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Umwelt

Unmengen von Mikroplastik schwimmen im Rhein

Der Rhein gehört weltweit zu den am stärksten mit Plastikmüll verschmutzten Strömen

Probe aus dem Rhein bei Duisburg in 15-facher Vergrößerung, auffallend sind die vielen PLastikkügelchen. © Universität Basel/ Thomas Mani

Schwimmende Plastikfracht: Im Rhein schwimmt so viel Mikroplastik wie in kaum einem andren Fluss weltweit: Auf Höhe des Ruhrgebiets sind es fast vier Millionen Plastikpartikel pro Quadratmeter, wie Forscher ermittelt haben. Im Durchschnitt schwemmt der Rhein täglich eine Fracht von mehr als 191 Millionen Plastikteilchen in Richtung Nordsee. Der Fluss ist damit eine der großen Quellen von Mikroplastik ins Meer, so die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“.

Mikroplastik ist längst überall: Die winzigen Kunststoffpartikel finden sich inzwischen in unseren Flüssen und Seen, aber auch in Salz, in Mineralwasser und Bier und sogar in Honig. Das Mikroplastik entsteht bei der Zersetzung größerer Plastikteile, aber wird auch aus Reinigungsmitteln oder Textilien direkt ins Abwasser gespült.

Wie belastet der Rhein ist, haben nun Patricia Holm von der Universität Basel und ihre Kollegen erstmals auf ganzer Länge des Flusses untersucht. Sie entnahmen dafür dem Rhein zwischen Basel und Rotterdam an elf Standorten Wasserproben und analysierten, wie viel und welches Mikroplastik sich im Flusswasser fand.

Die Proben des Oberflächenwassers wurden mit einem sogenannten Manta Trawl genommen, hier bei Köln-Porz. © Universität Basel/ Thomas Mani

191 Millionen Teilchen täglich

Das Ergebnis: Egal, wo entlang der gut 800 Flusskilometer die Forscher schauten, überall fanden sie reichlich Mikroplastik. Im Durchschnitt enthält der Rhein 892.777 Partikel pro Quadratkilometer oder 4.960 Plastikteilchen pro 1.000 Kubikmeter Wasser. Das ist nach Angaben der Wissenschaftler weit mehr als beispielsweise im ebenfalls mit Mikroplastik belasteten Genfer See oder dem Eriesee in den USA.

„Die Konzentrationen von Mikroplastik im Rhein liegen damit im Bereich der höchsten Konzentrationen der bisher weltweit untersuchten Gewässer“, sagt Studienleiterin Holm. „Gehen wir von der mittleren Mikroplastik-Konzentration am Tag der Probenahme in Rees aus, trägt der Rhein täglich eine Fracht von mehr als 191 Millionen Plastikteilchen in Richtung Nordsee, und das allein an seiner Oberfläche.“

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Anzahl Mikroplastik-Teilchen an der Wasseroberfläche pro 1000 Kubikmeter nach Probestandorten und Kategorie. © IKSR/ Thomas Mani

Am höchsten im Ruhrgebiet

Im Jahr schwemmt der Rhein damit rund zehn Tonnen Mikroplastik in die Nordsee und trägt damit zur ohnehin gravierenden Plastikvermüllung der Ozeane bei. Das Fatale daran: „Jedes einzelne dieser vielen Milliarden Plastikteilchen kann von Organismen aufgenommen werden und schädliche Auswirkungen haben“, erklärt HoIm. Denn nicht nur das Plastik selbst schadet, an den Kunststoffpartikeln reichern sich zudem Umweltgifte an, die so in die Nahrungskette gelangen.

Woher das Mikroplastik im Rhein stammt, ist nicht eindeutig zu bestimmen. Allerdings spiegeln die unterschiedlich hohen Konzentrationen entlang des Flusses auch die möglichen Quellen wider. So ist der Rhein im Oberlauf zwischen Basel und Mainz mit gut 200.000 Partikel pro Quadratkilometern noch relativ gering belastet. Deutlich mehr wird es um Köln und am höchsten ist die Mikroplastik-Menge in der Rhein-Ruhrregion. Hier schwimmen mehr als 2,3 Millionen Partikel pro Quadratkilometer Fluss.

Rätselhafte Kügelchen

Am häufigsten fanden die Forscher Mikroplastik in Form von kleinen Kügelchen, aber auch Fragmente und Fasern, wie sie beispielsweise aus Fleece-Textilien freigesetzt werden. „Auffallend ist der enorm hohe Anteil von bis zu über 60 Prozent Mikrokügelchen in gewissen Flussabschnitten“, sagt Erstautor Thomas Mani von der Universität Basel. Woher diese Kügelchen stammen und wofür sie hergestellt werden, ist jedoch unklar.

Unter den Kunststoffarten sind Polyethylen, Polypropylen und Polystyrol am stärksten vertreten. Diese werden in der Industrie unter anderem für Verpackungen, Innenausstattung und im Fahrzeugbau verwendet. „Angesichts unserer Ergebnisse unterstreichen wir die Dringlichkeit von sofortigen Maßnahmen, um den Plastikmüll zu begrenzen“, betonen die Forscher. „Bisher sind gesetzliche Regelungen in den meisten europäischen Ländern fehlend oder unzureichend.“ (Scientific Reports, 2015; doi: 10.1038/srep17988)

(Universität Basel, 09.12.2015 – NPO)

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