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Paläontologie

Stegosaurier teilten kräftig aus

Forscher: Tiere besaßen tödlichen Peitschenschwanz

Kentrosaurus © Museum für Naturkunde

Der Dinosaurier Kentrosaurus aethiopicus besaß einen mit Stacheln bestückten Schwanz. Bisher nahm man jedoch an, dass der Schwanz nicht beweglich genug zur Verteidigung war. In gleich zwei neuen Studien haben Berliner Forscher diese Theorie nun widerlegt. Sie zeigten darin, dass sich die Tiere aus der Gruppe der Stegosaurier durchaus mit peitschenartigen Schlägen verteidigen konnten, die erstaunliche Geschwindigkeiten von mindestens 70 Kilometer pro Stunde erreichten.

Wie sein besser bekannter Verwandter Stegosaurus aus Amerika steht der am Berg Tendaguru gefundene tansanische Dinosaurier Kentrosaurus aethiopicus im Ruf, ein ziemlich wehrhafter Zeitgenosse gewesen zu sein. Doch obwohl er einen mit abschreckenden Stacheln bewehrten Schwanz hatte, argumentierten vor 100 Jahren die Leiter der Berliner Ausgrabungskampagne, Werner Janensch und Edwin Hennig, in ihren wissenschaftlichen Schriften, dass der Schwanz nicht beweglich genug gewesen sei, um sich eines Angreifers zu erwehren.

Ganz im Gegensatz zu Stegosaurus, dessen amerikanische Erforscher den Schwanz deutlich mobiler interpretierten. Als US-Wissenschaftler dann zu Lebzeiten abgebrochene Schwanzstacheln fanden und einen Raubsaurierwirbel, der mit einen Stachel zertrümmert worden war, stand fest: Stegosaurier verteidigten sich mit dem Schwanz gegen Angreifer.

Ein junger Allosaurier befindet sich gerade außerhalb der Reichweite des Kentrosaurus-Schwanzes © Museum für Naturkunde

Schwanzskelett rekonstruiert

Zwei neue Studien von Forschern am Museum für Naturkunde in Berlin in den Fachzeitschriften „Swiss Journal of Geosciences“ und „Palaeontologia Electronica“ demonstrierten nun, dass auch der Schwanz von Kentrosaurus durchaus sehr beweglich und kräftig war. Dazu montierten die Wissenschaftler hochauflösende Laser-Scans der einzelnen Knochen eines im Museum ausgestellten Skeletts in einer CAD Software zu einem digitalen Skelett zusammen und maßen anschließend die Beweglichkeit eines jeden Gelenks einzeln. Mit einer Physik-Software konnten sie dann auch ausrechnen, wie schnell und mit wie viel Kraft Kentrosaurus zuschlagen konnte.

„Je nachdem, mit wie viel Muskulatur man den Schwanz rekonstruiert und welches Bewegungsmuster man annimmt, kommt eine breite Spanne an möglichen Geschwindigkeiten heraus,“ sagt Heinrich Mallison, Wissenschaftler am Museum für Naturkunde. „Aber selbst bei vorsichtig gewählten Werten sind es schnell 70 Kilometer pro Stunde, und das über einen Winkel von fast 90 Grad. Wie Krokodile oder auch Warane und andere Reptilien heute benutzte der Dinosaurier aus Afrika vermutlich eine Peitschenbewegung. Damit lassen sich schnell sehr hohe Geschwindigkeiten erzeugen. Kentrosaurus konnte mindestens so viel Kraft aufbringen wie nötig gewesen wäre, um einem Menschen mehrere Rippen zu brechen – wenn es denn schon Menschen gegeben hätte.“

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Raubsaurier mussten aus dem Hinterhalt kommen

Gut gezielte Volltreffer brachten den Wissenschaftlern zufolge wohl ein Vielfaches an Kraft auf, und konnten die Stachelspitzen tief in den Körper eines Angreifers treiben. Nur aus dem Hinterhalt oder zu mehreren hatten Raubsaurier eine Chance gegen einen Stegosaurus, folgert der Paläontologe Mallison.

Die neuen Studien am Kentrosaurus zeigen deutlich, wie wichtig moderne Techniken in der Paläontologie geworden sind. „Das digitale Zeitalter in unserer Wissenschaft ist längst angebrochen, und wir finden ständig neue Wege, spannende Fragen über das Wachstum, die Lebensweise und das Verhalten der Dinosaurier zu beantworten“, sagt Daniela Schwarz-Wings, Saurier-Kuratorin am Museum für Naturkunde. Obwohl seit ihrer Ausgrabung ein Jahrhundert vergangen ist, bleiben an den Funden aus Tendaguru noch viele Aspekte für zukünftige Forschung. (Swiss Journal of Geosciences, Palaeontologia Electronica 2011)

(Museum für Naturkunde, 04.07.2011 – DLO)

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