Anzeige
Geowissen

Rätsel um Stratosphären-Erwärmungen gelöst

Meteorologen entdecken Ursache für kalte und warme Winterperioden

Berliner Meteorologen haben einen Zusammenhang zwischen Erwärmungen in der Stratosphäre und kalten beziehungsweise warmen Winterperioden in Europa entdeckt. Sie beobachteten in ihrer neuen Studie, dass es zu einer erhöhten Anzahl von Stratosphärenerwärmungen kommt, wenn der Wärmefluss aus dem Nordatlantik in die Atmosphäre verstärkt ist.

{1r}

Aus den aktuellen Erkenntnissen lassen sich Tendenzen für die Wintertemperaturen ableiten: „In Europa könnte es jeweils im Wechsel über mehrere Jahrzehnte verstärkt kältere und dann wieder eher wärmere Winter geben“, sagt Semjon Schimanke von der Freien Universität (FU) Berlin in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“. Mit ihren Forschungsergebnissen wollen die Meteorologen dazu beitragen, Wetter- und Klimavorhersagen langfristig zu verbessern.

Berliner Phänomen

Das Phänomen der Stratosphärenerwärmung wurde 1952 erstmals von Professor Richard Scherhag am Institut für Meteorologie der FU entdeckt, es ging als „Berliner Phänomen“ in die Literatur ein. Mittlerweile werden diese Ereignisse als „plötzliche Stratosphärenerwärmungen“ bezeichnet, bislang wurden 30 dieser Erwärmungen registriert.

Stratosphärenerwärmungen in jedem zweiten Winter

Im Mittel ereignen sich Stratosphärenerwärmungen Forschern zufolge in jedem zweiten Winter, wobei sie sehr ungleichmäßig über den Beobachtungszeitraum verteilt sind. Während sich zwischen den Wintern 1988/1989 bis 1997/1998 nur eine einzige Stratosphärenerwärmung ereignete, wurden seit Beginn dieses Jahrtausends schon neun registriert. Bislang gab es dafür keine Erklärung.

Anzeige

Mit ihren neuen Forschungsergebnissen haben die Meteorologen der Freien Universität nun gezeigt, dass die unregelmäßig auftretenden Stratosphärenerwärmungen eine Folge der Wechselwirkung zwischen dem Nordatlantik, der Troposphäre und der Stratosphäre sind. Sie fanden heraus, dass eine erhöhte Anzahl von Stratosphärenerwärmungen dann auftritt, wenn der Wärmefluss aus dem Nordatlantik in die Atmosphäre verstärkt ist.

Polarwirbel bricht zusammen

In den Wintermonaten ist es in der unteren polaren Stratosphäre, die in etwa 20 Kilometer über der Erdoberfläche liegt, aufgrund der fehlenden Sonneneinstrahlung durchschnittlich unter minus 70 Grad Celsius kalt. Diese Temperaturen stehen in Verbindung mit starken Westwinden, die die südliche Begrenzung des so genannten stratosphärischen Polarwirbels bilden. Die im Mittel vorherrschende Struktur wird nach Angaben der Wissenschaftler in einigen Wintern stark gestört oder sogar umgekehrt.

So können die Temperaturen im Bereich der unteren Stratosphäre innerhalb weniger Tage um mehr als 50 Grad ansteigen, und die Polregion wird wärmer als südlich gelegene Breiten. Damit verbunden sind eine Umkehr der West- in Ostwinde und der Zusammenbruch des Polarwirbels.

Ursache für plötzliche Stratosphärenerwärmungen entdeckt

Mithilfe von Modellen und Beobachtungen konnten die Forscher zeigen, dass solche „plötzlichen Stratosphärenerwärmungen“ zunächst aus der Troposphäre angeregt werden, anschließend aber wiederum einen starken Einfluss auf die troposphärische Zirkulation haben.

Nach einer Stratosphärenerwärmung verringern sich unter anderem die Druckunterschiede zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch: Dieser Druckunterschied bestimmt die vorherrschende Windrichtung für Mitteleuropa und entscheidet somit darüber, ob der Winter in Europa kalt oder warm ausfällt. So war zum Beispiel der Winter 2009/2010 durch einen stark gestörten Polarwirbel gekennzeichnet, was in weiten Teilen der Nordhemisphäre mit einem strengen und schneereichen Winter verbunden war.

(Freie Universität Berlin, 18.01.2011 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Fusionsplasma

37 Millionen Grad im Fusionsplasma

Voyager 1 sendet wieder

„Anti-Aging-Geheimnis“ der Geiseltal-Frösche gelüftet

Video: Flug über einen außerirdischen Lavasee

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Aerosole - Würzstoffe in der Klimaküche

Wetterextreme - Klimatische "Ausrutscher" oder Folgen des Klimawandels?

Bücher zum Thema

Wetter, Klima und Klimawandel - Wissen für eine Welt im Umbruch von Nadja Podbregar, Harald Frater und Karsten Schwanke

Können Wetterfrösche irren? - 120 populäre Irrtümer über das Wetter von Ben Wettervogel und Renate Molitor

Das Lexikon der Wetterirrtümer - von Jörg Kachelmann und Christoph Drösser

Wie wird das Wetter? - von Jörg Kachelmann und Siegfried Schöpfer

Die Atmosphäre der Erde - Eine Einführung in die Meterologie von Helmut Kraus

Atmosphäre im Wandel - Die empfindliche Lufthülle unseres Planeten von Thomas E. Graedel, Paul J. Crutzen

Top-Clicks der Woche