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Geowissen

Unterseeischer Ausbruch hautnah

Glück machte Forscher erstmals zu Augenzeugen

Eine Kombination von Glück und der Präsenz zur rechten Zeit am rechten Ort hat Forscher zum allerersten Mal zu Augenzeugen eines unterseeischen Vulkanausbruchs gemacht. Wie sie in der Zeitschrift „Science“ berichten, gelang es ihnen, den Ablauf der Eruption mithilfe von Kameras und Messinstrumenten an Bord eines Tauchschiffs genau zu verfolgen und damit wertvolle Daten darüber zu sammeln, wie an den Mittelozeanischen Rücken neuer Ozeanboden entsteht..

Die Eruption ereignete sich rund 650 Kilometer westlich von Mexiko entlang des Ostpazifischen Rückens, eines vulkanischen Gebirgszuges. „Noch niemals zuvor hatten wir Instrumente direkt vor Ort, die ein eruptives Ereignis auf dem Meeresboden registrieren konnten“, erklärt Mike Perfit, Professor für Geologie der Universität von Florida und einer Wissenschaftler, die den Ausbruch mitverfolgten.

Seismometer „verschollen“

Im Rahmen des Meeresforschungsprogramms „RIDGE“ war der Ostpazifische Rücken Ende der 1990-er Jahre als eines der drei aktiven vulkanischen Gebiete zur besonders intensiven Erforschung ausgewählt worden. Das interdisziplinäre Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Maya Tolstoy, von der Columbia Universität hatte daher bereits seit längerem zahlreiche Messinstrumente knapp 2.500 Meter unter der Meeresoberfläche stationiert, darunter auch mehrere Ozeanboden-Seismometer. Diese Geräte registrieren die seismische Aktivität und speichern sie auf einem kleinen Computer, der an einer Boje hängt. Mit einem elektronischen Signal können die Wissenschaftler diese Boje vom Seismometer lösen. Sie steigt dann an die Meeresoberfläche und ermöglicht die Bergung der Daten.

Als ein Trupp von Forschern im April 2006 auf einer Routine-Mission zu einer solchen „Datenernte“ den Ostpazifischen Rücken erreichten, stellten sie überrascht fest, dass nur vier Bojen sich lösten und die Oberfläche erreichten, die drei anderen reagierten zwar auf die Signale, tauchten aber nicht auf. „Normalerweise kann man mal eine verlieren, aber man verliert micht gleich so viele Meeresbodenseismometer“, kommentiert Perfit. Um die Ursache herauszufinden, maßen die Forscher Temperatur, Salzgehalt und Turbulenz des Wassers und stellten fest, dass dieses knapp über dem Grat des Rückens ungewöhnlich warm und trübe war – ein mögliches Anzeichen für eine Eruption.

Tauch-Kamera zeigt Eruption

Lavaproben vom Meeresgrund bestätigten sehr bald diese Annahme. So schnell wie möglich forderten die Wissenschaftler daraufhin ein anderes Forschungsschiff mit einem Tauchkamera-System an. Dieses enthüllte „brandneue, glasige Lava“, wie Perfit berichtet. Die auf diese Weise zu Augenzeugen gewordenen Forscher konnten erstmals direkt „die Geburt und den Tod eines mittelozeanichen Rückens aus allen Perspektiven beobachten – geologisch, biologisch und physikalisch“, so Perfit. Viele Unterwasserphänomene könnten durch die so gewonnenen Daten zukünftig besser verstanden werden.

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Lava schluckt Untersee-Oase

Im Gegensatz zu den oft explosiven Ausbrüchen der Vulkane an Land trit die Lava bei unterseeischen Vulkanen eher langsam aus. Sie bildet kissenartige Strukturen entlang des Ozeanbodens. Solche Lavakissen hatten, das zeigten die Aufnahmen, inziwschen auch das noch vor kurzem an dieser Stelle des Meeresbodens wimmelnde Leben verschluckt. „Es gab mindestens eine Stelle, an der es unmengen von Röhrenwürmern, Krebsen und Muscheln gab, und sie war weg, einfach begraben”, erklärt Perfit.

Auch die verschollenen Seismometer fanden sich wieder an: Sie waren vom Lavastrom umschlossen und gefangen. Doch auch das hat sein Gutes: Denn die Wissenschaftler planen, die Geräte im nächsten Frühjahr zu bergen, um dann die wertvollen Daten auszuwerten – schließlich saßen die Messinstrumente buchstäblich an der Quelle des Ausbruchs. Für Perfit und seine Kollegen bleibt der Ausbruch ein echter Glücksfall: „Wir hätten mehr als Glück, wenn wir noch einmal ein solches Ereignis in meiner Lebenszeit erleben könnten“, so der Forscher. „Es haucht dem Forschungsgebiet wirklich neues Leben ein.“

(University of Florida, 30.11.2006 – NPO)

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