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Geowissen

Sauerstoff-Rätsel der Urerde gelöst?

Eisen könnte die Sauerstoff-Produktion der urzeitlichen Cyanobakterien ausgebremst haben

Cyanobakterien: Solche Organismen trugen zur Anreicherung von Sauerstoff in der Erdatmosphäre bei © Kappler, Swanner/ Universität Tübingen

Ausgebremste Entwicklung: Seit langem rätselt man, warum sich die irdische Uratmosphäre erst so spät mit Sauerstoff anreicherte. Jetzt haben deutsche Forscher möglicherweise die Antwort gefunden: Zu viel Eisen im Meerwasser war schuld. Denn wie sie feststellten, ist ein Überschuss dieses Metalls für sauerstoffproduzierende Cyanobakterien giftig. Solange urzeitliche Unterseevulkane Eisen ins Meerwasser freisetzten, bremste dies daher die Sauerstoffproduktion der Mikroben aus, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“ berichten.

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Vor drei Milliarden Jahren hätten wir auf der Erde keine Überlebenschance gehabt. Denn die Erdatmosphäre enthielt damals weniger als ein Promille Sauerstoff – für luftatmende Tiere viel zu wenig. Das änderte sich erst mit dem sogenannten Great Oxydation Event (GOE) vor rund 2,4 Milliarden Jahren. Dabei stieg der Sauerstoffgehalt der Uratmosphäre relativ schnell bis auf rund 20 Prozent an und bereitete damit die Bühne für die Entwicklung der ersten Tiere.

Fast eine Milliarde Jahre zu spät

Doch diese große Umwandlung der Atmosphäre kam eigentlich viel zu spät. Denn die urzeitlichen Cyanobakterien, die damals in den Meeren den Sauerstoff produzierten, begannen damit schon vor rund 3,5 Milliarden Jahren – fast eine Milliarde Jahre früher. Über den Grund für diese Verzögerung rätseln Forscher daher schon seit längerem.

Elizabeth Swanner von der Universität Tübingen und ihre Kollegen hatten dabei schon länger einen bestimmten Akteur im Verdacht: das im Meerwasser gelöste zweiwertige Eisen. Heute ist dieses Element im Ozean oft Mangelware, doch in den Urmeeren war es reichlich vorhanden. Vor allem in der Zeit unmittelbar vor der großen Sauerstoffschwemme setzten Unterwasservulkane entlang der mittelozeanischen Rücken immer wieder schubweise große Mengen davon frei. Zu erkennen ist dies unter anderem an den zu dieser Zeit abgelagerten Schichten von Bändererz.

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„In diesen Perioden fanden wir regelmäßig keine Hinweise auf Sauerstofffreisetzung mehr“, sagt Swanner. Gemeinsam mit ihren Kollegen überprüfte sie daher im Labor, ob zwischen hohen Eisenkonzentrationen und geringem Wachstum der Cyanobakterien ein Zusammenhang bestehen könnte.

Eisen als Algengift

Und tatsächlich: „Zu viel Eisen in Anwesenheit von Sauerstoff wirkte schädlich“, berichtet Koautor Andreas Kappler von der Universität Tübingen. Gaben die Forscher zweiwertiges, lösliches Eisen in Konzentrationen von 50 bis 200 Mikromol zum Wasser hinzu, hemmte dies das Wachstum und die Fotosynthese der Cyanobakterien.

Auf ähnliches deuten auch Untersuchungen anderer Forscher an verschiedenen heißen und kalten Quellen hin: Überall dort, wo das zweiwertige Eisen im Quellwasser höhere Konzentrationen erreicht, fehlen Cyanobakterien im Wasser. Noch ist zwar nicht eindeutig klar, ob die urzeitlichen Cyanobakterien ähnlich sensibel auf das zweiwertige Eisen reagierten. Nach Ansicht der Forscher liegt dies jedoch nahe, da sie weniger Zeit hatten, um durch Evolution entsprechende Abwehrmechanismen gegen die Giftwirkung des Eisens zu entwickeln.

Bühne frei erst nach Ende der Vulkanphase

Sollte sich dieses Szenario bestätigen, dann könnte dies endlich erklären, warum das Great Oxidation Event mit so großer Verspätung eintrat – erst hunderte von Millionen Jahren nachdem die Cyanobakterien entstanden waren und begannen, Sauerstoff freizusetzen. Die Schübe vulkanischer Aktivität und ihre Eisenfreisetzung bremsten demnach immer wieder die Produktion größerer Mengen Sauerstoffs.

Erst als sich die Meereskruste vor rund 2,5 Milliarden Jahren allmählich beruhigte, konnten die Cyanobakterien ungebremst loslegen und der Erde die Atmosphäre verleihen, die Tieren und damit letztlich auch uns Menschen die Existenz ermöglichte. (Nature Geoscience, 2014; doi: 10.1038/ngeo2327)

(Nature / Universität Tübingen, 06.01.2015 – NPO)

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