären, dass er gar kein Asteroid war. Stattdessen könnte es sich um das Fragment eines langperiodischen Kometen handeln, der in Sonnennähe zerbrach.

„Diese exotische Idee hat allerdings eine Reihe von Problemen, darunter die extrem geringe Wahrscheinlichkeit für terrestrische Einschläge solcher Kometenfragmente, die geringe Effizienz für die Entstehung von Bruchstücken mit zehn Kilometer Durchmesser und die sehr allgemeine Annahme, dass die geochemische Signatur eines solchen Kometen mit dem Chicxulub-Impaktor übereinstimmen könnte“, konstatieren David Nesvorny und seine Kollegen vom Southwest Research Institute in Colorado.

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Blick in den Asteroidengürtel

Was aber war es dann? Auf der Suche nach einer Antwort haben Nesvorny und sein Team noch einmal genauer untersucht, woher die bisher bekannten großen Asteroiden in Erdnähe kommen. Dafür rekonstruierten sie mithilfe eines Computermodells, welche und wie viele Objekte aus den verschiedenen Zonen des Asteroidengürtels ausschleudert und in Richtung Erde gelenkt werden. „Wir wollten wissen, wo sich die Geschwister des Chicxulub-Impaktors verbergen“, sagt Nesvorny.

Asteroidenverteilung
Verteilung von Asteroiden im Asteoidengürtel. © NASA

Im Modell setzten sie dafür 130.000 Modellasteroiden verschiedener Durchmesser eine Milliarde Jahre lang den Schwerkrafteinflüssen der Planeten und dem Strahlungsdruck der Sonne aus. Dieser kann, wenn er einen Asteroiden ungleichmäßig trifft, dessen Rotation durch den sogenannten YORP-Effekt beschleunigen oder verlangsamen. Dies beeinflusst die Flugbahn und kann im Extremfall einen Asteroiden sogar zerreißen.

Mehr kohlige Chondriten unter den großen Brocken

Die Simulationen ergaben in zweifacher Hinsicht Überraschendes. Zum einen ist der Anteil „dunkler“, kohliger Chondriten unter den potenziell gefährlichen Asteroiden höher als gedacht: Zwar bestätigte das Modell, dass die große Mehrheit der kleineren Meteoriten zu den „hellen“, nicht kohligen Chondriten gehört. Anders sieht es jedoch bei den Asteroiden von mehr als fünf Kilometern Größe aus: „Dunkle Objekte repräsentieren rund 50 Prozent der erdnahen Asteroiden und 45 Prozent der terrestrischen Impaktoren dieser Größe“, berichten Nesvorny und seine Kollegen. Entgegen früheren Annahmen sind kohlige Chondriten damit unter den großen Asteroiden in Erdnähe keine Ausnahme. Das bedeutet auch, dass der Chicxulub-Einschlag weniger außergewöhnlich war als lange angenommen.

Ursprung im äußeren Asteroidengürtel

Die zweite Überraschung: Während rund 80 Prozent der kleineren Meteoriten aus dem inneren Asteroidengürtel stammen, hat die Mehrheit der großen Asteroiden ihren Ursprung im mittleren und äußeren Teil des Gürtels. „Dies ist spannend, weil es in der äußeren Hälfte des Asteroidengürtels besonders viele kohlige Chondrite gibt, aber auch, weil wir erstmals die in Richtung Erde zielenden Flugbahnen von großen Asteroiden aus diesem Bereich reproduzieren können“, sagt Koautorin Simone Marchi.

Demnach gelangen Zehn-Kilometer-Brocken aus dem äußeren Asteroidengürtel mindestens zehnmal häufiger in Erdnähe als bislang berechnet. Diese Objekte werden vor allem durch Schwerkraft-Resonanzen mit dem Jupiter aus ihrer Bahn geworfen. „Unseren Daten nach müssten Brocken größer als zehn Kilometer daher etwa zwei bis viermal pro Milliarden Jahre auf der Erde einschlagen“, berichtet das Forschungsteam. „Das ist eine nützliche Information, um die Häufigkeit von einschlagsbedingten Massenaussterben auf der Erde zu verstehen.“

Und der Chicxulub-Asteroid?

Was aber bedeutet dies für den „Dinokiller“? Nesvorny und sein Team schließen aus ihren Simulationen, dass der Chicxulub-Asteroid höchstwahrscheinlich aus dem äußeren Asteroidengürtel stammte. „Mit 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit hatte er seinen Ursprung jenseits von 2,5 astronomischen Einheiten“, so das Team. Zudem entstammte der Impaktor vermutlich keiner der bekannten Asteroidenfamilien, sondern war ein Einzelgänger – die Wissenschaftler sprechen von „Hintergrund-Asteroiden“.

„Unsere Erklärung für die Quelle des Chicxulub-Impaktors passt sehr gut mit dem zusammen, was wir schon über die Entwicklung von Asteroiden wissen“, konstatieren die Forschenden. Ihrer Ansicht nach machen die Resultate exotische Theorien wie Kometen oder Kollisionen überflüssig und liefern eine einfachere, schlüssige Erklärung. (Icarus, 2021; doi: 10.1016/j.icarus.2021.114621)

Quelle: Southwest Research Institute

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