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Klima

Schuttdecke beeinflusst Gletscherschmelze

„Schutt-Gletscher“ wegen abweichenden Verhaltens für Klima-Prognosen ungeeignet

Gipfel des Karakorum © Waqas Usman / CC-by-sa 3.0

Welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Gletscher des Himalaya hat, ist seit Jahren umstritten. Eine jetzt in „Nature Geoscience“ erschienene Studie belegt, dass die Gletscherdynamik im Himalaya komplexer und regional unterschiedlicher ist als bislang angenommen. Zum anderen aber enthüllen die Forscher, dass die Schuttbedeckung vieler Gletscher ihr Abschmelzen bremst und damit einen wichtigen, bisher aber nicht berücksichtigten Einfluss auf das Gletscherverhalten hat.

Ein Zahlendreher im letzten Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) zur Zukunft der Himalaya-Gletscher hat im vergangenen Jahr für leidenschaftliche Debatten gesorgt. Gestritten wurde über das tatsächliche Ausmaß und Tempo des Klimawandels in dieser Region und die Arbeitsweise des Weltklimarates. Studien zum Verhalten einzelner Gletscher oder regionaler Gletschergebiete ergaben sich widersprechende Ergebnisse, die eine Bewertung der Gesamttendenz schwierig machen.

Gletscher-Verhalten extrem unterschiedlich

Mithilfe von Satellitenbildern haben nun Forscher der Universität Potsdam im Himalaya fast 300 Gletscher untersucht. Der umfangreiche Datensatz deckt das höchste Gebirge des Planeten auf einer Länge von rund 2.000 Kilometern und im Zeitraum vom Jahr 2000 bis 2008 ab. Die Auswertung der Daten förderte ein regional höchst unterschiedliches Verhalten der Gletscher zu Tage. Während zum Beispiel die Hälfte der untersuchten Gletscher im Nordwestlichen Himalaya, dem so genannten Karakorum-Massiv, stabil sind oder sich sogar ausdehnen, befinden sich mehr als 70 Prozent der Gletscher in den übrigen Himalaya-Regionen im Rückzug. Dieses ungleiche Verhalten stellt Klimaforscher weltweit vor Rätsel.

Isolierende Schuttdecke von mehreren Zentimetern Dicke

Die Erkenntnisse der Potsdamer Wissenschaftler liefern nun erste schlüssige Erklärungen. Sie weisen vor allem auf einen Umstand hin, dem bisher offenbar nicht die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Viele Himalaya-Gletscher besitzen demnach eine mehrere Zentimeter dicke Schuttdecke. Diese wirkt wärmedämmend und verringert so das Abschmelzen. Geschwindigkeitsmessungen ergaben überdies, dass Gletscher mit solchen Schuttdecken und flacher Neigung über große Strecken nicht fließen und sich auch nicht zurückziehen.

„Schutt-Gletscher“ für Prognosen ungeeignet

„Zusammenfassend bedeutet dies, dass die weit verbreitete Schuttdecke vieler Himalaya-Gletscher ihren Rückzug reduziert und sie damit als Indikatoren für den aktuellen Klimawandel ungeeignet macht“, so das Fazit der Autoren in ihrer Studie. „Schuttbedeckte Gletscher sind zudem nicht auf den Himalaya beschränkt, sondern auch in anderen Gebirgszügen der Erde häufig. Um realistische Prognosen zur zukünftigen Wasserverfügbarkeit und dem globalen Meeresspiegelanstieg machen zu können, sollte daher die Schuttbedeckung und ihr Einfluss auf die glazialen Schmelzraten in die Berechnungen mit einbezogen werden.“

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Rätsel um Karakorum-Gletscher

Die relativ stabilen Karakorum-Gletscher geben den Forschern allerdings trotzdem noch Rätsel auf, denn sie gehören nicht zu den stark schuttbedeckten. Warum trotzdem mehr als die Hälfte der dortigen Gletscher nicht schrumpfen, ist noch unklar. Nach Ansicht der Forscher könnte der in letzter Zeit stärker gewordene Jetstream eine Rolle spielen. Die starken Westwinde transportieren Feuchtigkeit ins Gebirge und sorgen so möglicherweise für Schnee- und Eisnachschub. (Nature Geoscience, 2011; DOI: 10.1038/ngeo1068)

(Universität Potsdam, 25.01.2011 – NPO)

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