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Geowissen

Salzstöcke doch nicht für Endlager geeignet?

Studie weist nach: Auch ohne Mikrorisse kann das Salz durchlässig werden

In einem unterirdischen Salzstock - bisher galten diese Formationen als dicht. © Pakhomenko Andrey/ iStock.com

Salzstöcke sind offenbar durchlässiger als bisher gedacht: Geraten die Salzvorkommen unter Druck oder werden sie deformiert, dann bilden sich winzige Kanälchen im Salz, die Wasser und andere Stoffe durchlassen. Belege dafür fanden Forscher sowohl in Bohrlöchern als auch bei Laborversuchen. Das aber könnte bedeuten, dass diese Standorte als Endlager für Atommüll nicht geeignet sind, berichten sie im Fachmagazin „Science“.

Wohin mit dem Atommüll? Diese Frage treibt Regierungen und Kraftwerksbetreiber in vielen Ländern um. Denn bisher gibt es nirgendwo eine optimale Lösung für die dauerhafte Lagerung von hochradioaktiven Abfällen. Und schon jetzt haben viele ältere Behälter und Fässer mit Atommüll Schäden und Lecks. Auch aus den im Zwischenlager Gorleben überirdisch gelagerten Castoren tritt Strahlung aus.

Auf der Suche nach einem Atommüll-Endlager gelten bisher vor allem Salzstöcke, Granit und Ton als vielversprechende geologische Formationen. Denn diese sind gegenüber Grundwasser und anderen Flüssigkeiten undurchlässig – meistens jedenfalls. Solange es keine tektonischen Verwerfungen oder Risse im Gestein gibt, sollen sie verhindern können, dass radioaktives Material austritt. Auch der Salzstock von Gorleben war daher lange auf der Auswahlliste für einen Endlager-Standort.

Öl und Sole im Bohrloch

Doch Soheil Ghanbarzadeh und seine Kollegen von der University of Texas in Austin haben nun neue Erkenntnisse zum Salzverhalten gewonnen, die eine Eignung von Salzstöcken als Endlager in Frage stellt. Die ersten Indizien lieferte eine Untersuchung der Erdöl- und Salzlaugenverteilung in 48 Bohrlöchern, die der Ölkonzern Statoil im Golf von Mexiko gebohrt hatte.

Probennahmen im Salzstock von Gorleben. © Sean Gallup / Getty Images News

Messungen der elektrischen Leitfähigkeit ergaben, dass das umgebende Salz im unteren Drittel der Bohrlöcher porös war. Sowohl Sole als auch Erdgas aus größerer Tiefe konnte durch winzige Kanälchen im Salz diffundieren und sich im Bohrloch sammeln. Wie die Forscher berichten, können bei sehr hohem Druck in der Tiefe Mikrorisse im Salzgestein entstehen, die solche Porenkanälchen öffnen.

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Durchlässig auch ohne Risse

„Bisher hat man diese Mikrobrüche vor allem im gestörten Gestein rund um die Grubenöffnungen von Salzminen oder Atommüll-Lagerstätten beobachtet“, erklären Ghanbarzadeh und seine Kollegen. Doch in ihrer Feldstudie stießen sie auch in geringeren Tiefen und bei ungestörtem Gestein auf eine erhöhte Durchlässigkeit des Salzes. Um der Sache nachzugehen, führten die Wissenschaftler Laborversuche durch, bei denen sie die Salzstruktur unter verschiedenen Bedingungen mittels Mikro-Computertomografie untersuchten.

Das Ergebnis: „Eine Deformation kann die Permeabilität des Salzes selbst in Abwesenheit von Mikrorissen erhöhen“, berichten die Forscher. Schon die natürliche Verformung der Salzstöcke im Untergrund kann winzige, isolierte Poren zwischen den Salzkristallen dehnen und sie dadurch untereinander in Kontakt bringen. Selbst Konfigurationen, die wegen des flachen Winkels zwischen den Kristallen als dicht galten, können dann durchlässig werden, so die Wissenschaftler.

3D-Visualisierung der Porenkanälchen in einem Steinsalzblock nach hohem Druck und Hitze.© Soheil Ghanbarzadeh

„Endlagerpläne re-evaluieren“

„Die entscheidende Botschaft ist, dass Salz selbst in Abwesenheit von Bergbau-Aktivitäten durchlässig werden kann“, betont Koautor Marc Hesse. Wie viel Lauge dabei durch das neu entstehende Netzwerk von Poren im Salz strömen kann, müssen die Forscher zwar noch genauer untersuchen. Ihrer Ansicht nach muss diese neuentdeckte Schwäche von Salzstöcken jedoch bei der Suche nach einem Endlager für Atommüll unbedingt berücksichtigt werden.

„Die neuen Informationen sagen uns, dass es eine potenzielle Durchlässigkeit gibt. Dies sollte daher mit einbezogen werden, wenn man entscheidet, wo und wie atomarer Abfall gelagert werden soll“, sagt Hesses Kollegin Maša Prodanovic. „Und wenn es in einem Salzstock schon ein Lager von Atommüll gibt, dann sollte man dieses anhand der neuen Daten re-evaluieren.“ (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aac8747)

(University of Texas at Austin, 27.11.2015 – NPO)

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