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Geowissen

Vulkane: Regen als Ausbruchs-Auslöser?

Ungewöhnliche Eruption des Kilauea liefert Hinweise auf "wässrigen" Trigger-Mechanismus

Kilauea-Eruption
Der Ausbruch des Kilauea im Mai 2018 war einer der stärksten und ungewöhnlichsten der letzten 200 Jahre – aber warum? © US Geological Survey

Wasser bringt Feuer: Der Vulkan Kilauea auf Hawaii enthüllt erstmals, dass auch starker Regen eine Eruption verursachen kann. Wie eine Studie enthüllt, führten die ungewöhnlich starken Regenfälle Anfang 2018 dazu, dass der Porendruck im Untergrund anstieg. Dies schwächte das Gestein und erleichterte es dem Magma, sich seinen Weg an die Oberfläche zu bahnen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Dieser Mechanismus könnte auch bei anderen Feuerbergen zum Tragen kommen.

Der Kilauea auf Hawaii ist einer der aktivsten Vulkane der Erde, er wird von einem vulkanischen Hotspot direkt unter der Insel gespeist. Deshalb fließt fast ständig dünnflüssige Lava aus den Schloten dieses Feuerbergs. Doch Anfang Mai 2018 begann ein ungewöhnlich heftiger Ausbruch: Begleitet von einem Erdbeben der Stärke 6,9 schoss glühende Lava aus frisch aufgerissenen Spalten, zerstörte Ortschaften und blockierte Straßen. Insgesamt wurden 35 Quadratkilometer Land unter den Lavaströmen begraben.

Kilauea Lava
Lavastrom und Lavafontäne bei einer der Spalteneruptionen am Kilauea. © US National Guard

„Dieser Ausbruch war eine der außergewöhnlichste eruptiven Phasen des Kilauea in den letzten 200 Jahren“, erklären Jamie Farquharson und Falk Amelung von der University of Miami. Denn im Gegensatz zur normalen Aktivität dieses Feuerbergs waren diese Eruption sehr explosiv und führten sogar zu einem Kollaps seiner Gipfel-Caldera. Erst nach mehreren Monaten ebbten die Ausbrüche allmählich wieder ab.

Kaum Hebung im Vorfeld

Noch ungewöhnlicher jedoch: Im Vorfeld der Eruption fehlten die sonst üblichen Vorzeichen für einen starken Ausbruch. Normalerweise wird eine Eruption dadurch eingeleitet, dass frisches Magma aus dem Erdmantel in die Magmareservoire des Vulkans aufsteigt. „Der Ausbruch ereignet sich dann, wenn der Druck in der Magmakammer hoch genug ist, um das umgebende Gestein zu zerbrechen und das Magma so an die Oberfläche strömen kann“, erklärt Amelung.

Typischerweise macht sich dieser Magmaaufstieg schon Monate vor dem Ausbruch durch eine deutliche Hebung des Untergrunds bemerkbar. „Doch beim Kilauea wurde zwischen 2010 und 2018 keine substanzielle Hebung in der aktiven Riftzone detektiert“, berichten die Forscher. Es gab allerdings Hinweise auf Magmabewegungen im Untergrund. Dennoch scheint allein ein Überdruck in der Magmakammer nicht die Ursache der Eruption gewesen zu sein. Was aber war es dann?

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Exzessive Regenfälle als Trigger?

Um dieses Rätsel zu lösen, haben Farquharson und Amelung sich die Begleitumstände des Kilauea-Ausbruchs und vor allem seine Vorgeschichte noch einmal genauer angeschaut. Dabei stießen sie auf eine Auffälligkeit: In den Monaten vor der Eruption erlebte Hawaii so viel Niederschlag wie nur selten zuvor in der Geschichte. Im Ersten Quartal 2018 fielen mehr als 2,25 Meter an Regen – das ist zweieinhalb Mal so viel wie sonst um diese Jahreszeit üblich.

Könnte dieser exzessive Regen etwas mit dem Ausbruch des Kilauea zu tun haben? „Wir wissen, dass ein erhöhter Wassergehalt des Untergrunds Erdbeben und Erdrutsche auslösen kann“, sagt Amelung. Bei Vulkanausbrüchen können zudem durch Wasser oder Eis im Schlot heftige Wasserdampf-Explosionen, Schlammströme und andere explosive Ereignisse auftreten. Doch ob und wie Regenfälle auch Eruptionen neu auslösen können, war bislang unbekannt.

Auffällig hoher Porendruck

Um diese Frage zu klären, rekonstruierten die Wissenschaftler das Geschehen am Kilauea mithilfe eines geophysikalischen Modells. In diesem ermittelten sie, wie sich der Porendruck im Gestein rund um die Magmareservoire durch den anhaltenden Regen veränderte. Denn wenn dieser Druck steigt, kann das Gestein leichter brechen. „Unter dem Druck des Magmas bricht nasser Fels leichter als trockner – das ist ganz einfach“, sagt Amelung.

Und tatsächlich: Am Kilauea hatte das bis in mehrere Kilometer Tiefe einsickernde Wasser den Porendruck vor der Eruption bis auf tausende Pascal ansteigen lassen. „Anfang 2018 erreichte der Porendruck im Untergrund sogar den höchsten Wert seit 47 Jahren“, berichten Farquharson und Amelung. Ihrer Ansicht nach könnte dies der Faktor gewesen sein, der das Gestein in den Riftzonen zu Bersten brachte und den Ausbruch auslöste.

Wirkung bis in die Tiefen des Vulkans

Diese Vermutung bestätigte sich, als die Forscher in der Eruptionsgeschichte des Kilauea nach ähnlichen Vorkommnissen suchten: „Rund 60 Prozent der Eruptionen seit 1790 ereigneten sich während der regnerischen Saison“, berichten sie. „Und der Ausbruch vom Mai 1924 – die letzte außergewöhnlich starke Eruption – folgte ebenfalls nach extrem nassen Wetterbedingungen.“ Aus ihren Berechnungen geht hervor, dass der Porendruck auch dabei deutlich erhöht gewesen sein muss.

Nach Ansicht der Forscher belegen ihre Funde damit, dass Regenfälle auch bis in die Tiefe von Vulkanen wirken– und so dem Magma quasi den Weg bereiten können. „Jetzt wissen wir, dass Regen auch Vulkanausbrüche auslösen kann“, sagt Amelung. „Das ist das erste Mal, dass man mit diesem Mechanismus solche tiefen Magmaprozesse erklären kann.“

Auch bei anderen Feuerbergen möglich

Doch der Kilauea ist wahrscheinlich kein Einzelfall. Die Forscher vermuten, dass dieser Trigger-Mechanismus auch an anderen Feuerbergen vorkommt. „Wenn wir die Regionen identifizieren, wo es diese Art der Kopplung zwischen Regen und Vulkanismus gibt, dann könnte dies die Frühwarnung vor vulkanischen Gefahren verbessern“, sagt Farquharson. Dies sei auch deshalb wichtig, weil der Klimawandel die Niederschlagsmuster weltweit verändere – und damit möglicherweise auch die Vulkanaktivität.

„Die Möglichkeit, dass externe Prozesse vulkansische Eruptionen auslösen, ruft uns in Gedächtnis, dass Vulkane Teil des dynamischen Systems Erde sind“, ergänzt Michael Manga in einem begleitenden Kommentar. „Wir beginnen gerade erst damit, diese Interaktionen zu verstehen.“ (Nature, 2020; doi: 10.1038/s41586-020-2172-5)

Quelle: University of Miami Rosenstiel School of Marine & Atmospheric Science

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