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Geowissen

Tornadoland Deutschland?

DWD: 15 bis 30 Wirbelstürme jährlich

Zwei Tote, 300.000 Menschen ohne Strom und Schäden in Millionenhöhe: Dies ist die Bilanz der schweren Unwetter und des Tornados, die am Montag gegen 19.30 Uhr vor allem den Süden Hamburgs verwüsteten. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war die Hamburger Windhose, die mit einer Geschwindigkeit von 150 Kilometern pro Stunde durch den Stadtteil Harburg raste, der erste Tornado in diesem Jahr in Deutschland.

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Doch er wird vermutlich nicht der einzige bleiben: Laut dem DWD werden jährlich etwa 15 bis 30 Tornados beobachtet, meist im Sommer bei gewittrigen Wetterlagen. Prinzipiell können diese aber, so die Meteorologen, jederzeit, bei starker Labilität der Luftmasse und Gewittern auftreten. Eindeutig bevorzugte Gegenden oder Zugbahnen gibt es laut dem Deutschen Wetterdienst in Deutschland allerdings nicht.

Da das Phänomen nur sehr selten auftritt und – anders als in den USA – hierzulande auch nur wenige Minuten existiert, sind Tornadowarnungen nach Angaben der DWD-Wissenschaftler praktisch nicht möglich. Auch die Fernerkundungsgeräte des DWD, wie Satelliten und Wetterradar, bildeten den Harburger Tornado nicht ab.

Wie es zu dieser brisanten Wetterlage kam, ist für die Wissenschaftler des Deutschen Wetterdienstes klar: Während der Südwestwetterlage am Wochenende wurden sehr warme und labile Luftmassen aus Frankreich und dem Benelux-Gebiet herangeführt. Gleichzeitig näherte sich von England in der Höhe eine neue Kaltluftmasse, die über den englischen Kanal und die südliche Nordsee nach Holland eindrang. Dort kam es, so der DWD, zur Mischung der beiden Luftmassen und zunehmend zu einer labilen Wettersituation.

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„Funnel“ über Bremen

Gewitterlinien, von den Fachleuten „Squall-Lines“ oder auch „Böenwalzen“ genannt, entstanden dann – nicht unerwartet – am Montagnachmittag über dem Nordwesten Deutschlands. Starke Scherungen des Windes wurden dabei beobachtet. Nach den Ergebnissen des DWD drehte der Wind vom Boden bis in etwa zwei Kilometer Höhe um etwa 70 Grad und die Geschwindigkeit nahm von etwa zehn auf 80 Stundenkilometer zu. Rasch zogen die Schauer und Gewitterzellen in breiter Linie ostwärts.

Zwischen 17 und 18 Uhr wurde, so der DWD, bei Bremen kurzzeitig bereits ein so genannter ‚Funnel‘ beobachtet, das heißt ein kleines Stück Tornadoschlauch, das nicht den Boden berührte und daher keine weiteren Schäden verursachte.

Böenwalzen kommen nach Angaben der Meteorologen zu dieser Jahreszeit selten vor. Häufiger sind diese Ereignisse im Zusammenhang mit sommerlichen Gewittern, weit vor der eigentlichen Kaltfront. Der beeindruckende Aufzug aus Gewitterwolken mit ausgefransten Rändern erscheint oft als grau-schwarze heranziehende Wand, die von Horizont zu Horizont reicht.

In zwei Minuten ist alles vorbei

Der Durchzug eines solchen Ereignisses ist meist mit plötzlich auftretenden Winden, oft auch mit Sturmböen und kräftigen Schauern verbunden. Bei einer Böenwalze handelt es sich um einen Luftwirbel, der sich um eine horizontale Achse dreht. In einem Tornado bewegt sich die Luft um eine vertikale Achse. Manchmal bilden sich entlang einer Böenwalze ‚Funnels‘, die sich aber nur sehr selten zu einem Tornado mit Bodenberührung auswachsen.

Viele der rund um Hamburg aufgetretenen Sturmschäden sind laut dem DWD wahrscheinlich auf die starken Winde der Böenwalze zurückzuführen, während in Hamburg-Harburg eindeutig ein echter Tornado beobachtet wurde. Die Lebensdauer solcher Tornados wie der in Hamburg beträgt selten mehr als ein bis zwei Minuten. In dieser Zeit können sie allerdings innerhalb einer Schneise von einigen hundert Metern beträchtliche Schäden anrichten.

(DWD, 29.03.2006 – DLO)

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