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Evolution

Rätsel um ausgestorbene Tiergruppe gelöst

Die nilpferdähnlichen Urzeit-Säuger waren vor allem im Meer heimisch

Desmostylia als schlechter Grundschwimmer. © Tatsuya Shinmura, Ashoro Museum of Paleontology

Sie sahen aus wie kleine Nilpferde, hatten aber breite, paddelähnliche Füße. Ob die vor rund zehn Millionen Jahren ausgestorbenen Desmostylia an Land oder aber im Meer lebten, war unter anderem deshalb bisher unklar. Ein deutsch-japanisches Forscherteam hat dieses paläontologische Rätsel jetzt gelöst. Die Knochenstruktur untersuchter Fossilien weise eindeutig darauf hin, dass die rundlichen Vierbeiner vorwiegend im Meer lebten, so die Forscher im Fachmagazin „PLOS ONE“.

Bei den Desmostylia handelt es sich um eine rätselhafte Gruppe ausgestorbener Säugetiere, engen Verwandten der heutigen Seekühe. Die rundlichen Vierbeiner lebten etwa vor zehn bis 30 Millionen Jahren am nördlichen Pazifik zwischen Japan und Nordamerika. Die Füße waren auffallend breit und dienten womöglich als Paddel. „Über die Paläoökologie dieser Tiere wurde in der Wissenschaft bislang sehr kontrovers diskutiert“, berichtet Koautorin Alexandra Houssaye vom Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie der Universität Bonn. Manche Forscher hielten die Desmostylia für überwiegend an Land lebende Vierbeiner, die sich in Küstennähe aufhielten. Andere sahen die geheimnisvollen Tiere als seehundartige Lebewesen, die die größte Zeit im Meer verbrachten und nur zum Rasten an Land kamen.

Vergleich mit heute lebenden Tieren

Neue Erkenntnisse zur Lebensweise der Desmostylia liefert nun die Studie von Houssaya und ihre japanischen Kollegen. Sie hatten die Mikrostruktur der Knochen verschiedener in Japan gefundener Fossilien der Tiere untersucht und mit den heute lebenden Säugetieren wie etwa Nilpferd, Eisbär und Seehund verglichen. Unter dem Lichtmikroskop untersuchten die Wissenschaftler Dünnschliffe der fossilen Knochen und durchleuchteten diese zusätzlich mit dem Mikro-Computertomografen.

Desmostylia als guter Schwimmer in einem Habitat im offenen Meer. © Tatsuya Shinmura, Ashoro Museum of Paleontology

Die Knochenmikrostruktur sagt viel über die Lebensweise eines Tieres aus. So verfügen Landlebewesen aus Stabilitätsgründen meist über Knochen mit Hohlräumen. Die meisten der untersuchten Desmostylia-Fossilien wiesen jedoch eine hohe Dichte und eine sehr kompakte Struktur auf. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass es sich bei den Desmostylia um keine landgebundenen Tiere handelte“, so Houssaye. Die Tiere seien an die Lebensweise im Meer angepasst gewesen. „Eine hohe Knochendichte kommt heute noch bei Lebewesen vor, die in flachem Wasser nach Nahrung tauchen – sie dient etwa Seekühen als Ballast“, sagt die Wissenschaftlerin. Durch das höhere Gewicht konnte dieser Desmostylia-Typ leicht tauchen und den Meeresgrund abweiden.

Anpassung an zwei Lebensräume

Obwohl alle Desmostylia an das Leben im Wasser angepasst waren, fanden die Forscher bei ihren Analysen auch Unterschiede zwischen den Vertretern verschiedener Arten dieser Tiergruppe. „Unsere Analysen der Knochenmikrostruktur zeigen, dass sich die Desmostylia an zwei verschiedene Lebensräume angepasst haben: einerseits die flachen Küstenbereiche und andererseits das offene Meer“, berichtet Houssaye. Offenbar ging die evolutionäre Entwicklung von tauchenden Küstenbewohnern mit hoher Knochendichte hin zu den Bewohnern des offenen Ozeans mit der schwammartigen Knochenstruktur. Eine vorwiegend ans Land angepasste Lebensweise könne mit den Daten jedoch ausgeschlossen werden, so die Forscher. PLOS ONE, 2013; doi:10.1371/journal.pone.0059146)

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(Universität Bonn, 04.04.2013 – KBE)

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