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Biologie

Vermeintlich älteste Fossilien sind doch keine

Älteste Lebenspuren der Erde könnten doch nur geologische Formationen sein

Diese konischen Strukturen sollten Ablagerungen erster Ur-Mikroben sein - doch jetzt wecken neue Erkennisse Zweifel daran. Diese Gesteinsformation aus dem Isua-Grünstein in Grönland ist rund 3,8 Milliarden Jahre alt. © Abigail Allwoo

Doch keine Lebensspuren? Einige der ältesten Fossilien der Erde sind offenbar doch nichtbiologischen Ursprungs, wie neue Analysen nahelegen. Demnach stammen die 3,7 Milliarden Jahre alten Schichtformationen nicht von urzeitlichen Bakterienmatten, sondern entstanden auf rein geologischem Wege, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature“. Wann das erste Leben auf unserem Planeten entstand, ist damit weiterhin offen.

Wann und wo bildeten sich die ersten irdischen Lebewesen? Bisher gibt es auf diese Frage keine eindeutige Antwort. Denn die fragilen Zellen der frühen Organismen blieben nicht erhalten, weshalb echte Fossilien aus der „Ursuppe“ fehlen. Ablagerungen mit auffallender Form und spezieller chemischer Zusammensetzung können aber Indizien für Leben sein. Als bisher älteste überzeugende Lebensspuren gelten Relikte urzeitlicher Bakterienmatten in rund 3,5 Milliarden Jahre alten Sediment-Formationen Westaustraliens.

Konische Schichtstrukturen

Doch in den letzten beiden Jahren haben Forscher in Kanada und auf Grönland mögliche Lebensspuren entdeckt, die sogar noch älter sind. Die grönländischen Funde stammten aus dem Isua-Grünsteingürtel, einer bis zu 3,8 Milliarden Jahre alten Gesteinsformation. Wissenschaftler hatten darin millimeterfein geschichtete Strukturen von einem bis vier Zentimeter Höhe entdeckt, die teils konisch in die Höhe ragten.

Die Forscher interpretierten diese konischen Ablagerungen damals als Reste urzeitlicher Stromatolithen. Denn während flache Schichten oder Rippen durchaus geologischen Ursprungs sein können, gibt es kaum nichtbiologische Prozesse, die spitzkegelige Formen erzeugen. Auch eine Abreicherung von Titan und Kalium schien für die einstige Präsenz von Lebewesen zu sprechen.

Rippen statt Kegel

Nun allerdings weckt eine neue Untersuchung Zweifel an dieser Interpretation. Abigail Allwood vom California Institute of Technology und ihr Team haben dafür neue Gesteinsproben aus unmittelbarer Nähe der früheren Probenstellen im Isua-Grünstein entnommen und diese mikroskopisch sowie chemisch analysiert.

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Neue Schnitte enthüllen nun, dass die vermeintlichen Spitzkegel (Pfeile) in Wirklichkeit Rippen sind. © Abigail Allwood

Die Analysen enthüllen: Die vermeintlich spitzkegeligen Gebilde sind in Wirklichkeit langestreckte Rippen, die damals nur quer angeschnitten worden waren. Damit jedoch ist eines der Hauptargumente für den biologischen Ursprung dieser Formationen entkräftet. „Zwar schließt die Rippenform einen biologischen Ursprung nicht aus, aber Rippen können leichter auch abiotisch entstehen als Spitzkegel“, sagen die Forscher.

Zudem verlaufen die Rippen in die gleiche Richtung wie mineralische Kompressionsspuren in diesem Gestein. Allwood und ihre Kollegen sehen darin ein Indiz dafür, dass diese Mikroformationen eher durch eine Deformation des Gesteins als durch die Tätigkeit von Mikroben erschaffen wurden.

„Klare Indizien für einen abiotischen Ursprung“

Und noch etwas könnte gegen einen biologischen Ursprung sprechen: Die Verteilung der Elemente Calcium, Eisen und Mangan entspricht eher mineralischen Formationen als der typischen Feinschichtung von Stromatolithen, wie die Forscher berichten. „Auch andere chemische Relikte einer internen Schichtung fehlen in diesen Strukturen“, sagen sie. „Sie weisen nicht die einzigartigen chemischen Zusammensetzungen auf, die einen lokalisierten Einfluss von Mikroben auf das Sediment anzeigen.“

Nach Ansicht von Allwood und ihrem Team stammen diese Formationen damit nicht von lebenden Organismen. Stattdessen haben sie einen abiotischen, rein geologischen Ursprung: Sie entstanden, als das Sedimentgestein am urzeitlichen Meeresgrund erst begraben und dann unter Druck deformiert wurde. Damit ist zumindest stark strittig, ob es vor rund 3,7 Milliarden Jahren in diesem Gebiet schon Leben gab – und ob es im Gestein Spuren hinterließ.

Falle auch für die Suche nach außerirdischem Leben

Der Streit um die Isua-Proben demonstriert aber nicht nur, wie schwer es ist, frühe Spuren irdischen Lebens zuverlässig zu identifizieren. Er illustriert auch, welche Probleme die Suche nach außerirdischem Leben bewältigen muss. „Die Nachuntersuchung der Strukturen im Isua-Grünsteingürtel dient als warnendes Beispiel auch für die Suche nach Lebensspuren auf dem Mars“, betonen die Forscher.

Denn allzu schnell könne die Umstände der Probennahme, die Schnittrichtung der Proben oder unvollständige Analysen des Umfelds zu falschen Schlussfolgerungen führen. „Unsere Resultate unterstreichen daher die Notwendigkeit für dreidimensionale, integrierte Analysen der Morphologie, Gesteinstexturen und Geochemie in verschiedenen Skalen“, konstatieren Allwood und ihre Kollegen. (Nature, 2018; doi: 10.1038/s41586-018-0610-4)

(Nature, 18.10.2018 – NPO)

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