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Geowissen

Steine schreiben Erdbebengeschichte

Was in Tiefen passiert, wo keine Bohrung hinreicht

Modell der Schädigung der Kruste in 10 bis 15 km Tiefe bei großen Erdbeben. Die Schäden in Folge der ruckartigen Verschiebung und Spannungsumverteilung lassen sich nicht direkt analysieren, da selbst die tiefsten Bohrungen die mittlere Erdkruste nicht erreichen. Nur Verschiebungen (mm/Jahr) an der Erdoberfl äche als Auswirkungen eines langsamen Spannungsabbaus und des Ausheilens der Schäden in der Tiefe sind mit hochaufl ösenden geodätischen Verfahren (GPS; InSAR) heute messbar. © RUB

Dass große Erdbeben auch in der unteren Erdkruste einschneidende Folgen verursachen, haben Wissenschaftler lange nicht in Betracht gezogen. Im dort zäh fließenden Gestein bauen sich Spannungen schneller ab, als man bislang dachte. In ihren Strukturen und Gefügen dokumentieren Steine Erdbebengeschichte, die Geologen der Ruhr-Universität Bochum nutzen wollen, um die Vorgänge während und nach Erdbeben zukünftig besser eingrenzen zu können.

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Moderne Verfahren der Geodäsie ermöglichen es heute, Verschiebungen an der Erdoberfläche von Millimetern bis Zentimetern pro Jahr zu erfassen. Bei geeigneten Modellen zum Materialverhalten ließe sich davon auf die Prozesse in der Tiefe schließen. Die dafür notwendigen Informationen erhalten die Forscher aus dem „Schadensbild“ von Gesteinen, die sich zur Zeit eines Erdbebens in Tiefen von zehn bis 20 Kilometer befanden und heute in Gebirgen an die Erdoberfläche treten.

Indem sie etwa die Gefüge von natürlich verformtem und experimentell unter kontrollierten Bedingungen erzeugtem Quarz miteinander vergleichen, lassen sich die Prozesse in der Erdtiefe nachvollziehen.

Erdbeben – einen Zyklus verstehen und berechnen

Erdbeben treten an Störungszonen, etwa dem „San-Andreas-Graben“ auf. Die Schadensanalysen der Geowissenschaftler zeigen, dass die Spannungen während eines Erdbebens in der spröden oberen Erdkruste innerhalb von Sekunden in die darunter liegenden Schichten umverteilt und über Monate bis Jahrhunderte abgebaut werden.

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Gleichzeitig wird die Störung wieder belastet, bis sie im nächsten Erdbeben erneut nachgibt und sich der Prozess wiederholt. Durch die Erfassung des mechanischen Zustands solcher Systeme, hoffen die Forscher das Erdbebenrisiko einmal bis auf Jahrzehnte eingrenzen zu können.

Einfaches Modell bereits im Einsatz

Ein erstes einfaches Modell abgeleitet vom Quarz ist bereits für die Abschätzung des Erdbebenrisikos an der Plattengrenze zwischen Pazifischer und Australischer Platte im Einsatz. Die Ergebnisse zeigen eine gute Übereinstimmung mit den in den letzten Jahren geodätisch bestimmten Verschiebungsgeschwindigkeiten an der Erdoberfläche – den „Nachwehen“ eines großen Erdbebens vor etwa 400 bis 450 Jahren. Die Forscher hoffen, dass ein entsprechend verfeinertes Modell auch für Erdbeben zum Einsatz kommen könnte, die in großen, über den Zeitraum moderner Datenerfassung hinausgehenden, Abständen auftreten.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 26.04.2007 – DLO)

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