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Umwelt

Quecksilber selbst im Marianengraben

Schwermetall aus anthropogenen Quellen ist auch in der Tiefseefauna nachweisbar

Marianengraben
Selbst am Grund des Marianengrabens sind Meerstiere mit Quecksilber kontaminiert. © ratpack223/iStock.com

Überraschender Fund: Sogar am Grund des Marianengrabens sind Meerestiere mit Quecksilber kontaminiert – und das mit höheren Werten als bislang für möglich gehalten. Denn bisher galten vor allem die oberen Wasserschichten als kontaminiert. Doch Isotopenanalysen belegen, dass das Schwermetall auch bis in 11.000 Meter Tiefe absinkt und dort in Nahrungsketten präsent ist. Dies belege erneut, dass anthropogene Kontaminationen selbst die entlegensten Gebiete der Erde erreicht haben, so die Forscher.

Quecksilber ist hochgiftig: Das Schwermetall blockiert Enzyme, stört das Nervensystem und kann durch eine schleichende Anreicherung im Körper zu schweren Gesundheitsschäden führen. Doch anthropogene Emissionen – unter anderem aus Kohlekraftwerken, Waldbränden, Müllfeuern oder der Zementproduktion – haben dazu beigetragen, dass das Schwermetall inzwischen fast überall in der Umwelt präsent ist. Über die Atmosphäre wird es sogar bis in die Polarregionen und entlegene Gebiete der Taiga transportiert.

Schwermetall-Fahndung im Marianengraben

In den Ozeanen reichert sich das Quecksilber in Form seiner organischen Variante Methylquecksilber vor allem in den Top-Prädatoren an – in Raubfischen wie dem Thunfisch oder Schwertfisch, die an der Spitze der marinen Nahrungskette stehen. Gängiger Annahme nach sind die oberen Wasserschichten besonders stark kontaminiert. „Der genaue Ursprung des Methylquecksilbers im Meerwasser ist aber bislang kaum bekannt“, erklären Ruoyu Sun von der Tianjin Universität und seine Kollegen.

Um mehr über die Verteilung des Quecksilbers im Ozean zu erfahren, haben die Forscher einen Tauchroboter bis auf den Grund des Marianengrabens und des benachbarten Yapgrabens geschickt. Er sammelte Proben des Sediments, aber auch der dort endemischen Tiefseefauna in 5.500 bis 11.000 Meter Tiefe. Sun und sein Team analysierten dann den Quecksilbergehalt der Funde und die Isotopenzusammensetzung des Schwermetalls, um dessen Herkunft zu bestimmen.

Quecksilber selbst in 11.000 Meter Tiefe

Das Ergebnis: Sowohl Fische als auch Krebstiere aus den beiden Tiefseegräben waren mit Methylquecksilber kontaminiert. Im Marianengraben wiesen die Forscher das Schwermetall auch in 11.000 Meter Tiefe noch nach. „Das ist eine Überraschung“, sagt Sun. „Denn Fische, die in so großer Tiefe leben, dürften eigentlich kaum Gelegenheit haben, Methylquecksilber beim Fressen aufzunehmen. Deshalb müsste ihre Quecksilberanreicherung geringer sein.“

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Doch woher stammt das Quecksilber? Theoretisch wäre denkbar, dass das Schwermetall aus dem Untergrundgestein freigesetzt wird oder von Mikroben im Sediment angereichert wurde. Doch wie die Isotopenanalysen enthüllten, stammt das Quecksilber in den Tiefseetieren nicht aus Quellen vor Ort. Stattdessen muss es aus den obersten Wasserschichten in die Tiefseegräben hinabgesunken sein. „Wir können das nachweisen, weil dieses Quecksilber einen isotopischen Fingerabdruck trägt, der es eindeutig als aus dem oberen Ozean stammend ausweist“, erklärt Sun.

Die Forscher vermuten, dass das Schwermetall mit abgestorbenen Organismen und anderem organischem Material in die Tiefe gelangt ist, das wie Schnee ständig in die Tiefsee hinabrieselt.

Kontamination weiter verbreitet als gedacht

Nach Ansicht der Forscher unterstreichen ihre Ergebnisse, wie weit das Quecksilber schon über die Erde und bis in die Tiefen der Ozeane verteilt ist. „Die anthropogene Freisetzung des Quecksilbers an der Erdoberfläche dringt weit stärker in die tiefen Ozeane vor als man bislang gedacht hätte“, so Sun. Dies bestätigt auch die Studie eines zweiten Teams am Kermadec-Tiefseegraben vor Neuseeland. Auch dort fanden die Wissenschaftler um Joel Blum von der University of Michigan erhöhte Quecksilberwerte aus atmosphärischen Quellen.

Die menschengemachte Schwermetall-Kontamination hat demnach selbst die entlegensten Regionen und Nahrungsketten unseres Planeten erreicht. (Goldschmidt Conference, 2020; abstract 2020003211)

Quelle: Goldschmidt Conference

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