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Paläontologie

Wal-Wurm frisst auch Vogelknochen

Fossile Spuren liefern neue Einblicke in die Entwicklung des Tiefseewurms Osedax

Tiefseewurm Osedax © Greg Rouse

In 3.000 Meter Wassertiefe lebt der Wurm Osedax, der sich von den Knochen toter Wale ernährt. Bisher nahmen Forscher deshalb an, dass sich der Tiefseewurm parallel zu den riesigen Meeressäugern entwickelt hat. Doch möglicherweise bevölkerte Osedax die Meere schon lange vorher. Denn neue molekularbiologische Untersuchen legen nahe, dass Osedax bereits in der Kreidezeit existiert haben könnte.

Diese Theorie wirft jedoch die Frage auf, was der Wurm nach dem Aussterben der großen Meeresreptilien am Ende der Kreidezeit vor etwa 65,5 Millionen Jahren und vor der Evolution der Wale gefressen haben könnte. Die neue Studie von Forschern um den Paläontologen Steffen Kiel von der Universität Göttingen in der Fachzeitschrift „Naturwissenschaften“ hat darauf eine Antwort parat. Danach ernährte sich Osedax auch von den Knochen Pinguin-artiger Tauchvögel. Die Studie zeigt demnach, dass Osedax bei der Nahrungssuche nicht auf Säugetierknochen beschränkt ist.

Vogelknochen mit Bohrlöchern

Zudem gibt es bereits seit der Kreidezeit Meeresvögel – diese könnten dem Tiefseewurm nach dem Aussterben der großen Meeresreptilien das Überleben gesichert haben. Die von den Forschern untersuchten Vogelknochen sind etwa 30 Millionen Jahre alt und zeigen auf ihrer Oberfläche kleine Bohrlöcher.

Diese sind bis zu drei Millimeter tief und bilden im Inneren des Knochens ein weites Netzwerk. „Diese Bohrlöcher sind identisch mit Osedax-Bohrlöchern, die wir aus heutigen und fossilen Walknochen kennen“, erklärt Kiel.

Knochen mit Bohrlöchern © Uni Göttingen

Viele überraschende Entdeckungen

Überraschend ist aus Sicht der Forscher nicht nur, dass Osedax offenbar Vogelknochen fressen konnte. Auch die Größe des Vogels, in dessen Knochen die Wissenschaftler die Bohrlöcher entdeckt haben, ist bemerkenswert. Er war nicht mehr als 80 Zentimeter groß.

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Bisher gingen die Forscher davon aus, dass Osedax große Walknochen, die lange auf dem Tiefseeboden liegen, leicht entdecken und besiedeln kann. Die vergleichsweise kleinen Vogelknochen, so die bisherige Annahme, wurden zu schnell von Sediment bedeckt oder von Aasfressern verschleppt, um Osedax als Nahrung zu dienen.

Schneller und effizienter Nahrungssucher

„Aber offensichtlich ist dieser Wurm ein schneller und effizienter Nahrungssucher“, so Kiel. Allerdings sind die Bohrlöcher in den Vogelknochen nur eine erste Spur. Noch ist unklar, ob es den Tiefseewurm wirklich bereits in der Kreidezeit gab. „Die wenigen Plesiosaurier und Ichtyosaurier, die ich bisher in Museen untersucht habe, zeigten keine Bohrlöcher“, erklärt Kiel. „Aber eine systematische Suche nach den Spuren von Osedax steht noch aus.“

(Universität Göttingen, 09.12.2010 – DLO)

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