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Geowissen

Untersee-Vulkan beherbergt einzigartiges Ökosystem

Nahezu kontinuierliche Ausbrüche machen Rota-1-Vulkan zum Sonderfall

NW Rota-1 schleudert Lava und Gase ins Meer © NSF

Tief im Meer, nahe der Insel Guam, hat ein ausbrechender Unterseevulkan ein einzigartiges Ökosystem geschaffen. Trotz – oder gerade wegen – der anhaltenden Eruptionen gedeihen hier Lebewesen, die es sonst nirgendwo gibt und die sich perfekt an die unwirtlichen Bedingungen angepasst haben. Das berichten Wissenschaftler, die gerade von einer internationalen Expedition zum Vulkan zurückgekehrt sind.

Der Vulkan NW Rota-1 machte bereits im Jahr 2004 Schlagzeilen als der erste unterseeische Feuerberg, bei dem Wissenschaftler direkt Zeugen eines Ausbruchs wurden. 2006 brach Rota-1 erneut aus, wieder war ein Forscherteam vor Ort. Im April 2009 ist eine internationale Expedition, gefördert von der amerikanischen National Science Foundation (NSF), an die Küste Guams zurückgekehrt, um den Vulkan nochmals zu untersuchen.

Anhaltende Ausbrüche und neuer Schlot

Der Feuerberg sorgte für eine Überraschung: In den drei Jahren seit dem letzten Besuch hat er einen neuen Schlot von 40 Metern Höhe und 300 Metern Breite gebildet. „Das ist so hoch wie ein zwölfstöckiges Gebäude und so breit wie ein ganzer Block”, erklärt Bill Chadwick, Vulkanologe von der Oregon State Universität. Und die Aktivität des Vulkans hat keineswegs nachgelassen: Die bei der letzten Expedition hinterlassenen Unterwassermikrophone zeichneten nahezu kontinuierliche Ausbruchsgeräusche auf.

„Es ist sehr ungewöhnlich für einen Vulkan – selbst einen an Land – dermaßen kontinuierlich aktiv zu sein”, so Chadwick. Für die Wissenschaftler jedoch ist dies eine einzigartige Gelegenheit, ein Freilandlabor, in dem sie den unterseeischen Vulkanismus und seine Folgen für marine Ökosysteme direkt studieren können.

Einzigartiges Freilandlabor

„Das liefert uns eine fantastische Möglichkeit etwas über Prozesse zu erfahren, die wir niemals zuvor direkt beobachten konnten“, so der Forscher. „Wenn Vulkane im Flachwasser ausbrechen, können sie extrem gefährlich werden und Tsunamis und große Explosionen auslösen. Aber hier können wir eine Eruption in der Tiefsee sicher beobachten und wertvolle Informationen darüber sammeln, wie beispielsweise heiße Lava und Meerwasser interagieren.“

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Um noch näher dran zu sein, nutzten die Forscher “Jason”, einen ferngesteuerten Tauchroboter der Woods Hole Oceanographic Institution. „Es war erstaunlich, wie nah Jason an den ausbrechenden Schlot herankam. Der hohe Druck in der Tiefe von 520 Metern verhindert, dass die Eruption zu explosiv wird.“ Einige der beeindruckendsten Beobachtungen machten die Wissenschaftler, als der Feuerberg langsam Lava aus dem Schlot ausstieß. „Als dies geschah, bebte der Untergrund vor uns und gewaltige Blöcke wurden aus dem Weg geschoben, um Raum für die aus dem Schlot quellende frische Lava zu schaffen.

Garnelen haben sich besonders erfolgreich an die vulkanischen Bedingungen angepasst. © NSF

Besondere Lebensgemeinschaft

„Während der Schlot gewachsen ist, hat sich auch die Population der auf dem Vulkan lebenden Tiere erhöht“, berichtet Chadwick. „Noch versuchen wir herauszufinden, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Anstieg der vulkanischen Aktivität und dem der Populationsdichte gibt.“ Die Tiere in diesem ungewöhnlichen Lebensraum, meist Garnelen, Krebse, Seepocken und Schnecken, sind speziell an die hier herrschenden Bedingungen angepasst. „Sie gedeihen in chemischen Bedingungen, die für normale Meerestiere giftig wären. Doch hier ernährt der Vulkan das Leben um ihn herum sogar.“

Die meisten Tiere profitieren von den zahlreichen hydrothermalen Quellen in der Umgebung des Feuerbergs. Denn diese liefern ihnen Nahrung in Form von dichten Bakterienmatten, die die Felsen bedecken. „Es scheint so, dass sich diese diffusen Quellen seit 2006 ausgebreitet haben und mit ihnen auch die Vent-Organismen“, erklärt Verena Tunnicliffe, Biologin der Universität von Victoria. „Es gibt auf dem Vulkan eine große Biomasse von Garnelen, zwei der Arten sind besonders gut an die vulkanischen Bedingungen angepasst.“

Garnelen nutzen Vulkan als Nahrungslieferant

“Die Loihi-Garnele weidet die Bakterienmatten mit winzigen Zangen ab, schneidet sie wie mit einer Gartenschere“, so Tunnicliffe. Diese Krebsart war bisher nur von einem kleinen aktiven Vulkan vor Hawaii bekannt. „Die zweite Art weidet als Jungtier zunächst auch, sobald sie jedoch ausgewachsen sind, vergrößern sich ihre vorderen Scheren und sie werden zu Prädatoren. Wir haben an den giftigen Vulkangasen sterbende Fische, Tintenfische und ähnliches auf den Kegel herunterregnen gesehen. Dort wurden sie von den Vulkangarnelen angefallen – eine nette Anpassung an die giftigen Effekte des Vulkans.“

(National Science Foundation (NSF), 07.05.2009 – NPO)

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