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Geologie/physische Geographie

Versunkene Erdplatte entdeckt

Vor der Westküste Kanadas gab es einst eine dritte ozeanische Platte

Resurrection-Platte
Halbaufgeschmolzene Plattenreste im Erdmantel verraten, dass es vor der Westküste Kanadas noch eine dritte ozeanische Platte (hellviolett) gab. © Spencer Fuston and Jonny Wu/ University of Houston

Von der Plattengrenze verschluckt: Unter dem Westen Kanadas haben Geologen eine versunkene Erdplatte aufgespürt. Diese „Resurrection“-Platte war bis vor rund 40 Millionen Jahren Teil des pazifischen Meeresgrunds, wie eine Rekonstruktion enthüllt. Heute liegt die neuentdeckte Erdplatte zwar rund 500 Kilometer tief im Erdmantel, doch ihre Subduktion könnte einst einige noch heute existierende Vulkane gespeist haben.

Die Plattentektonik sorgt für ein ständiges „Recycling“ der Erdkruste: An manchen Stellen reißen Erdplatten auseinander und bilden neue Plattengrenzen, wie zurzeit im Indischen Ozean. An anderen sind Krustenteile dagegen miteinander verschmolzen, wie beispielsweise unter England und Südeuropa. Dann zeugen oft nur geologische Schwächezonen oder Gebirgszüge von der einstigen Nahtstelle. Es gibt sogar Fälle, in denen Geologen das Ende einer Erdplatte quasi live mitverfolgen können.

Virtuelle Zeitreise

Jetzt haben Geologen eine versunkene, zuvor unbekannte Erdplatte vor der Westküste Kanadas entdeckt. Diese Region ist von einer aktiven Subduktion geprägt: Ozeanische Krustenplatten bewegen sich auf die nordamerikanische Kontinentalplatte zu und werden von dieser in den Erdmantel hinabgedrückt. Als Folge dieser Prozesse bildeten sich unter anderem die Cascades, eine vulkanische Gebirgskette, zu der auch der Mount St. Helens gehört.

Schon länger ist bekannt, dass es an der Cascades-Subduktionszone einst zwei kleinere ozeanische Erdplatten gab: die Kula- und die Farallon-Platte, die vor 75 bis 60 Millionen Jahren in die Tiefe gedrückt wurden. Unklar blieb jedoch, ob es zwischen ihnen vielleicht noch eine dritte Erdplatte gab. Deshalb haben nun Spencer Fuston und John Wu von der University of Houston eine Art virtuelle Zeitreise unternommen.

Mithilfe eines speziellen Computermodells rekonstruierten sie, wie die in den Erdmantel abgetauchten Plattenreste in ihre heutige Position gerieten und wie sie einst ausgesehen haben könnten. Dafür entfalteten sie virtuell die mittels seismischer Daten kartierten Plattenreste und konnte so ihren Zustand in der Zeit bis vor 60 Millionen Jahren wiederherstellen.

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Lücke verrät Existenz einer dritten Platte

Das Ergebnis: Für die Farallon- und die Kula-Platte bestätigt die Rekonstruktion zwar den zuvor angenommenen Verlauf der Subduktion. Doch zwischen beiden zeigt sich eine verdächtige Lücke. „Unsere Rekonstruktion zeigt zwei Graben-Rücken-Grenzen, die eine zusätzliche Platte einrahmen“, berichten die Forscher. Diese „Resurrection“ getaufte Erdplatte existierte offenbar noch bis vor 40 Millionen Jahren. Dann wurde sie von der Subduktion „geschluckt“.

Heute ist diese versunkene ozeanische Platte an ihren halb aufgeschmolzenen Überresten zu erkennen. Diese liegen 400 bis 600 Kilometer tief unter dem Westen Kanadas und bilden dort eine schräg im Erdmantel liegende Formation. „Dieser Yukon-Plattenrest repräsentiert ein thermisch erodiertes Relikt der Resurection-Erdplatte“, erklären Fuston und Wu.

So wurden die drei ozeanischen Platten von der Suduktionszone verschlungen.© Spencer Fuston

Erklärung für ungewöhnliche Vulkanlava

Die Entdeckung dieser versunkenen Erdplatte könnte auch ein neues Licht auf die von Alaska bis zum US-Bundesstaat Washington reichende „Northern Cordilleran Volcanic Province“ werfen. Denn die Lava einiger Feuerberge in dieser Vulkankette weicht von der typischen Zusammensetzung ab. Sie ähnelt eher dem Magma, das man sonst von ozeanischen Inselbögen kennt. Schon länger vermuten deshalb einige Geologen, dass dieses Material von einem alten, subduzierten Plattenrest stammt.

Dieser Plattenrest könnte die Resurection-Platte sein: „Wenn man diese alte Ozeanplatte wieder zur Erdoberfläche zurückbringt und rekonstruiert, dann passen ihre Grenzen gut zu den alten Vulkanketten in Alaska und Washington State“, sagt Wu. „Sie könnte damit die lange gesuchte Verbindung zwischen alter Pazifikkruste und der geologischen Geschichte dieses Teils von Nordamerika liefern.“ (Geological Society of America Bulletin, 2020; doi: 10.1130/B35677.1)

Quelle: University of Houston

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