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GeoUnion

Steinzeit in 3D

Geoinformatiker digitalisieren Tempelsäulen

Scan-Arbeiten an den großen Fuchs-Pfeilern an der Grabungsstelle. Von links: Christian Bühler, Theo Kesapidis und Prof. Tilman Müller am Laptop. © Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft

Die Gegend zwischen Euphrat und Tigris im Südosten der Türkei gilt als eine der Wiegen der Menschheit. Bereits vor einigen Jahren wurde nahe der Stadt Sanliurfa eine mehr als 12.000 Jahre alte Tempelanlage entdeckt. Mithilfe modernster Lasertechnik haben nun Geoinformatiker der Fachhochschule Karlsruhe einen Teil der Ausgrabungsfunde dreidimensional digitalisiert. Auf dieser Grundlage werden für eine Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg einige monumentale Steinsäulen millimetergenau rekonstruiert.

Die Tempelanlage liegt im Südosten der Türkei nahe der Stadt Sanliurfa am Berg des „Göbekli Tepe“ – ein Ort, der unter Fachleuten als eine der interessantesten archäologischen Entdeckungen der letzten Jahre gilt. „Dies ist keine Siedlung, sondern ein Platz für Tempel, so gewaltig“, betont Klaus Schmidt vom Deutschen Archäologischen Institut in Berlin, „dass er nur in vielen Kampagnen ausgegraben werden kann.“ Das Alter der Tempelanlage ist inzwischen auf 8.000 bis 12.000 Jahre datiert – weitaus älter als die berühmten Steinkreise von Stonehenge in England.

Steinsäulen mit Tiermotiven

„Die bisher freigelegten Anlagen sind jeweils kranzförmig angelegt und werden von zwei sehr großen und mehreren kleinen megalithischen Pfeilern begrenzt“, erklärt Schmidt, „in ihrer Zahl und mit einer Höhe von bis zu fünf Metern waren solche Pfeiler bisher unbekannt.“ Eine ganze Reihe von T-Pfeilern mit breitem Kopf und schlankerem Schaft, die eine Menschengestalt nachahmen, hat Schmidts Team bereits ans Licht gebracht. „Sie sind mit Tierreliefs verziert“, so der Archäologe, „sie stellen also Tiere als Begleiter von Menschen dar. Jeder Pfeiler ist ein Individuum mit unterschiedlichen Tierkombinationen, wobei am häufigsten Schlangen, Füchse, Wildschweine, Vögel und Stiere abgebildet sind.“

Steinsäule mit drei Tieren (von oben: Stier, Fuchs und Kranich) © Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft

Diese Steinsäulen wurden nun von Wissenschaftlern der Fakultät für Geoinformationswesen der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft dreidimensional gescannt und digitalisiert. Im Rahmen ihrer Diplomarbeiten brachten Christian Bühler und Theo Kesapidis hierzu einen hochpräzisen 3D-Scanner zum Einsatz. Dieser arbeitet im so genannten Lichtschnittverfahren, das heißt, der Laser projiziert eine Linie, die von einem zweiten Objektiv erfasst und ausgewertet wird. Solche Scanner erzeugen viele tausend Bildpunkte und ermöglichen in sehr kurzer Zeit eine Vielzahl an Messungen. Auch komplizierte Objekte lassen sich dreidimensional und berührungslos erfassen – eine Grundvoraussetzung für die Arbeiten am „Göbekli Tepe“, da die Stelen in keiner Weise beschädigt werden durften.

3D-Modell als Vorlage für Exponate

Anders als andere Scanner kann dieses hochpräzise Gerät jedoch nur vergleichsweise kleine Flächen scannen. Daher nahmen die beiden Studierenden eine Vielzahl kleiner und sich überlappender Teilbereiche aller Seiten der Säulen auf. Am Computer fügen sie diese vielen Teilstücke in den nächsten Wochen wieder zu kompletten Modellen zusammen. Als Ergebnis erhalten die Wissenschaftler geometrisch exakte 3D-Modelle, die wiederum als Vorlage für millimetergenaue Nachbildungen der Steinsäulen dienen sollen. Diese können dann im Jahr 2007 in der großen Landesausstellung des Landes Baden-Württembergs mit dem Titel „Anatolien vor 12.000 Jahren – die ältesten Monumente der Menschheit“ bewundert werden.

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Simulation der Steinsäulen am Computer © Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft

„Neben Fundstücken vom Göbekli Tepe werden dabei auch Exponate von rund 25 weiteren Fundplätzen aus der Türkei zu sehen sein und Einblick in die Verhältnisse und Lebensumstände der Steinzeitmenschen ermöglichen“, so Clemens Lichter, Koordinator des Badischen Landesmuseums Karlsruhe an der Ausgrabungsstätte. „Bei dieser Ausstellung werden wir den Besuchern neben Originalfunden auch anschauliche Siedlungsmodelle und millimetergenaue Kopien der monumentalen Stelen des Göbekli Tepe präsentieren“.

Für die beiden Geoinformatiker der Hochschule Karlsruhe ist die Aufgabe am „Göbekli Tepe“ und damit ihr Ausflug in die Steinzeit vorerst beendet. Doch noch hat die Tempelanlage viele Geheimnisse nicht preisgegeben. Wer waren die Erbauer? Welchem Zweck diente dieser Ort genau? Auf die Archäologen wartet weiterhin genügend Arbeit und möglicherweise werden sie in den nächsten Jahren weitere Geheimnisse dieser uralten Tempelanlagen ans Tageslicht bringen.

(Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft, 26.12.2005 – AHE)

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