Anzeige
Archäologie

Wikinger: Hengste bevorzugt

Rituell getötete Pferde in isländischen Wikingergräbern waren meist männlich

Wikinger zu Pferd
Wikinger ließen sich bevorzugt von rituell getöteten Hengsten ins Jenseits begleiten. © Manuel Velasco/ iStock.com

Reittier fürs Jenseits: Wikingerkrieger nahmen oft ihre Pferde mit ins Grab – aber vorwiegend männliche, wie nun Genanalysen enthüllen. Demnach waren die in isländischen Wikingergräbern bestatteten Pferde fast ausschließlich Hengste. Nur sie wurden im Rahmen der Totenrituale geopfert und mit den Kriegern bestattet. Überreste von Stuten finden sich dagegen vornehmlich außerhalb der Gräber – sie wurden offenbar als Fleischlieferanten geschlachtet.

Wikinger waren nicht nur erfolgreiche Seefahrer, auch als Reiter machten sie durchaus eine gute Figur. Entsprechend wertgeschätzt waren Pferde im Reich der Nordmänner. Als sie im neunten Jahrhundert Island besiedelten, brachten sie sogar Pferde von den Britischen Inseln mit – die Vorfahren der heutigen Islandpferde.

Beim Totenritual mitbestattet

Es ist daher kein Wunder, dass sich Wikingerkrieger oft mitsamt ihrem Lieblingspferd bestatten ließen. Von den 2.355 bisher bekannten Wikingergräbern auf Island enthalten 148 die Überreste eines oder mehrerer Pferde. „Diese Pferde wurden speziell für die Bestattung geschlachtet und mit oder ohne Kopf mit dem Wikinger begraben“, erklären Heidi Nistelberger von der Universität Oslo und ihre Kollegen. „Bei dieser rituellen Tötung waren die Pferde gesattelt und gezäumt, was auf ihre Bedeutung als Reittiere hinweist.“

Islandpferde
Islandpferde sind die Nachfahren der Wikinger-Reittiere. © Andreas Tille / CC-by-sa 4.0

Bisher jedoch blieb unklar, ob die Wikinger bei diesen Ritualen Pferde beiderlei Geschlechts töteten und bestatteten oder ob sie ein Geschlecht vorzogen. Das Problem: Viele in Gräbern gefundene Überreste von Wikingerpferden sind nicht gut genug erhalten, um anhand der anatomischen Merkmale das Geschlecht bestimmen zu können, wie die Forscher erklären. Sie haben daher erstmals versucht, diese Frage mithilfe von DNA-Analysen zu klären.

Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler DNA-Proben von 19 Pferden aus isländischen Wikingergräbern, sowie Proben von drei Pferdeüberresten, die auf einer Wikingerfarm und in einer Höhle gefunden wurden.

Anzeige

Hengste als Symbol der Potenz und Aggression

Das Ergebnis: Von den 19 Pferden aus den Wikingergräbern waren 18 männlichen Geschlechts. Die drei abseits der Gräber gefundenen Wikingerpferde waren dagegen alles Stuten. „Das belegt, dass das Geschlechtsverhältnis bei den Pferdebegräbnissen eindeutig zugunsten der männlichen Tiere verschoben war“, so die Archäologen. Als Reittiere im Jenseits bevorzugten die Wikingerkrieger demnach offenbar Hengste.

„Möglicherweise hängt diese Vorliebe für männliche Pferde mit den typischen Eigenschaften von Hengsten zusammen“, sagen Nistelberger und ihre Kollegen. „Die den Hengsten zugeschriebene Potenz und Aggression könnte eine starke symbolische Bedeutung gehabt haben.“ Die zu Ehren ihres Besitzers getöteten Tiere waren zudem alle im besten Alter zwischen fünf und 15 Jahren. „Das spricht dafür, dass das rituelle Töten dieser Pferde bewusst und hochstrukturiert durchgeführt wurde“, so die Forscher.

Stuten als Fleischlieferanten

Deutlich weniger würdevoll sah dagegen das Ende der Stuten aus: Alle drei abseits der Wikingergräber gefundenen Pferde-Überreste waren weiblich und ohne großes Zeremoniell geschlachtet worden, wie die Analysen ergaben. Schnittspuren an den Knochen deuten zudem daraufhin, dass die Wikinger ihr Fleisch entnahmen und vermutlich verspeisten. „Die weiblichen Pferde auf Island dienten demnach auch als Nahrungslieferanten“, sagen Nistelberger und ihre Kollegen.

Die einzige Ausnahme unter den untersuchten Wikingerpferden sind die Gebeine einer Stute aus einem bereits vor mehr als 80 Jahren entdeckten Wikingergrab. „Dieses Schiffsgrab wurde schon vor der Ausgrabung gestört und alle Knochen von Menschen und drei bis vier Pferden waren entfernt worden, berichten die Forscher. Insofern lasse sich kaum mehr rekonstruieren, in welcher Form und wo im Grab diese Stute bestattet wurde. „Dieser Fund eines weiblichen Pferdes könnte aber darauf hindeuten, dass in Ausnahmefällen auch Stuten für rituelle Begräbnisse genutzt wurden“, so die Wissenschaftler. (Journal of Archaeological Science, 2018; doi: 10.1016/j.jas.2018.11.007)

Quelle: Journal of Archeological Science

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Klima und Wirtschaft

Klimawandel: So teuer wird es

Neue Fossilien vom größten Meeressaurier

Wie schmeckte der Wein der Römer?

Wie Nagetiere ihre Schneidezähne schützen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Archäologie erleben - 50 Ausflüge in die Vergangenheit von André Wais, Karoline Müller und Tina Steinhilber

Rätsel der Archäologie - Unerwartete Entdeckungen - Unerforschte Monumente von Luc Bürgin

Tod im Neandertal. Akte Ötzi. Tatort Troja - Die ungelösten Fälle der Archäologie von Dirk Husemann

Top-Clicks der Woche