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Geowissen

Schlammvulkane als Methanschleudern

Rolle von Untersee-Schlammvulkanen für die Treibhausgasbilanz wurde unterschätzt

Dieser Schlammvulkan ragt aus dem Wasser heraus, doch viele andere liegen verborgen am Meeresgrund. © Andy king50/ CC-by-sa 3.0

Unterschätzte Methanquelle: Schlammvulkane am Meeresgrund könnten deutlich mehr Methan ausstoßen als bisher gedacht. Denn in diesen flüssigkeitsspeienden Sedimentbergen leben Mikroben, die große Mengen dieses potenten Treibhausgases produzieren, wie nun Tiefbohrungen an einem japanischen Schlammvulkan enthüllen. Die Rolle solcher Schlammvulkane im globalen Methankreislauf wurde demnach bisher unterschätzt, so die Forscher im Fachmagazin „Science Advances“.

Schlammvulkane galten lang Zeit als Exoten unter den Phänomenen des Meeresgrunds. Typischerweise entstehen sie dort, wo die Bewegung der Erdplatten große Mengen Sediment zusammengeschoben hat. Der hohe Druck im Untergrund heizt die tieferen Schichten auf und führt dazu, dass diese Sedimentberge eine Mischung aus Schlamm, Gas und mineralienreichen Flüssigkeiten ausspeien. Aber auch Verbindungen mit Vulkanen wie beim Schlammvulkan „Lusi“ auf Java können diese Schlammspeier aktivieren.

Bohrung in einem aktiven Schlammvulkan

Doch neben Schlamm und Flüssigkeit setzen viele Schlammvulkane auch Methangas frei – ein Gas mit der rund 30-fachen Treibhauswirkung von Kohlendoxid. Woher dieses Gas jedoch stammt, war bisher strittig. Die meisten Geologen vermuten jedoch, dass das Methan aus erdöl- und erdgasreichen Schichten unterhalb der Schlammvulkane aufsteigt oder aus weiter oben liegenden Gashydraten freigesetzt wird. Doch was wirklich im tiefen Inneren dieser Schlammvulkane vor sich geht, ist bisher kaum erforscht.

Um das zu ändern, haben nun Akia Ijiri vom japanischen Forschungszentrum JAMSTEC und seine Kollegen im Rahmen des Tiefbohrprogramms untersucht. Mithilfe des Bohrschiffs „Chikyu“ nahmen sie Sedimentbohrkerne aus einem Schlammvulkan, der im Nankai-Trog vor Japan liegt – einem Tiefseegraben an der Grenze zwischen Eurasischer und Philippinischer Platte. Die Forscher bohrten bis zu 200 Meter tief in den Unterwasser-Schlammvulkan hinein und nahmen dort Proben. Dadurch konnten sie Chemie und Lebenswelt im Vulkaninneren rekonstruieren.

Am Anschnitt des Bohrkern sind helle Methanhydrat-Körnchen zu erkennen. © JAMSTEC

Mehr Methan als gedacht

Die Bohrproben enthüllten: Das Inneren des Schlammvulkans enthält reichlich Methan – vor alle in Form von Methanhydraten. Körnchen dieser eisähnlichen Verbindung aus Methangas und Wassermolekülen fielen den Forschern bereits beim Zerschneiden der Sedimentbohrkerne auf. Aber auch die Poren und Kanälen des Vulkansediments enthielten bis zu 23 Prozent Gashydrate.

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Insgesamt schätzen die Forscher, dass der nur rund 159 Meter hohe Schlammvulkan rund 3,2 Milliarden Kubikmeter Methan enthält. „Das ist eine Größenordnung mehr als bisher für aktive Schlammvulkane geschätzt“, sagen Ijiri und seine Kollegen. „Allein die Unterseevulkane im Kumano-Becken könnten demnach mindestens zehn Milliarden Kubikmeter Methan enthalten – das ist soviel, wie man bisher für alle diese Vulkane weltweit schätzte.“

Das aber bedeutet: Schlammvulkane könnte erheblich mehr zum weltweiten Methanausstoß beitragen als bisher angenommen, so die Forscher.

Innenleben des Schlamvulkans KMV#5 © Ijiri et al./ Science Advances, CC-by-nc 4.0

90 Prozent stammt von Mikroben

Überraschend auch: Isotopenanalysen des Methans enthüllten, dass ein Großteil davon nicht aus geothermischen Reaktionen stammt, sondern biogenen Ursprungs ist: 90 Prozent dieses Gases wurde von Mikroben gebildet. Tatsächlich enthüllten Analysen, dass in den Tiefen des Schlammvulkans eine überraschend aktive Mikrobengemeinschaft lebt. Obwohl ihre Dichte relativ gering ist, sind diese Bakterien äußerst produktiv, wie die Forscher berichten.

Offenbar nutzen die Schlammvulkan-Mikroben die mineralienreichen Fluide und den im Untergrund vorhandenen Wasserstoff, um sowohl Acetate als auch Methan zu produzieren. „Der Beitrag von biogenem Methan könnte demnach auch in anderen Schlammvulkanen signifikant größer sein als bislang vermutet“, sagt Ijiri. „Dieses geobiologische System könnte demnach mehr zum globalen Kohlenstoffbudget beitragen als zuvor gedacht.“ (Science Advances, 20189; doi: 10.1126/sciadv.aao4631)

(GeoForschungsZentrum GFZ/ Science Advances, 14.06.2018 – NPO)

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