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Warmes Mittelmeer lässt Sahel ergrünen

Feuchte mediterrane Luft facht den westafrikanischen Monsun an

Die Sahelzone ist für ihre Regenversorgung vom westafrikanischen Monsun abhängig. Was ihn prägt, haben nun Klimaforscher untersucht. © Flockedereisbaer /CC-by-sa 3.0 de

Paradoxer Effekt: Die Erwärmung des Mittelmeers bringt zwar Hitze und Dürren in Südeuropa, doch die Sahelzone profitiert von diesem Klimawandel-Trend. Sie wird regenreicher und grüner. Der Grund dafür: Das warme Meer verändert die Luftströmungen und lenkt den Monsun in den Sahel. Ob die Sahelzone auch langfristig vom Klimawandel profitiert, hängt daher unerwartet eng vom Mittelmeer ab, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“.

Die Sahelzone gilt seit Jahren als Musterbeispiel für eine akut von Desertifikation bedrohte Region. Denn fällt der von Juni bis September herrschende westafrikanische Monsun schwach aus, drohen Dürren und Hunger. Besonders drastisch zeigte sich dies in den 1970er und 80er Jahren, als nach einer bis dahin eher feuchten Periode gleich mehrere verheerende Dürren auftraten. Sie kosteten insgesamt mehr als 100.000 Menschen das Leben.

Gewinner des Klimawandels

Doch in den letzten gut 20 Jahren haben die Niederschläge überraschenderweise wieder zugenommen. Ausgerechnet der Klimawandel und die steigenden CO2-Werte der Atmosphäre scheinen sich auf die Sahelzone positiv auszuwirken, wie erst kürzlich eine Studie nachgewiesen hat. Demnach führen vor allem die erhöhten Treibhausgas-Werte zu einer Veränderung der Luftströmungen – und das bringt den Monsun in die Sahelzone.

Was aber ganz konkret den Monsun in den Sahel lenkt, haben nun Jong-yeon Park, Jürgen Bader und Daniela Matei vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg genauer untersucht. Für ihre Studie nutzte sie ein Klima-Atmosphärenmodell, um verschiedene Veränderungen der Wassertemperaturen in tropischen und außertropischen Meeren nachzubilden. In Simulationen testeten sie dann, wie sich dies auf Zirkulation, Monsun und Niederschläge über dem Sahelgebiet auswirkt.

Der westafrikanische Monsun bringt der Sahlezone im Sommer Regen. Die Niederschläge in Westafrika werden durch die Lage der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) beeinflusst. Sie verschiebt sich halbjährlich und sorgt insbesondere in den Monaten Mai bis Juli für höhere Niederschlagsmengen in Westafrika. In den Wintermonaten liegt die ITCZ in Äquatornähe über dem Golf von Guinea, so dass auf dem Festland Trockenzeit herrscht. © eskp.de/CC-by-sa 4.0

„Wettkampf“ der Meere

Das überraschende Ergebnis: Entscheidend ist nicht, dass sich die Ozeane erwärmen, sondern welche dies tun. „Es gibt sozusagen einen Kampf zwischen den verschiedenen Meeresregionen“, erläutert Bader. „Steigen die Temperaturen der tropischen Meeresoberflächen, nimmt der Niederschlag in der Sahelzone ab. Steigende Temperaturen der Meeresoberflächen außerhalb der Tropen führen dagegen zu mehr Niederschlägen.“

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Die Modellrechnungen zeigen, dass sich die Meeresoberflächen außerhalb der Tropen in den letzten 20 Jahren besonders stark erwärmt haben. Das führte dazu, dass Luftströmungen in den Sommern mehr Feuchtigkeit aus den nichttropischen Regionen in die Sahelzone transportierten. Das relative Wärmeverhältnis zwischen tropischen und außertropischen Meeren ist demnach entscheidend.

Landschaft in der Sahelzone: Weil hier monatelang nicht regnet, ist die Vegetation eher karg. © Daniel Triveau / CIFOR, CC-by-nc-nd 2.0

Mittelmeer ist entscheidend

Interessant dabei: Nicht alle außertropischen Meere sind für den Sahel gleich wichtig. Stattdessen spielt das Mittelmeer eine herausragende Rolle, wie die Simulationsszenarien ergaben. „Wenn man die Temperaturen der Meeresoberflächen im Mittelmeer konstant hält, erhöht sich der Niederschlag in der Sahelzone nicht“, berichtet Bader. Erwärmt man dagegen das Mittelmeer, die Meere der Arktis, des Nordatlantiks und des Nordpazifik aber nicht, regnet es in der Sahelzone mehr.

Der Grund dafür: Wird das Mittelmeer wärmer, steigt in der Luft darüber die Feuchtigkeit. Diese feuchten Luftmassen strömen im Juni über Ägypten Richtung Sahelzone und regnen dort ab. Das wiederum wirkt wie eine Art Motor für den Monsun: Die zusätzliche Feuchtigkeit in der Sahelzone verstärkt die Konvektionsströmungen über der Sahelzone. „Es steigt mehr Luft auf, was wiederum den Zustrom feuchter Luft aus dem tropischen Atlantik intensiviert“, erklärt Bader.

Auch in Zukunft dürfte das Mittelmeer demnach eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob es im Sahel mehr oder weniger regnet. Welcher Trend sich dabei durchsetzt, hängt davon ab, ob sich das Mittelmeer weiterhin stärker erwärmt als die tropischen Ozeane und nicht etwa schwächer. (Nature Climate Change, 2016; doi: 10.1038/nclimate3065)

(Max-Planck Gesellschaft, 04.07.2016 – NPO)

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