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Geowissen

Rätsel der Salzpolygone gelöst

Wie die überall gleichen Wabenmuster der Salzseen entstehen

SAlzwaben
Die Salzebene der Salar de Uyuni in Chile ist von sechseckigen Wabenmuster überzogen – und diese Waben finden sich in gleicher Form und Größe in Salzwüsten überall auf der Welt. © Sara Winter/ Getty images

Mysteriöse Muster: Warum bilden trockene Salzseen überall ein gleichgroßes, sechseckiges Wabenmuster aus – egal, wo auf der Welt sie liegen? Welche Mechanismen dahinterstecken, haben Forschende jetzt erstmals aufklärt. Demnach ist das Wechselspiel von Verdunstung, der Konvektion von salzhaltigem Grundwasser und die physikalische Interaktion benachbarter Konvektionsrollen für die immergleichen Wabenmuster verantwortlich. Auch die erhabenen Ränder und die sechseckige Form der Waben kann dies erklären.

Ob im Death Valley in Kalifornien, im Chott el Djerid in Tunesien oder in der Salar de Uyuni in Chile: Überall auf der Welt gibt es trockene Salzseen, deren Oberfläche ein auffallendes Muster aus sechseckigen, schollenartigen Strukturen mit erhabenen Rändern bildet. Die fast außerirdisch wirkenden Hexagonmuster sind nicht nur eine Touristenattraktion, sondern auch beliebte Filmkulissen, beispielsweise als Szenerie für den Wüstenplaneten Crait in „Star Wars“.

Mit Austrocknung allein nicht erklärbar

Das Rätselhafte jedoch: Anders als normale Trockenrisse, wie sie beispielsweise in trockenfallenden Seen auftreten, haben die Wabenmuster der Salzbecken nicht nur überall die gleiche Form, sie sind auch immer gleichgroß – trotz lokaler Unterschiede in der Geologie, der Chemie oder den Umweltbedingungen. Die sechseckigen Waben haben überall einen Durchmesser von einem bis zwei Metern, egal ob die darunter liegende Salzkruste wenige Zentimeter oder mehrere Meter dick ist.

Aber warum? Gängige Mechanismen konnten diese Gleichförmigkeit bisher nicht erklären. Deshalb haben nun Forschende um Jana Lasser von der Technischen Universität Graz die Fluiddynamik und Geomorphologie kombiniert und das Phänomen mit einem interdisziplinären Ansatz untersucht. Dafür sammelten sie zunächst Daten zur Geologie und Chemie an zwei typischen Salzseen in Kalifornien. Diese Daten speisten sie in ein Computermodell zur Fluiddynamik ein, um herauszufinden, was an diesen Gegebenheiten für das Wabenmuster wichtig ist.

Konvektionsmodell
Konvektionsströme in Salzbecken im fluiddynamischen Modell © Lasser et al./ Physical Review X, CC-by 4.0

Konvektionsrollen im Untergrund

Es zeigte sich: Der treibende Mechanismus für die Musterbildung ist eine Zirkulation von salzigem Wasser unter der Salzkruste. Weil an der Oberfläche Wasser verdunstet, strömt aus der Tiefe salziges Grundwasser nach. Dieses Wasser steigt im Zentrum der Waben an die Oberfläche. Dort verdunstet ein Teil des Wassers, wodurch sein Salzgehalt steigt und es dichter und schwerer wird. Diese dichte, salzige Sole strömt dann langsam aus der leicht aufgewölbten Mitte der Waben nach außen, dem Gefälle und der Schwerkraft folgend.

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An den Rändern der Waben bilden sich dann Zonen von schwerem Salzwasser, dass wieder in die Tiefe sinkt – es entsteht eine langsame, an der Oberfläche nicht sichtbare Konvektion. Ähnlich wie warmes und kaltes Wasser in Heizkörpern zirkuliert, bilden sich im Untergrund dadurch Konvektionsrollen von salzigem und weniger salzigem Wasser. Dies lässt ein relativ regelmäßiges Muster entstehen. Nach ähnlichem Prinzip, nur mit Stickstoffeis statt Salzwasser und Sublimation statt Verdunstung bilden sich auch die riesigen Polygone in der Ebene Sputnik Planitia auf dem Pluto.

Die erhabenen Rippen an den Rändern der Konvektionsrollen entstehen deshalb, weil dort das durch Verdunstung schon konzentrierte Salzwasser von beiden Seiten kommend zusammenströmt. Bevor es in die Tiefe sinkt, kristallisiert dort noch einmal ein Teil des Salzes aus.

Warum gleichgroß und sechseckig?

Und auch die immergleiche Größe der Waben ist dadurch erklärbar: Die Modellierungen ergaben, dass diese Konvektionsrollen unabhängig von der Dicke der Salzkruste aufgrund physikalischer Parameter eine bestimmte Größe haben : „Bei der für diese konvektiven Plumes typischen Rayleigh-Zahl ergibt sich eine Wellenzahl von 0,76 – dies entspricht einer Wellenlänge von 1,30 Metern“, berichten Lasser und ihre Kollegen.

Das allerdings klärt noch nicht, warum die Waben sechseckig sind und nicht kreisförmig. Denn eine einzelne Konvektionsrolle ist eigentlich immer rund, weil diese Form das umschlossene Volumen maximiert, während der Umfang minimiert wird. Doch im Salzsee drängen sich viele dieser auf- und absteigenden Ströme aneinander. Dadurch werden sie zur platzsparendsten Form zusammengedrückt – einer Abfolge von sechseckigen Waben. Dieses Prinzip findet sich in der Natur beispielsweise auch in den Bienenwaben wieder.

Rätsel der Natur gelöst

„Das ist ein tolles Beispiel für von Neugier getriebene Grundlagenforschung. Die Natur gibt uns ein offensichtliches und faszinierendes Rätsel auf, das unsere Neugier anregt und uns dadurch dazu auffordert, es zu lösen – auch ohne direkte weitere Anwendungsmöglichkeit im Hinterkopf“, sagt Lasser.

Die neuen Erkenntnisse klären aber nicht nur die grundlegende Frage zu diesen exotischen Salzmustern, sie haben durchaus einen praktischen Nutzen. So helfen sie auch bei der Vorhersage darüber, wie viel Staub sich von den Oberflächen der Salzwüsten löst und in die Atmosphäre gewirbelt wird. Dieser Staub spielt wiederrum eine wichtige Rolle bei der Bildung von Wolken und beim Transport von Mineralien in die Ozeane. (Physical Review X, 2023; doi. 10.1103/PhysRevX.13.011025)

Quelle: Technische Universität Graz, American Physical Society (APS)

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