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Geowissen

Riesiges Wasserreservoir unter dem Meeresgrund

Süßwasser-Aquifer vor der US-Ostküste könnte zu den größten der Erde gehören

Cape Cod
Vor der Nordostküste der USA liegt unter dem Meeresgrund ein riesiges Süßwasser-Revervoir verborgen, wie Geologen nun entdeckt haben. © Liran Sokolovski/ iStock.com

Überraschender Fund: Vor der Ostküste der USA haben Geologen eines der größten Grundwasser-Reservoire der Welt entdeckt – unter dem Meeresgrund des Atlantiks. Der Aquifer reicht bis zu 90 Kilometer weit ins Meer hinaus und ist mindestens 350 Kilometer breit. Schätzungen zufolge enthält dieses unterseeische Wasserreservoir mindestens 2.800 Kubikkilometer Süßwasser – mehr als der Viktoriasee. Ähnliche Aquifere könnten unerkannt auch vor anderen Küsten liegen, vermuten die Forscher.

Trinkwasser ist ein knappes Gut – vor allem dort, wo es wenig regnet. Denn viele Grundwasser-Reservoire sind bereits übernutzt, andere werden schon in geringer Tiefe brackig oder salzig. Auch Pestizide, Dünger und Chemikalien tragen zunehmend zum Verlust sauberer Wasserressourcen bei. Hinzu kommt: Nach Schätzungen von Forschern sind die meisten Grundwasservorräte schon Jahrtausende alt. Nur sechs Prozent der weltweiten Aquifere regenerieren sich relativ schnell und regelmäßig.

Aquifer US Schelf
Die gelbschraffierte Fläche zeigt die wahrscheinliche Ausdehnung des neuentdeckten Aquifers. © Gustafson et al./ Scientific Reports, CC-by-sa 4.0

Süßwasser unter dem Meeresgrund

Doch wie sich nun zeigt, könnten sich an unerwarteter Stelle noch unerkannte Trinkwasserreservoire verbergen: vor den Küsten der Kontinente. Erste Hinweise darauf fanden Wissenschaftler schon in den 1970er Jahren, als sie bei Erkundungsbohrungen vor der US-Ostküste auf Süßwasser statt auf Erdöl stießen. „Wir wussten, dass es dort unten an einigen Stellen Süßwasser gibt, aber wir kannten weder das Ausmaß noch die Verteilung „, sagt Erstautor Chloe Gustafson von der Columbia University in New York.

Um mehr über dieses Süßwasser unter dem Meeresgrund herauszufinden, haben Gustafson und ihre Kollegen nun das Schelfgebiet vor New Jersey und Massachusetts mit elektromagnetischen Messungen kartiert. „Diese Methoden registrieren die elektrische Leitfähigkeit und diese wird in den Offshore-Sedimenten von der Porosität und dem Salzgehalt des Porenwassers bestimmt“, erklären die Forscher. Unterirdische Süßwasservorkommen erscheinen daher in den Messdaten als wenig leitende Schichten.

Mehr Süßwasser als in größten Reservoiren an Land

Das überraschende Ergebnis: Unter dem Meeresgrund des Nordwest-Atlantiks gibt es nicht nur vereinzelte Süßwasser-Einschlüsse, sondern ein ausgedehntes Reservoir. Dieses erstreckt sich von der Küste mindestens 90 Kilometer weit ins Meer hinaus und bildet unterhalb von 180 Metern Tiefe eine rund 200 Meter dicke Schicht. „Das Aquifer reicht von der Küste von New Jersey bis nach Martha’s Vineyard und höchstwahrscheinlich noch weit über unser Untersuchungsgebiet hinaus“, so die Forscher.

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Die Wissenschaftler schätzen, dass der gesamte Aquifer mindestens 2.800 Kubikkilometer Wasser enthalten könnte – das ist mehr als das Volumen des Viktoriasees in Afrika. „Wenn wir die potenzielle Ausdehnung dieses Aquifers über unser Messgebiet hinaus berücksichtigen, könnte unter dem diesem Teil des atlantischen Kontinentalschelfs mehr Grundwasser liegen als in den größten Grundwasserreservoiren an Land“, sagen Gustafson und ihr Team.

Wassderstrom
Zumindest ein Teil des Süßwassers strömt wahrscheinlich von der Küste her in das Aquifer. © Gustafson et al./ Scientific Reports, CC-by-sa 4.0

Strom von der Küste und Eiszeitrelikt

Messungen ergaben, dass das Wasser in diesem unterseeischen Reservoir in Küstennähe weniger als ein Promille Salz enthält – es ist nahezu reines Süßwasser. Abseits der Küste wird das Aquiferwasser etwas salziger. Mit einem Salzgehalt von weniger als 15 Promille liegt seine Salinität aber noch immer deutlich unter dem von normalem Meerwasser mit rund 35 Promille. Die Forscher vermuten, dass zumindest ein Teil dieses Wassers unterirdisch von der Küste unter den Meeresgrund strömt.

Ein weiterer Teil dieses unterseeischen Süßwassers könnte jedoch deutlich älteren Ursprungs sein: Auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit vor rund 20.000 Jahren bedeckte das Laurentide-Eisschild weite Teile Nordamerikas und reichte auch bis auf heute überflutete Bereiche des Kontinentalschelfs hinaus. Als dann die Gletscher schmolzen und die Meeresspiegel stiegen, wurden Teile des Schmelzwassers in Senken eingeschlossen und blieben unter dem Meeresgrund erhalten, wie die Forscher erklären.

Unterseeische Aquifere auch anderswo?

Das neu entdeckte Aquifer unter dem Meeresgrund ist möglicherweise kein Einzelfall: Gustafson und ihr Team vermuten, dass sich auch vor anderen Küsten solche Süßwasserreservoire verbergen könnten. Vor allem in trockeneren Regionen könnten diese Reservoire dazu beitragen, Wasserbedarf „Wenn wir belegen können, das es auch in anderen Regionen wie Kalifornien, Australien, dem Mittleren Osten oder dem Süden Afrikas solche großen Aquifere gibt, dann wären sie eine wertvolle Ressource“, sagt Gustafsons Kollegin Kerry Key. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-019-44611-7)

Quelle: Earth Institute at Columbia University

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