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Evolution

Urkrebs widerlegt „kambrische Explosion“

Bisher ältester Krebs in 520 Millionen Jahre alten Gesteinen entdeckt

Yicaris dienensis © Prof. Zhang Xiguang

In 520 Millionen Jahre alten Gesteinen der chinesischen Provinz Yunnan haben Wissenschaftler fossile Überreste einer neuen Tierart gefunden. Es handelt sich bei Yicaris dianensis um den bislang ältesten Repräsentanten der modernen Krebse, so die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.

Zu der fast 100.000 Arten zählenden Gliedertiergruppe der Crustacea zählen unter anderem Garnelen, Hummer, Krabben, Seepocken und Wasserflöhe. „Dieser außergewöhnliche paläontologische Fund aus einer neuen Fundstelle in so genannter ‚Orsten‘-Erhaltung – das sind dreidimensional erhaltene Fossilien – verlängert den Nachweis von Krebsen um mehr als zehn Millionen Jahre an die Grenze zum Kambrium. Dies ist für die Evolution der größten Tiergruppen, der Gliederfüßer und der Tiere insgesamt von großer Bedeutung und ein weiterer Beleg gegen die Hypothese von einer ‚kambrischen Explosion’.“, kommentiert Professor Dieter Waloszek von der Universität Ulm die neuen Forschungsergebnisse.

Die Fossilien aus dem Erdzeitalter des Unterkambriums sind nach Angaben der Paläontologen aus Kunming, Leicester und Ulm außergewöhnlich gut erhalten. Man kann außer dem dreidimensional überlieferten Körper auch Augen, Beinanhänge und sogar die Borsten an den Beinen erkennen. Die neue Art, die durch mehrere Wachstumsstadien vertreten ist, war sehr kleinwüchsig, die Überreste deuten auf eine Größe von wenigen Millimetern.

Crustacea sind erdgeschichtlich seit knapp 480 Millionen Jahren nachgewiesen, also bis ins frühe Ordovizium, einige seltene Funde sind sogar dem ausgehenden Kambrium, also einer Zeit vor rund 505 Millionen Jahren zugeordnet. Der neue Fund aus dem unteren Kambrium stellt damit den ersten unzweifelhaften modernen Krebs dar. Dies lässt sich insbesondere an der Beinmorphologie, aber auch vielen anderen Übereinstimmungen mit bestimmten Formen innerhalb der heutigen Krebse, wie den Kiemenfüßern, Ruderfußkrebsen oder den winzigen, blinden Cephalocarida begründen.

Neue Erkenntnisse zur Evolution der Gliederfüßer

Die neue Art wurde nach der ethnischen Minderheit der ‚Yi‘ Yicaris dianensis benannt, die im südlichen China in historischer Zeit im Königreich Dian lebten, in dessen Region die Fundstellen der Fossilien liegen. Das hohe Alter von Yicaris und seine verwandtschaftliche Nähe zu den heutigen Vertretern der Krebse ist ein neuerlicher Hinweis darauf, dass die Wurzeln der Gliederfüßer insgesamt weit vor dem Kambrium lagen, also in einer Zeit, aus der immer noch keine körperlichen Tierfossilien vorliegen, so die Wissenschaftler in Nature.

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Ein bedeutendes Detail des neuen Fundes sind kleine blattartige Auswüchse außen an den Körperbeinen. Nach Ansicht einiger Forscher sollen die Flügel der Fluginsekten aus derartigen Strukturen hervorgegangen sein. Der kambrische Nachweis solcher extrem weicher und bisher nicht an Fossilien gefundenen Anhängen ist daher ein wichtiger Beitrag in der Debatte um die Evolution der geflügelten Gliederfüßer, die heute die Mehrzahl aller tierlichen Lebewesen darstellen.

(idw – Universität Ulm, 05.10.2007 – DLO)

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