Anzeige
Geowissen

US-Küste: Ursache der Methan-Austritte geklärt

Plattenkollision quetscht Methangas aus dem Sediment

Methan-Blasen
Sonar-Aufnahme eines Methan-Austritts vor der Küste des US-Bundesstaats Washington. Insgesamt haben Forscher dort jetzt gut 1.800 solcher Blasenwolken gefunden. © Brendan Philip /University of Washington

Der Klimawandel ist nicht schuld: Vor der Nordwestküste der USA sprudelt an mehr als 1.800 Stellen Methan aus dem Meeresgrund, wie Forscher ermittelt haben. Ursache dieser Gasaustritte ist jedoch nicht eine Erwärmung der Methanhydrate wie sonst häufig der Fall. Stattdessen ist die Plattentektonik schuld: Die Kollision zweier Erdplatten presst dort das Sediment zusammen – und quetscht so das Treibhausgas aus dem Untergrund heraus.

Im Meeresgrund entlang der Kontinentalhänge lagern große Mengen Gashydrate – Verbindungen aus käfigartigen Molekülen, die Methangas einschließen. Doch dieses Methanhydrat ist nur
bei Kälte und Druck stabil. Erwärmt sich der Meeresgrund oder wird er abrupt entlastet, strömt das Treibhausgas aus. Während der Erdgeschichte haben solche Methanausbrüche das Erdklima immer wieder stark aufgeheizt.

Droht eine Destabilisierung?

Könnte auch heute ein großflächiger Zerfall der Methanhydrate drohen? An einigen Kontinentalrändern scheint die Erwärmung des Meeres den Methan-Austritt tatsächlich zu verstärken, unter anderem vor der US-Ostküste und im Ostsibirischen Schelfmeer. An anderen Stellen jedoch haben die Gasaustritte andere Ursachen: Vor Spitzbergen ist es die Druckentlastung nach der letzten Eiszeit, vor Pakistan wurden die Gashydrate bei einem starken Erdbeben destabilisiert.

Methan-Austritte
Die roten Sterne zeigen die Lage der Methan-Austritte. © Paul Johnson/University of Washington

Wie es vor der Nordwestküste der USA aussieht, haben nun Paul Johnson von der University of Washington in Seattle und sein Team näher untersucht. „Die ersten Methan-Austritte vor der Küste von Washington haben wir schon 2009 entdeckt – aber damals dachten wir noch, dass jeder Fund ein seltener Glücksfall ist“, sagt Johnson. Doch als die Forscher jetzt die Sonardaten mehrerer Forschungsfahrten entlang der Küste analysierten, ergaben diese ein ganz anderes Bild.

Alles voller Methan-Austritte

Das überraschende Ergebnis: Der Kontinentalhang vor der US-Küste ist von Methan-Austritten geradezu übersät. Rund 50 Kilometer vor der Küste des Bundesstaats Washington zählten die Forscher 1.778 Gasquellen in 491 Clustern. „Wenn man den Meeresgrund von Vancouver Island bis zum Columbia River entlanggehen würde, wäre man nie außer Sichtweite einer Blasenwolke“, sagt Johnson.

Anzeige

Auffallend jedoch: Die Mehrheit dieser Methan-Austritte konzentriert sich in einem schmalen Streifen von maximal zehn Kilometern Breite. „Sie sitzen meist in rund 160 Meter Wassertiefe auf dem seewärtigen Hang des Kontinentalschelfs“, so Johnson. Der Großteil dieser Methanquellen folgt ziemlich genau der Kante des Kontinentalschelfs.

Von der Subduktion herausgepresst

Aber warum? Um das zu klären, werteten Johnson und sein Team geologische Daten aus, die in den 1970er und 1980er Jahren bei der Suche nach Öl und Gas erstellt wurden. Dabei zeigte sich: Die meisten Methan-Austritte liegen in Gebieten, in denen die Erdkruste durch vergangene Erdbeben und die Plattentektonik aufgerissen wurde. Denn in diesem Küstengebiet wird die ozeanische Juan de Fuca-Platte unter die Nordamerikanische Kontinentalplatte gedrückt. „Die Risse in dieser tektonischen Grenze liefern die Pfade, durch die das Methangas und warme Flüssigkeit aus dem Tiefen entweichen können“, sagt Johnson.

Wie die Forscher mithilfe eines geophysikalischen Modells feststellten, schabt die Subduktion der ozeanischen Platte deren Sedimentschicht ab. Diese Sedimente mitsamt der enthaltenen Gashydrate werden dabei gegen die feste Kante der Nordamerikanischen Platte gedrückt und dadurch deformiert, erhitzt und komprimiert. Das wiederum presst das enthaltene Methangas aus dem Sediment heraus – und die Methan-Austritte entstehen.

Tektonik statt Klimawandel

Damit scheint klar: Zumindest vor der Küste Washingtons ist der Klimawandel nicht die Hauptursache für die Methan-Austritte. Stattdessen entstanden die meisten dieser Gasblasenquellen wahrscheinlich schon vor mehreren hundert Jahren, als die Plattengrenze ihre letzte Phase starker Erdbeben und tektonischer Aktivität erlebte, so die Forscher. (Journal of Geophysical Research – Solid Earth, 2019; doi: 10.1029/2018JB016453)

Quelle: University of Washington

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Seamounts - Geheimnisvolle Giganten der Tiefsee

News des Tages

Feldhase

Genom des "Osterhasen" entschlüsselt

Erstes Bild der Magnetfelder ums Schwarze Loch

Ägypten: Wandbilder aus der Totenstadt

Wie das Klima den antarktischen Zirkumpolarstrom beeinflusst

Bücher zum Thema

Im Fokus: Meereswelten - Reise in die unbekannten Tiefen der Ozeane Von Nadja Podbregar und Dieter Lohmann

Landschaftsformen - Unsere Erde im Wandel - den gestaltenden Kräften auf der Spur von Karsten Schwanke, Nadja Podbregar, Dieter Lohmann und Harald Frater

Faszination Meeresforschung - Ein ökologisches Lesebuch von Gotthilf und Irmtraut Hempel sowie Sigrid Schiel

Top-Clicks der Woche