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Geowissen

„Vulkan im Vorgarten“ enträtselt

Eruptionsgeschichte eines Eifelvulkans enthüllt Ungewöhnliches

Das Rodderberg-Maar © Universität Bonn

Vor 300.000 Jahren kam es am Rodderberg im Bonner Stadtteil Mehlem zu einer ganzen Serie von Vulkanausbrüchen – nach 250.000 Jahre Ruhe. Geowissenschaftler der Universität Bonn erforschen momentan die Eruptionsgeschichte des nördlichsten bekannten Eifelvulkans. Ihr Fazit: Der Rodderberg ist ein ganz ungewöhnlicher Fall.

Vor etwa 550.000 Jahren traf dicht unter dem Rodderberg eine mehr als 1.000 Grad heiße Gesteinsschmelze mit Grundwasser zusammen – eine explosive Mischung: Durch die Hitze verdampfte das Wasser und dehnte sich schlagartig auf das mehr als tausendfache Volumen aus. Die Explosion schleuderte Magmafetzen und Gesteinstrümmer Hunderte von Metern in die Luft und ließ einen über 50 Meter tiefen kreisrunden Sprengtrichter zurück, der noch heute als Bodensenke sichtbar ist: Das Rodderberg-Maar. Durch Niederschläge füllte es sich bald mit Wasser, verlandete dann jedoch mit der Zeit.

„Der Rodderberg war nie ein besonders gefährlicher Vulkan“, sagt Dr. Holger Paulick vom Mineralogisch-petrologischen Institut der Universität Bonn. Ganz anders als ein naher Verwandter, dessen Ausbruch vor 12.900 Jahren den Laacher See schuf: „Diese Eruption war so gewaltig, dass eine kilometerhohe Säule aus Asche und Bimsen in den Himmel stieg. Aschen vom Laacher See sind heute noch in Schweden nachweisbar.“ Dennoch sei der Rodderberg spannend, so der Vulkanforscher: „Die meisten Eifelvulkane stehen über 40 Kilometer weiter südlich; wie kommt es, dass sich einer von ihnen in den Vorgarten von Bonn verirren konnte?“

„Heißer Finger“ verirrte sich

Normalerweise entstehen Vulkane an den Grenzen der Erdplatten. Hier wird der Erdmantel teilweise aufgeschmolzen, und Magma steigt an die Erdoberfläche.Die Vulkane der Eifel sind dagegen – wie auch die in Hawaii – so genannte „Intraplattenvulkane“, die an lokale Hitzeanomalien im Erdinneren gebunden sind. An diesen „hot-spots“ steigt heißes Mantelgestein unabhängig von den Bewegungen der Erdplatten pilzförmig aus großen Tiefen auf und „brennt“ sich durch die überlagernde Erdkruste.

Irgendwie scheint sich ein „heißer Finger“ (O-Ton Paulick) vom Eifel-Hot-Spot nach Norden verirrt zu haben – und das gleich zweimal: Etwa 250.000 Jahre nach der Maareruption erwachte der Rodderberg erneut zum Leben, diesmal mit einer Serie von Schlackeneruptionen. Durch detaillierte Gelände- undLaboruntersuchungen konnten Dr. Paulick und seine Diplomandin Christine Ewen nachweisen, dass während dieser jüngeren Phase mehrere Krater entlang einer Nord-Süd orientierten Spalte tätig waren. Davon zeugt beispielsweise ein etwa sechs Meter hoher Basaltzipfel im Norden des Rodderberg-Maars – die verwitterungsresistente Füllung eines inzwischen erodierten Vulkanschlots.

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Weitere Vulkane wahrscheinlich

Das Alter der Eruptionen lässt sich mittels „Thermolumineszenz-Messungen“ bestimmen, die am Geographischen Institut in der Arbeitsgruppe Professor Dr. Ludwig Zöller durchgeführt wurden. „Das Verfahren gibt darüber Aufschluss, wann das Material zum letzten Mal stark erhitzt wurde“, erklärt Henrik Blanchard, der diese Datierungen im Rahmen seiner Diplomarbeit anfertigte. Ergebnis der Untersuchung: Vor etwa 300.000 Jahre war der Rodderberg-Vulkan zum letzten Mal aktiv.

Paulick schließt nicht aus, dass es in der Bonner Gegend vor einigen hunderttausend Jahren noch weitere Vulkane gegeben hat. „Möglicherweise hat sich ein solcher ‚heißer Finger‘ noch mehrmals in unsere Gegend verirrt.“ Dass das Rodderberg-Maar nach so langer Zeit noch sichtbar ist, hält er ohnehin für einen besonderen Glücksfall: „Normalerweise sedimentieren die Bodensenken mit den Jahren komplett zu. Wenn es also in Wachtberg oder Meckenheim noch weitere alte Maare gäbe, würden wir sie wahrscheinlich gar nicht bemerken.“

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 09.06.2004 – NPO)

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