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Klima

Steigt der Meeresspiegel schneller?

Neue Studie kommt auf Werte von knapp eineinhalb Metern

Der Meeresspiegel könnte in den kommenden Jahrzehnten noch schneller steigen als bislang erwartet. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, jetzt in „Science“ veröffentlichte Studie des deutschen Ozeanexperten Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Der Forscher kommt auf einen möglichen Anstieg von nicht nur bis zu 88, sondern sogar bis zu 140 Zentimetern bis Ende dieses Jahrhunderts.

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Infolge der Erderwärmung ist der globale Meeresspiegel im 20. Jahrhundert um knapp 20 Zentimeter angestiegen. Bislang gingen Wissenschaftler von einem weiteren Anstieg im 21. Jahrhundert um 9-88 Zentimeter aus, je nachdem, wie viel Treibhausgas wir emittieren und wie empfindlich das Klimasystem darauf reagiert.

Unterschätzen die Modelle den Anstieg?

Anlass für Rahmstorfs Studie war die Vermutung, dass Computermodelle des Klimas den heute bereits eingetretenen Meeresspiegelanstieg deutlich unterschätzen könnten. Zukunftsprojektionen zur Entwicklung des Meeresspiegels anhand dieser Modelle sind daher noch nicht zuverlässig. Anstelle von Klimamodellen beruht Rahmstorfs neue Studie auf empirischen Beobachtungen von Lufttemperaturen und Meeresspiegelveränderungen.

Anhand von Messdaten des 20. Jahrhunderts wies der Forscher einen engen Zusammenhang zwischen der globalen Temperaturerhöhung und der Geschwindigkeit nach, mit der sich der Meeresspiegel erhöht: je wärmer es wird, desto rascher steigt der Meeresspiegel. Bleibt dieser für das 20. Jahrhundert gefundene Zusammenhang auch für die kommenden 100 Jahre gültig, könnte der globale Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um 50-140 Zentimeter steigen.

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Verhalten der kontinentalen Eismassen schwer berechenbar

"Die Tatsache, dass wir mit unterschiedlichen Methoden so unterschiedliche Abschätzungen erhalten, macht deutlich, wie unsicher unsere gegenwärtigen Meeresspiegelvorhersagen noch sind," sagt Rahmstorf. Ein wesentlicher Grund für diese Unsicherheit ist das Verhalten der großen Kontinentaleismassen in Grönland und der Antarktis, das nur schwer berechenbar ist. "Für ein gegebenes Erwärmungsszenario könnten wir auch den doppelten Anstieg des Meeresspiegels bekommen als man bislang erwartet hat."

Nordatlantik besonders stark betroffen?

Ein Meeresspiegelanstieg von einem Meter oder mehr wäre eine sehr schlechte Nachricht für große Küstenstädte, da er die Sturmflutgefahr stark erhöhen würde. Besonders gefährdet sind Städte an den Küsten des Nordatlantik wie London oder New York. Der Meeresspiegel im nördlichen Atlantik könnte stärker steigen als anderswo, falls sich der Nordatlantikstrom abschwächt. Dies zeigte eine frühere Studie von Rahmstorfs Arbeitsgruppe im Jahr 2005.

Der Anstieg des Meeresspiegels kann begrenzt werden, indem in den kommenden Jahrzehnten der Ausstoß von Treibhausgasen stark verringert wird. Darüber hinaus können durch einen vorausschauenden Küstenschutz die Folgen des Meeresspiegelanstiegs vermindert werden. Stefan Rahmstorf ist Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam und gilt als einer der führenden Ozean- und Klimaexperten weltweit. Er hat über 50 Studien in internationalen Fachzeitschriften publiziert.

(Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 18.12.2006 – NPO)

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