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Geowissen

Tiefenwasser übertrifft Eisschilde

Unterhalb von zwei Kilometer Tiefe gibt es rund doppelt so viel Wasser wie bisher gedacht

Stollen
Mehr als zwei Kilometer tief unter der Erdoberfläche gibt es doppelt so viel Wasser wie bisher angenommen. © Herraez/ Getty images

Verborgenes Nass: Unter der Oberfläche der Kontinente gibt es doppelt so viel Tiefenwasser wie gedacht, wie eine Studie enthüllt. Demnach enthält das Gestein in zwei bis zehn Kilometern Tiefe rund 20 Millionen Kubikkilometer Wasser – fast fünfmal so viel wie das Mittelmeer. Zusammen mit dem „normalen“ Grundwasser löst dieses unterirdische Wasserreservoir damit die Eisschilde als zweitgrößten Wasserspeicher unseres Planeten ab.

Für unsere Wasserversorgung ist vor allem das Grundwasser von entscheidender Bedeutung – das Wasser, das in bis zu zwei Kilometer Tiefe in Aquiferen liegt. Diese Grundwasservorkommen machen rund 30 Prozent des irdischen Süßwasservorrats aus. Noch mehr Wasser gibt es in den Eisschilden und Gebirgsgletschern, die zusammen rund 68 Prozent des irdischen Süßwassers enthalten. Sie sind damit nach den Ozeanen das zweitgrößte Wasserreservoir unseres Planeten – so jedenfalls dachte man bisher.

Dem Tiefenwasser auf der Spur

Doch es gibt noch ein Wasservorkommen auf unserem Planeten: das tief unter den Grundwasser-Aquiferen in der Erdkruste gespeicherte Tiefenwasser. Dieses bisher unterschätzte Reservoir beginnt in rund zwei Kilometer Tiefe und reicht hinunter bis in etwa zehn Kilometer. „In diesen Tiefen gibt es eine enorme Mengen an größtenteils salzigem und nicht trinkbarem Grundwasser – ein Volumen, das bisher auf globaler Ebene nicht verlässlich quantifiziert wurde“, erklären Grant Ferguson von der University of Saskatchewan und seine Kollegen.

Wie viel Wasser sich wirklich in diesen Tiefen verbirgt, haben die Geologen nun näher untersucht. Für ihre Studie kartierten sie die Verteilung von Sedimentgestein und kristallinem Fels und ermittelten die Porosität dieser Gesteine in Abhängigkeit von ihrer Tiefe. Aus diesen Werten entwickelten sie ein Modell, mit den sie den wahrscheinlichen Wassergehalt dieser Gesteine berechnen konnten.

20 Millionen Kubikkilometer – doppelt so viel wie gedacht

Das Ergebnis: In Tiefen zwischen zwei und zehn Kilometer Tiefe gibt es weltweit rund 20 Millionen Kubikkilometer Wasser – das ist fast doppelt so viel wie bisher angenommen und entspricht fast dem fünffachen Volumen des Mittelmeeres. Rechnet man die rund 24 Millionen Kubikkilometer Grundwasser der oberen zwei Kilometer Tiefe hinzu, sind damit in der Erdkruste rund 44 Millionen Kubikkilometer Wasser gespeichert.

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Wasserspeicher
Anteile der verschiedenen Reservoire am irdischen Wasser. © AGU/ Geophysical Research Letters

„Diese neue Schätzung macht Grundwasser zum größten Wasserreservoir der irdischen Landmassen, noch vor den Eisschilden“, schreiben Ferguson und sein Team. Sollte sich dies bestätigen, muss die Rangfolge der irdischen Wasserreservoire umgeschrieben werden: Auf die Ozeane folgen demnach nicht die Eismassen, sondern die in den oberen zehn Kilometern der Erdkruste gespeicherten Wasservorkommen.

Salzig, isoliert und uralt

Allerdings: Dieses kontinentale Tiefenwasser ist größtenteils ziemlich salzhaltig und noch dazu seit Jahrmillionen von der Oberfläche abgeschnitten. 2013 belegten Proben aus einem in Kanada in 2,4 Kilometer Tiefe entdeckten Wasserreservoir, dass dieses urzeitliche Wasser sogar schon 1,5 Milliarden Jahre von der Außenwelt isoliert war – es ist das älteste jemals entdeckte Wasser der Erde.

Weil das Tiefenwasser salzig und dicht ist und zudem oft unter undurchlässigen Gesteinsschichten liegt, gelangt es nicht von selbst an die Oberfläche und wird auch kaum durch Sickerwasser ergänzt. Anders als das Wasser der Meere, Flüsse oder Eismassen nimmt dieses verborgene Tiefenwasser daher auch kaum am Wasserkreislauf teil – und ist auch für die Trinkwassergewinnung ungeeignet.

Neuer Blick aufs irdische Wasser und die Tiefe Biosphäre

Wichtig ist das Wissen um dieses Tiefenwasser aber trotzdem, wie die Geologen erklären. Zum einen erweitert dies unser Bild der geochemischen Kreisläufe und die gesamten Wasservorräte unseres Planeten. Denn schon länger legen Studien nahe, dass die Erde in ihrem Inneren enorme Wassermengen gespeichert haben könnte. Allein in den Mineralien am Übergang von oberen zum unteren Erdmantel könnte mehr Wasser gebunden sein als in allen Weltmeeren zusammen. Diese verborgenen Reservoire werden nun um das Tiefenwasser in der Erdkruste ergänzt.

Zum anderen könnte dieses uralte Wasser wertvolle Einblicke in die Vergangenheit geben und sogar noch urzeitliche Mikroben beherbergen. „Wenn es flüssiges Wasser gibt, dann gibt es dort höchstwahrscheinlich auch Mikroben“, sagt die Mikrobiologin Jennifer Biddle von der University of Delaware. Das wiederum bedeutet, dass die Tiefe Biosphäre noch ausgedehnter sein könnte als bislang angenommen.

Auch für andere Planeten wie den Mars lässt die Existenz des Tiefenwassers Rückschlüsse zu: „Wenn es tiefes Grundwasser auf dem Mars gibt und der Mars früher lebensfreundlich war, dann könnte es in diesem Wasser noch Mikroben geben“, sagt Biddle. (Geophysical Research Letters, 2021; doi: 10.1029/2021GL093549)

Quelle: American Geophysical Union (AGU)

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