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Zoologie

Tropen-Vögel legen weniger Eier

Temperaturunterschied zwischen Sommer und Winter ist wesentlicher Faktor für die Gelegegröße von Vögeln

Der Gänsegeier brütete früher in Deutschland und legt nur ein Ei pro Jahr. © Carsten Braun / Institut für Zoologie der Universität Mainz

9.700 Vogelarten gibt es ungefähr weltweit. Manche von ihnen legen zehn Eier in ihr Nest, andere nur eines. Wissenschaftler haben nun in der Fachzeitschrift „PLoS Biology“ neue Erkenntnisse dazu vorgelegt, welche Faktoren für die Gelegegröße entscheidend sind. Ergebnis: Je größer der Temperaturunterschied zwischen Sommer und Winter ist, desto mehr Eier produzieren Vögel.

„Wir stellen ein eindeutiges Nord-Süd-Gefälle fest“, sagt Professorin Katrin Böhning-Gaese vom Institut für Zoologie der Universität Mainz. Zusammen mit Kollegen von der University of California San Diego und der Stanford University war sie für die neue Studie verantwortlich. „In nördlicheren Ländern legen die Vögel mehr Eier, in den Tropen weniger.“

Kohlmeisen legen sieben bis zehn Eier in ihr Nest, das Rebhuhn oft bis zu 20 oder mehr. Dagegen finden sich in den Nestern von Ringeltauben nur jeweils zwei Eier, allerdings mehrmals pro Jahr. Der Gänsegeier, der früher auch bei uns in Deutschland brütete, legt sogar nur ein Ei pro Nest und Jahr.

Um diese Unterschiede zu erklären, entwickelten Wissenschaftler bislang zwei unterschiedliche Ansätze: Entweder die Gelegegrößen wurden mit biologischen Eigenschaften wie beispielsweise dem Körpergewicht in Verbindung gebracht oder aber es wurden Umweltfaktoren wie etwa das Klima herangezogen.

5.300 Vogelarten untersucht

In der neuen Studie kombinierten die Forscher die beiden Ansätze und griffen zudem auf den weltweit größten Datensatz zu. „Wir haben knapp 5.300 Vogelarten mit ihren unterschiedlichen Merkmalen erfasst und untersucht. Das ist bei weitem die umfangreichste Datensammlung, die es gibt“, so Cagan Sekercioglu, ein Mitautor der Studie.

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Das Rebhuhn legt 10 bis 20, maximal auch 29 Eier. © Carsten Braun / Institut für Zoologie der Universität Mainz

Der Vogelexperte weist allerdings auch darauf hin, dass die Datenlage nicht ganz einheitlich ist. Während beispielsweise die Briten als fanatische Hobby-Ornithologen in den früheren Kolonien die Vogelbestände genau beobachtet und ihre Erkenntnisse niedergeschrieben haben, weshalb Länder wie Indien hervorragend dokumentiert sind, liegen aus Ozeanien nur für etwa 16 Prozent der Arten Daten vor.

Die Auswertung des riesigen Datensatzes zeigte, dass man mit nur wenigen Faktoren erklären kann, wie viele Eier ein Vogelweibchen normalerweise in ein Nest legt. Ist der Temperaturunterschied zwischen Sommer und Winter groß, produzieren die Vögel viele Eier. Ist er eher gering, ist das Gelege in der Regel kleiner. Das erklärt nach Angaben der Forscher die größere Eieranzahl in Europa und Nordamerika und die geringere Gelegegröße in den Tropen.

Nesthocker legen weniger Eier als Nestflüchter

„Bei den tropischen Vögeln zum Beispiel bekommen die Grasmücken nur zwei Junge, die aber von den Eltern noch nach zwei Monaten gehegt, gepflegt und gefüttert werden“, erklärt Böhning-Gaese. „Also wenig Nachwuchs, der aber so gut wie nur möglich versorgt wird.“ Weiter stellten die Forscher fest, dass Nesthocker wie Amseln und Meisen weniger Eier legen als Nestflüchter, wozu die Hühnervögel zählen. Höhlenbrüter wie Meisen und Spechte haben ein größeres Gelege als Offennestbrüter.

„Das ist eigentlich erstaunlich, das ist von Untersuchungen über das Überleben von Vogelbeständen nicht zu erwarten, sind doch die Höhlenbrüter besser vor Räubern geschützt“, so die Wissenschaftlerin. Die Körpergröße der jeweiligen Vogelart ist dagegen viel weniger wichtig für die Eieranzahl, als erwartet worden wäre.

Die Zusammenführung von zwei Denkansätzen in einer Analyse markiert einen Wendepunkt in der Forschung: Was früher in Einzeldisziplinen zerfallen ist, wird nun wieder zusammengeführt zu einer neuen Synthese. Profitieren könnte davon auch der Umwelt- und Artenschutz. Walter Jetz, Erstautor der Studie, merkt an: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass nicht nur der Lebensstandort von Arten, sondern auch deren Lebensweise eng mit dem Klima abgestimmt sind. Rapide Änderungen des Klimas können damit lang evolvierte Verknüpfungen von Verhalten und Klima zerrütten und damit Arten zusätzlich gefährden.“

Die Kohlmeise legt sieben bis zehn Eier. © Carsten Braun / Institut für Zoologie der Universität Mainz

Albatrosse vom Aussterben bedroht

Böhning-Gaese ergänzt: „Wir können mit solchen Analysen die durchschnittliche Gelegegröße einer Vogelart irgendwo auf der Erde mit großer Wahrscheinlichkeit richtig voraussagen. Dies kann auch helfen, bestimmte Arten vor dem Aussterben zu schützen. Arten, die wenig Eier legen sind durch den Eingriff des Menschen, bei Umweltkatastrophen und auch durch globale Klimaveränderungen stärker gefährdet als andere.“

Ein Beispiel sind die Albatrosse, von denen viele Arten in zwei Jahren nur ein Ei legen und die unter anderem durch die Langleinen-Fischerei im südlichen Polarmeer vom Aussterben bedroht sind.

(idw – Universität Mainz, 10.12.2008 – DLO)

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