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Geowissen

Rätsel um Granat-Gänge

Könnten Mikroben die winzigen Tunnel in die Edelsteine gegraben haben?

Granat-Kristall mit unzähligen kleinen Gängen. WIe sind sie entstanden? © Ivarsson et al, 2018

Rätselhaftes Phänomen: Winzige Gänge und Bohrlöcher in Granat-Mineralen sorgen für Rätselraten. Denn wie diese Mikro-Tunnel in die Edelsteine gekommen sind, ist bisher nicht bekannt. Jetzt haben Forscher einige dieser Tunnel-Granate näher analysiert. Dabei entdeckten sie Indizien dafür, dass Mikroben diese Gänge gebohrt haben könnten. Angesichts der großen Härte der Granate wäre dies sehr ungewöhnlich.

Die oft rot schimmernden Granate waren schon in der Antike als Schmucksteine begehrt, im Mittelalter nannte man sie auch Karfunkelstein. Hinter diesen Sammelbezeichnungen verbirgt sich eine ganze Gruppe von Silikatmineralen, die ihre Farbnuancen durch unterschiedliche Fremdatome erhalten. Allein Granaten gemeinsam aber ist ihre Transparenz, ihr kubisches Kristallgitter und ihre besondere Härte.

Palisaden und verzweigte Netzwerke

Doch genau diese Härte der Granate macht ein Phänomen besonders rätselhaft: Manche dieser Edelsteine sind von einem ganzen Netzwerk winziger Gänge durchzogen. Obwohl diese Minerale so hart und chemische beständig sind, muss etwas sich durch diese Kristalle gebohrt haben. Aber was? Magnus Ivarsson von der Universität von Süddänemark in Odense und seine Kollegen sind dieser Frage nun nachgegangen und haben die mysteriösen Granattunnel mit modernsten Mikroskopie- und Analysemethoden untersucht.

Wie sie feststellten, gehen diese Mikrotunnel immer von der Granatoberfläche aus und haben einen runden bis sechseckigen Querschnitt. Nach innen hin werden die zwischen fünf und 100 Mikrometer dünnen Tunnel immer schmaler und enden in einer dünne Spitze. Die Struktur dieser Gangsysteme aber ist erstaunlich vielfältig: „Die Spanne reicht von strikt regelmäßigen Palisaden aus parallelen Tunneln bis zu unregelmäßig verzweigten und wieder zusammenlaufenden Netzwerken“, berichten die Forscher.

Mikroskop-Aufnahme eines komplexen Tunnelnetzwerks in einem Granat © Ivarsson et al, 2018

Wer war der Urheber?

Die entscheidende Frage aber war: Gibt es im Inneren dieser Granat-Tunnel Hinweise auf deren Entstehungsweise? Bisher galten diese und ähnliche Fehler in Mineralen meist als abiotisch – als geochemisch entstandene Strukturen. Doch es gibt auch Lebewesen, die sich selbst in hartes Gestein bohren können, wie Ivarsson und seine Kollegen erklären.

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„Eine ganze Reihe von Mikroorganismen, darunter Bakterien, Pilze und Algen, sind dafür bekannt, dass sie organische Säuren oder Chelate erzeugen, die Minerale chemisch korrodieren und ätzen können“, so die Forscher. Allerdings reagieren gerade harte Silikatminerale kaum auf solche Chemie-Attacken und werden daher nur sehr selten von solchen endolithischen Organismen besiedelt. Auch der Granat galt daher bisher eher als immun gegen solche Bohrattacken.

Organische Filamente

Doch das könnte ein Irrtum sein, wie die Analysen enthüllten. Denn im Inneren der Mikrotunnel entdeckten die Forscher fädige Strukturen, die sowohl Kohlenstoff, als auch Stickstoff und Fettsäuren enthalten – Komponenten, die für Lebewesen typisch sind. „Der organische Gehalt und die komplexe Natur dieser organischen Moleküle deuten auf eine mikrobielle Präsenz in diesem Tunnelsystem der Granate hin“, berichten Ivarsson und seine Kollegen.

Die fädigen Strukturen könnten daher Überbleibsel der Bakterien oder Pilze sein, die einst diese Tunnel bewohnten. „Das ist der erste Nachweis von Granaten als Lebensräumen für endolithische Mikroorganismen“, konstatieren die Forscher.

„Teamwork“ von Chemie und Biologie?

Ob diese Mikroben allerdings die Tunnel selbst gebohrt haben oder nur Nutznießer von schon vorhandenen Gängen waren, ist noch unklar. Es wäre beispielsweise möglich, dass die meist größeren, oft hexagonalen Tunnelanfänge durch geochemischen Prozesse geschaffen wurden. Später dann wurden die Gänge von Bakterien oder Pilzen besiedelt, die diese Gangsysteme erweiterten und ausbauten.

„Es gibt morphologische Strukturen, die für eine Kombination von abiotischen und biologischen Prozessen sprechen“, sagen die Forscher. Andererseits sprechen die Anastomosen in vielen dieser Tunnel-Netzwerke eher für einen biologischen Ursprung: „Die einzigen natürlichen Prozesse, die solche Verschmelzungen von Gängen bewerkstelligen können, sind biologischer Natur“, erklären die Wissenschaftler. Klar scheint: Das Geheimnis der Granat-Tunnel ist noch nicht vollständig gelüftet. (PLOS ONE, 2018; doi: 10.1371/journal.pone.0200351)

(PLOS, 09.08.2018 – NPO)

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