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Geowissen

Weltweit tiefstes Hydrothermal-Feld entdeckt

Indizien für neuartige hydrothermale Aktivität am Japangraben in 5,7 Kilometer Tiefe

Petit-Spot-Vulkan
An sogenannten Petit-Spot-Vulkanen - kleinen, abseits von mittelozeanischen Rücken liegenden Unterseevulkanen - gibt es eine neuartige Form hydrothermaler Aktivität. © Waseda University

Geologisches Phänomen: Am Japangraben haben Forscher das tiefste bekannte Hydrothermal-Feld entdeckt. Die submarinen Geysire liegen in 5,7 Kilometer Tiefe und an einer tektonisch eher ungewöhnlichen Stelle – auf der „falschen“ Seite einer Subduktionszone. Die Lage dieses neuartigen Hydrothermal-Felds direkt an sogenannten Petit-Spot-Vulkanen legt nahe, dass es solche Tiefsee-Quellen auch anderswo geben könnte. Ob dies der Fall ist und welchen Einfluss dies auf marine Stoffkreisläufe hat, muss nun geklärt werden.

Hydrothermale Schlote sind Geysire am Meeresgrund: Aus ihnen quillt heiße, mineralreiche Flüssigkeit, die im Untergrund vom glühenden Magma unterseeischer Vulkangebiete aufgeheizt wurde. Typischerweise kommen Hydrothermal-Felder daher an den Hängen von Unterseevulkanen oder an mittelozeanischen Rücken vor. 2022 entdeckten Geoforscher jedoch auch abseits der Plattengrenzen einige besonders heiße submarine Quellen.

Lage des Vulkanfelds
Lage des Petit-Spot-Vulkanfelds auf der östlichen Seite des Japangrabens. © Azami et al./ Communications Earth & Environment, CC-by 4.0

Spurensuche an Petit-Spot-Vulkanen

Einen weiteren, neuen Typ von hydrothermalen Schloten haben nun Forscher um Keishiro Azami von der Universität Tokio vor der Küste Japans entdeckt. Dort gibt es östlich des Japangrabens einige sogenannte Petit-Spot-Vulkane in rund 5.700 Meter Tiefe. Anders als typische Unterseevulkane liegen diese kleinen submarinen Schlote nicht direkt an einer Plattengrenze oder auf der oberen Platte einer Subduktionszone, sondern abseits der eigentlichen Subduktionszone auf der unteren, abtauchenden ozeanischen Platte.

Gängiger Theorie nach entstehen solche Petit-Spot-Vulkane, weil sich die Erdplatte an diesen Stellen unter Druck verbiegt. Dadurch wird Magma im Untergrund verlagert und nach oben gedrückt. Typischerweise setzen diese kleinen Vulkanschlote eine alkalische, CO2-reiche Lava frei. Das Interessante jedoch: Petit-Spot-Vulkane produzieren Peperit, ein Konglomerat aus Lavafragmenten und zusammengebackenem Schlamm, das durch Interaktion von Magma mit Untergrund-Wasser entstanden sein muss“, erklären Azami und seine Kollegen.

Dies weckte den Verdacht, dass es an solchen Petit-Spot-Vulkanen auch eine hydrothermale Aktivität geben könnte. Um dies zu überprüfen, haben die Forscher Proben vom Meeresgrund nahe der Petit-Spot-Vulkane genommen und diese im Labor chemisch analysiert.

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Manganoxid-Minerale verraten „wässrige“ Herkunft

Das Ergebnis: Die Proben vom Meeresgrund enthielten hohe Anteile von Eisen- und Manganoxiden, wie sie für die Ablagerungen rund um hydrothermale Schlote typisch sind. Wie Azami und sein Team feststellten, lagen die Manganoxide zudem größtenteils in Form der Minerale Birnessit und Vernadit vor. Diese auch als Delta-Braunstein bezeichneten Minerale enthalten 15 bis 25 Prozent gebundenes Wasser und entstehen daher typischerweise durch Ausfällung aus mineralreichem Wasser.

Aus den Gehalten an Silikaten, bestimmten seltenen Erden wie Europium und der Blei-Isotopen-Verteilung schließt das Team zudem, dass die Ablagerungen aus dem Petit-Spot-Vulkanfeld bei eher niedrigen Temperaturen von unter 200 Grad und abseits der Lavaschlote gebildet wurden. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Proben aus niedrig temperierten hydrothermalen Flüssigkeiten ausgefallen sein müssen“, so Azami und seine Kollegen.

hydrothermale Aktivität
Analyse der Proben (oben) und Ablauf der hydrothermalen Aktivität an den Petit-Spot-Vulkanen. © Waseda University, Azami et al./ Communications Earth & Environment, CC-by 4.0

Weltweit tiefste hydrothermale Aktivität

Demnach gibt es in dem Tiefsee-Vulkangebiet am Japangraben hydrothermale Aktivität. „Diese von uns nachgewiesene hydrothermale Aktivität ist die tiefste bisher bekannte“, konstatiert Azami. Die Forscher gehen davon aus, dass das Magma der Petit-Spot-Vulkane die Hitzequelle für diese hydrothermalen Tiefsee-Schlote ist. Sie heizt das Wasser im Untergrund bis auf mäßig warme 50 bis 150 Grad auf, bevor es dann durch das Sediment bis zum Meeresgrund aufsteigt.

„Diese hydrothermale Aktivität findet eher am Fuß der Petit-Spot-Vulkane statt als an den Gipfeln ihrer Schlote“, erklären die Forscher. Denn die Vulkanschlote seien von vulkanischen Gesteinsbrocken abweichender chemischer Zusammensetzung bedeckt. Ihren Berechnungen nach könnten allein in diesem hydrothermalen Tiefseefeld 1,1 bis 19 Milliarden Liter mineralreiches Wasser pro Jahr aus dem Untergrund gequollen sein.

„Bedeutung für globale biogeochemische Kreisläufe“

Nach Ansicht der Forscher ist dieses tiefe Hydrothermal-Feld am Japangraben wahrscheinlich keine Ausnahme: Auch andere Gebiete mit Petit-Spot-Vulkanen könnten hydrothermal aktiv sein. „Wenn wir annehmen, dass Petit-Spot-Vulkane an anderen Tiefseegräben ähnlich häufig vorkommen wie in unserem Untersuchungsgebiet, dann könnte der Ausstrom von Wärme und Wasser aus ihren Hydrothermalsystemen beträchtlich sein“, schreiben Azami und seine Kollegen.

Sie schätzen die weltweit von solchen tiefen Hydrothermal-Feldern erzeugte Wärme auf 1,8 Milliarden Watt und den Ausstrom warmen, mineralreihen Wassers auf 0,29 bis 4,8 Billionen Liter pro Jahr. „Das entspricht rund 0,1 Prozent dessen, was entlang der globalen mittelozeanischen Rücken freigesetzt wird“, erklären die Wissenschaftler. Weil die Fluide der Petit-Spot-Felder aber deutlich mehr CO2 und Methan enthalten als bei den klassischen Schwarzen Rauchern der mittelozeanischen Rücken, könnte ihr Einfluss auf die marinen Stoffkreisläufe deutlich höher sein.

„Der Beitrag der weltweiten Petit-Spot-Hydrothermalfelder könnte durchaus wesentliche Bedeutung für die globalen biogeochemischen Kreisläufe haben, vor allem auf den Kohlenstoffkreislauf“, erklärt Azami. Umso wichtiger sei es nun, auch auf anderen alten, vermeintlich inaktiven ozeanischen Platten nach solchen Vulkan- und Hydrothermalfeldern zu suchen. (Communications Earth & Environment, 2023; doi: 10.1038/s43247-023-00832-3)

Quelle: Waseda University

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