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Medizin

Tutanchamun: Starb er an Sichelzellenanämie statt Malaria?

Tropenmediziner äußern Zweifel an mutmaßlicher Todesursache des Pharaos

Tutanchamuns Totenmaske © CC-by-sa 3.0

Woran starb der ägyptische Pharao Tutanchamun? Diese Frage schien im Febraur 2010 geklärt, als ein Ägyptologe Belege für eine Malaraiinfektion des jungen Königs und eine Knochenkrankheit etndeckten. Doch deutsche Tropenmediziner widersprechen dem nun. Ihrer Ansicht nach passen die medizinischen Befunde besser zu einer Sichelzellenanmämie – einer erblichen Krankheit, die in Malariagebieten sehr häufig ist.

Der ägyptische Pharao Tutanchamun, der vermutlich von 1332 bis 1323 vor Christus regierte, hüllt sich bis heute in Rätsel. Als Howard Carter 1922 seine Mumie in einem verborgenen, unplünderten Grab im Tal der Könige entdeckte, sorgte zunächst vor allem die prachtvolle Goldmaske für Aufsehen. Doch auch seine Herkunft und sein früher Tod waren lange Zeit rätselhaft. Lange Zeit kursierten Annahmen, Tutanchamun sei ermordet worden, doch vermeintliche Indizien dafür stellten sich als falsch heraus.

Genfragmente des Malariaerregers nachgewiesen

Im Februar 2010 veröffentlichten Forscher um den Ägyptologen Zahi Hawass in der amerikanischen Zeitschrift „Journal of the American Medical Association“ (JAMA), dass sie in der Mumie Tutanchamuns mit Gentests spezifische Gen-Abschnitte des Malariaparasiten Plasmodium falciparum nachgewiesen hatten. Gleichzeitig zeigten computertomographische Aufnahmen neben umschriebenen Knochendefekten zwei verkürzte Mittelfußknochen des linken Fußes. Aufgrund dieser Befunde vermutete die Gruppe um Hawass eine Malaria in Kombination mit der so genannten Köhlerschen Knochenkrankheit als Todesursache Tutanchamuns.

Tod durch Sichelzellkrankheit wahrscheinlicher?

Mediziner des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) stehen dieser These jedoch kritisch gegenüber: „Malaria in Kombination mit der Köhler-Krankheit als Grund für den frühen Tod Tutanchamuns erscheint uns eher unwahrscheinlich“, erklären Christian Timmann und Professor

Christian Meyer vom BNI. Sie vermuten vielmehr eine Erbkrankheit als eigentliche Todesursache: „Die Sichelzellkrankheit ist eine wichtige Differenzialdiagnose, die man mit dem vorhandenen DNA-Material vermutlich bestätigen oder ausschließen kann.“

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Weitere DNA-Tests nötig

In einem heute ebenfalls in der Fachzeitschrift JAMA veröffentlichten Kommentar schlagen die Forscher vor, den Pharao mit weiteren DNA-Tests zu untersuchen, um die Sichelzellkrankheit als Todesursache nachzuweisen oderauszuschließen. Den Wissenschaftlern war aufgefallen, dass sich die Daten, die Hawass und seine Kollegen veröffentlicht hatten, unter Berücksichtigung von Aspekten der medizinischen Radiologie, der genetischen Epidemiologie und der Malariaforschung auch anders interpretieren lassen.

Laut Timmann seien die radiologischen Ergebnisse der Gruppe um Hawass zwar mit der Köhlerschen Erkrankung vereinbar, doch seien diese Defekte ebenso für die Sichelzellkrankheit typisch. „Tropenmedizinern ist außerdem bekannt, dass in Malariagebieten Todesfälle aufgrund von Malaria meist im Kindesalter auftreten“, erklärt Timmann. Tutanchamun sei jedoch erst im jungen Erwachsenenalter gestorben, womit eine tödlich verlaufende Malariainfektion wenig plausibel scheine.

Sichelzellkrankheit in Malariagebieten häufig

Bei der Sichelzellkrankheit nehmen die roten Blutzellen unter bestimmten Bedingungen eine Sichelform an, verschließen Blutgefäße und können dadurch Organe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgen. Sind Knochen betroffen, können Knochenläsionen die Folge sein. „Die genetischen Anlagen für die Erbkrankheit werden in den Regionen gefunden, in denen Malaria gehäuft auftritt oder auftrat, unter anderem auch im alten und modernen Ägypten. Die Sichelzellkrankheit kann sich erst dann manifestieren, wenn ein Nachkomme von beiden Elternteilen Sichelzellanlagen geerbt hat – eine so genannte rezessive Vererbung also“, erklärt Meyer.

Gleich mehrere Aspekte sind grundsätzlich mit dem Erbgang und dem Auftreten einer Sichelzellkrankheit in der königlichen Dynastie vereinbar. Dazu zählen der vorgeschlagene Stammbaum sowie die gängie Praxis der Geschwisterehe unter den Pharaonen. Die Heirat unter engen Verwandten erhöht die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer rezessiven Erbkrankheit ebenso wie das angenommene höhere Alter vieler Familienmitglieder der Tuthmosidenlinie.

(Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, 24.06.2010 – NPO)

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